ZEIT Verbrechen - Deine Brüder

Drama | Deutschland 2024 | 67 Minuten

Regie: Helene Hegemann

Eine Episode der Anthologieserie „ZEIT Verbrechen“, die auf dem gleichnamigen True-Crime-Podcast beruht: Eine Clique von jungen Männern, die halbstark ihre Hamburger Vorstadt-Heimat dominiert, entfremdet sich, als der psychisch labile Anführer immer unzurechnungsfähiger agiert und schließlich auch seine besten Freunde bedroht. Gefangen zwischen ihren verängstigen Familien und dem einstigen Freund, beschließen die jungen Männer einen brutalen Akt der Selbstjustiz. Eine meisterliche Ensemble-Tragödie rund um die Unfähigkeit, in einer von Macho-Idealen befeuerten Jungmänner-Gruppe eine gewaltfreie Reaktion auf psychische Probleme zu entwickeln, inszeniert als fiebriger „Stream of Consciousness“ jenseits konventioneller Spannungskurven und Logiken. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
X Filme Creative Pool
Regie
Helene Hegemann
Buch
Helene Hegemann · Esther Preussler
Kamera
Christopher Aoun
Schnitt
Andi Pek
Darsteller
Zethphan Smith-Gneist (Cem) · Lavinia Wilson (Anwältin Goldmann) · Eren M. Güvercin (Felix) · Adrian Vasile But (Faraz) · Berke Cetin (Bekir)
Länge
67 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Drama | Episodenfilm | Krimi | Serie
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Diskussion

Es war klar, dass es so kommen musste! Unverständlich, aber folgerichtig, dass die Anwälte der fünf Angeklagten im Prozess nach dem Mord Bandenkriminalität in Abrede stellen. Klar auch, dass der Staatsanwalt Zweifel hegt, wenn die Tatsachen für sich sprechen. Fünf der Messerstiche haben die angeklagten Freunde eingeräumt. Aber es wurden über dreißig Messerstiche mehr festgestellt, mit denen Cem (Zethphan Smith-Gneist) quasi hingerichtet wurde.

Zu Lebzeiten ist Cem „the leader of the pack“, und zwar seit Kindertagen. Die Clique zieht durch die Hamburger Vorstädte und dominiert sie gleichsam. Cem ist eine eindrucksvolle, charismatische Gestalt: Lockige lange Haare, 1,95 Meter groß, drahtig, schön. Aber er ist krank – schizophren. Selbst in einer sich durch chronische Hyperaktivität aufstachelnden Jungsgruppe sticht er mit seiner manischen-depressiven, liebevoll-aggressiv-brutalen Attitüde heraus – und macht schließlich selbst den besten Freunden Angst. Helene Hegemann könnte das alles als Chronik eines angekündigten Todes inszenieren. Doch der Stil, in dem sie die Kamera dirigiert, den Schnitt und den Ton komponiert, spricht eher für einen visualisierten „Stream of Consciousness“ eines ADHS-Opfers. Bar jeder Zeitachsen, Spannungskurven und Logiken. Wer ist der Schuldige? Das Schicksal?! Manche Dinge lassen sich nicht aufhalten, sondern nur konstatieren. Die ZEIT Verbrechen-Podcastfolge, auf der diese Film-Episode beruht, nennt sich „Ein Fall von Selbstjustiz“. Dem Film ist dieser Eindruck zu eindimensional. Hegemann kreiert eine meisterliche Ensemble-Tragödie, die in allen Belangen überragt, darstellerisch wie auch formal.

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