America (2022)
Drama | Israel/Deutschland/Tschechien 2022 | 127 Minuten
Regie: Ofir Raul Graizer
Filmdaten
- Originaltitel
- AMERICA
- Produktionsland
- Israel/Deutschland/Tschechien
- Produktionsjahr
- 2022
- Produktionsfirma
- Laila Films/Mimesis Films/Schiwago Films
- Regie
- Ofir Raul Graizer
- Buch
- Ofir Raul Graizer
- Kamera
- Omri Aloni
- Musik
- Dominique Charpentier
- Schnitt
- Michal Oppenheim
- Darsteller
- Oshrat Ingadashet (Iris) · Michael Moshonov (Eli Greenberg/Ilay Cross) · Ofri Biterman (Yotam) · Moni Moshonov (Moti) · Irit Sheleg (Orna)
- Länge
- 127 Minuten
- Kinostart
- 07.03.2024
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb
Drama um einen scheuen Schwimmlehrer, der aus Chicago nach Israel zurückkehrt und sich zur Verlobten eines Jugendfreundes hingezogen fühlt, der bei einem Unfall ums Leben kam.
Der Filmtitel „America“ ist Mythos, Sehnsuchtsort und Fluchtpunkt zugleich. Wie eine Last legt er sich über den Film, weil es hier um Träume geht, die vielleicht nicht in Erfüllung gehen. Und um Schuld, die sich nur schwer vergeben lässt. Aber auch um unbewältigte Traumata der Vergangenheit, die man mit sich schleppt, egal wohin man geht. Dabei spielen nur die ersten Minuten in den USA, in Chicago. Hier bringt der zurückhaltende Eli Cross (Michael Moshonov), ein Mann Mitte dreißig, Schulkindern in einem Hallenbad das Schwimmen bei.
Sich über Wasser halten
Schwimmen zu können, sich über Wasser zu halten wird zur Metapher seines eigenen Überlebenskampfes. Erst im Laufe des Films erfährt man mehr über Elis Hintergrund und seine Lebensentscheidungen. Eli heißt in Wahrheit mit Nachnamen Greenberg und ist Israeli, der vor über zehn Jahren überraschend Tel Aviv verlassen hat. Nun unterrichtet ihn ein Rechtsanwalt telefonisch davon, dass sein Vater, ein Polizist, gestorben sei. Pflichtbewusst fliegt Eli nach Tel Aviv, um den Nachlass zu regeln. Kaum ist er dort angekommen, nimmt er Kontakt mit seinem Jugendfreund Yotam (Ofri Biterman) auf, der mit seiner äthiopisch-stämmigen Verlobten Iris (Oshrat Ingadashet) in Haifa einen Blumenladen betreibt. Etwas zögerlich und mühsam beleben sie ihre Freundschaft, fast so, als hätten sie Angst vor zu viel Nähe. War da mal mehr?
Bei einem gemeinsamen Ausflug in der Natur stürzt Yotam so unglücklich, dass er in ein Koma fällt. Iris gibt Eli die Schuld an dem Unfall und geht auf Distanz. Eli bleibt in Tel Aviv. Monate später bittet er die Floristin, den Garten seines verstorbenen Vaters neu zu gestalten. Yotam hingegen liegt noch immer im Koma.
Der israelische Regisseur Ofir Raul Graizer hatte schon in „The Cakemaker“ (2018) feinfühlig ausgelotet, wie nach dem Tod eines Mannes die Hinterbliebenen – seine Ehefrau und sein Liebhaber – mit dem Schmerz umgehen und sich langsam näherkommen. Auch in „America“ brauchen die scheuen Figuren lange Zeit, um ihre Gefühle zu erkennen und zu ihnen zu stehen. Der Film ist in mehrere Kapitel eingeteilt, deren Schrifttafeln, etwa „Zehn Monate später“, das rasche zeitliche Vergehen andeuten. Was dazwischen passiert, bleibt – den schweigsamen Personen entsprechend – unausgesprochen und der Fantasie überlassen.
Nicht aus seiner Haut können
Graizer zwingt das Publikum, die Beziehungen der Figuren selbst zu entschlüsseln. Hinter höflichen Dialogen, langen Blicken und gewichtigen Sprechpausen verbirgt sich mitunter eine andere Bedeutung, die auch durch die zurückhaltend-subtile Darstellung der Schauspieler nur mühsam an die Oberfläche drängt. Die Leidenschaft kocht auf Sparflamme, und vielleicht wären die Lebenswege der Menschen anders verlaufen, wenn sie offener und ehrlicher miteinander kommuniziert hätten. Doch die Figuren sind, wie sie sind, sie können nicht aus ihrer Haut heraus.
Darum beschreibt Graizer sie auch immer durch ihr Umfeld. Das kalt und sachlich eingerichtete Haus von Elis Vater, in dem viele Gewehre an den ansonsten kahlen Wänden hängen, kontrastiert auffällig mit der warmen, liebevoll eingerichteten Wohnung von Yotam. Iris’ kunstvolle Blumenarrangements bringen Farbe in den Film und unterstreichen die jeweilige Stimmung. Für die vagen Angaben ihrer Kunden, zu welchem Anlass sie Blumen verschenken wollen, findet sie stets eine Lösung. So wird das Blumenarrangieren, dem japanischen Ikebana vergleichbar, zur meditativen Kunst, die die Menschen miteinander verbindet.