Dokumentarfilm | Deutschland 2023 | 73 Minuten

Regie: Kilian Armando Friedrich

Dokumentarfilm über sogenannte Atomnomaden, die Wartungsarbeiten in französischen Atomkraftwerken durchführen. Die Beschäftigung macht ein sesshaftes Leben unmöglich, weshalb die drei Protagonisten mit dem Wohnmobil quer durch Frankreich fahren und Jobs von Zeitarbeitsfirmen annehmen. Für die Aussicht auf einen vorzeitigen Ruhestand riskieren sie ihre Gesundheit. Der Film bleibt dicht an den Protagonisten und beleuchtet anhand dreier beispielhafter Schicksale eine ausbeuterische Arbeitswelt. Details über die Arbeit und die Risiken erfährt man allerdings nur aus den Gesprächen, sodass sich nur eine vage Vorstellung von der tatsächlichen Arbeitssituation vermittelt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
NOMADES DU NUCLÉAIRE
Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
HFF München
Regie
Kilian Armando Friedrich · Tizian Stromp Zargari
Buch
Kilian Armando Friedrich · Tizian Stromp Zargari
Kamera
Jacob Maria Kohl
Musik
Ludovico Failla
Schnitt
Gabrielle Azouze · Kilian Armando Friedrich · Tizian Stromp Zargari
Länge
73 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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IMDb | TMDB

Doku über drei Leiharbeiter, die in französischen Atomkraftwerken Wartungsarbeiten durchführen und für den Traum vom frühzeitigen Ruhestand ihre Gesundheit aufs Spiel setzen.

Diskussion

Nomadentum in der Arbeit kennt man vor allem bei schlecht bezahlten, unqualifizierten Jobs oder aber von digital arbeitenden, gutverdienenden Berufstätigen. Doch es gibt auch Arbeiter, die für Knochenarbeit gut bezahlt werden, wenn sie die Regeln ihres gefährlichen Jobs beherrschen. In Frankreich werden sie bei Reinigungs- und Inspektionsjobs in den 19 Atomkraftwerken eingesetzt. Dabei setzen sie ihre Gesundheit aufs Spiel, wie man in dem spannenden Dokumentarfilm „Nomades du nucléaire“ von Kilian Armando Friedrich und Tizian Stromp Zargari erfährt. Wochenlang haben die beiden Regisseure drei Beschäftigte in diesem Sektor mit der Kamera begleitet, ihre Träume und Wünsche vermittelt, aber auch die Mühen dokumentiert, die mit dieser unsteten und riskanten Arbeit verbunden sind.

Vincent, ein bärtiger junger Mann, ist ein Atomnomade. Er baut Gerüste für die Renovierung der französischen AKWs und zieht mit seinem Wohnmobil von Kraftwerk zu Kraftwerk, von Job zu Job. Er lässt sich von Leihfirmen anstellen und kann mit seiner Arbeit und den lukrativen Reiseprämien, die die ständige Fahrerei mit sich bringt, gut Geld verdienen: bis zu 6000 Euro netto.

Sich vorzeitig zur Ruhe setzen

Die Beschäftigung ist anstrengend und verlangt seinen vollen Einsatz; Nachtarbeit und am Wochenende, was quasi einen Verzicht auf ein Privatleben bedeutet. Außerdem setzt sich der 28-Jährige einer gewissen Dosis an nuklearen Strahlungen innerhalb der Atomkraftwerke aus. Seine Einsätze sind deshalb gesetzlich begrenzt. Außerdem muss er darauf vertrauen, dass die Schutzmaßnahmen greifen und es nicht zu einem schlimmen Unfall kommt. Trotz dieser Handicaps macht er diesen Job, weil er hofft, innerhalb von wenigen Jahren so viel zu verdienen, dass er sich vorzeitig zur Ruhe setzen kann.

Florian ist 31 und Reaktormaler. Seit neun Jahren arbeitet er in AKWs und zieht diese risikoreiche Arbeit einem Fabrikjob vor. Auch er will irgendwann sesshaft werden, ein Stück Land kaufen. Doch bevor es so weit ist, lässt er sich von Zeitarbeitsfirmen anheuern, die gerade Jobs anbieten. Nicht immer läuft alles nach seinen Wünschen, oft wird er zum Schichtdienst eingeteilt. Er schimpft auch über Berufseinsteiger, die alles komplizierter machten. Dennoch lässt er sich auf diese Arbeitsbedingungen ein, zumal auch seine Freundin Marie-Lou in seiner Branche arbeiten will. Er hilft ihr bei den Vorbereitungen für die Ausbildung, fragt sie über Strahlungen, die Maßeinheit Sievert und andere jobrelevante Punkte ab.

Kein Platz für den Alltag

Jérôme ist 39 Jahre und ein Entsorgungstechniker. Er opfert sein Familienleben dem Job. Meist kommuniziert er mit Frau und Kindern nur per Handy und kann sie physisch nur ab und zu sehen. Sie kommen ihn dann im Wohnmobil besuchen. Doch selten reicht die Zeit, um mit seiner Frau behördliche Angelegenheiten zu besprechen oder sich um Hausaufgaben und die Freizeitbespaßung der Kinder zu kümmern.

„Nomades du nucléaire“ beleuchtet die knallharte Arbeitswelt von Menschen, die von Subunternehmern abhängig sind, sich viel gefallen lassen müssen, für den Traum von einem besseren Leben aber hohe Entbehrungen in Kauf nehmen. Der Dokumentarfilm ist ein Road Movie wider Willen oder mangels Alternativen – für die Porträtierten wie für die Filmemacher. Diese stießen durch Zufall auf ihr Sujet, als sie herausfinden wollten, warum in Frankreich so viele Wohnmobile in unmittelbarer Nähe von Atomkraftwerken stehen. Der sehr persönliche Film gibt Einblick in das Seelenleben der Protagonisten und hält private Abläufe innerhalb der Wohnmobile fest: die Enge, den Mangel an sinnvoller Beschäftigung, den Frust und die Erschöpfung vor und nach der Arbeit.

Nur eine vage Vorstellung

Was man nie zu Gesicht bekommt, sind die eigentlichen Arbeitsplätze der Atomnomaden. Details ihrer Arbeit oder welche Risiken sie auf sich nehmen, erfährt man aus den Gesprächen. Viele Informationen dürften aber wohl der Geheimhaltung unterliegen. So hat man nur eine vage Vorstellung davon, was die Protagonisten an ihren Arbeitsplätzen erleben.

Die Atomkraftwerke sieht man in „Nomades du nucléaire“ nur von außen: ihre bedrohlich über die Landschaft ragenden Kühltürme, die auch nachts weißliche Nebelwolken ausstoßen und denen man als Außenstehender nicht zu nahekommen, geschweige denn in ihnen arbeiten will.

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