„Catweazle“ hieß die 1970 von Richard Carpenter geschaffene britische Fernsehserie, deren 26 Episoden ab 1974 auch im ZDF ausgestrahlt wurden. Die Nachmittagsserie wurde vergleichsweise rasch und billig produziert, doch ihr Titelheld avancierte zum vielgeliebten Kultphänomen. Noch heute soll es Menschen geben, die sich in Erinnerung an den Helden ihrer Kindertage mit Catweazles Zauberspruch „Salmei, Dalmei, Adomei!“ begrüßen.
Der zauselige Zauberer entstammte einer comichaften mittelalterlich-magischen Welt. Auf der Flucht vor bösen Normannen landete er per Zeitsprung versehentlich in der Gegenwart, um die „Magie“ der technischen Welt von 1970 – Autos, Bagger, Radio, Schallplatten, elektrisches Licht – als Kulturschock und/oder Witz zu erleben. Catweazle war kein ehrfurchtgebietender Druiden-Zauberer à la Merlin, sondern ein Tolpatsch. Als Begleittier folgte ihm kein schwarzer Kater oder ein Rabe, sondern eine glitschige Kröte namens Kühlwalda. In seiner äußeren Erscheinung, mit Ziegenbart und zerschlissener Mönchskutte, sah er wie eine Vogelscheuche aus. Seinem Wesen nach war er mehr ein Kobold als ein Magier: zappelig, großsprecherisch, versponnen – und ungemein liebenswert. Kinder lieben – siehe Pumuckl – koboldartige Wesen.
Otto-Slapstick & Catweazle-Skurrilität
All diese Charakteristika lassen sich gut mit der Komiker-Persona von Otto Waalkes verknüpfen. Problemlos eignet sich Otto die Wesenszüge des alten Catweazle an. Regisseur Sven Unterwaldt setzt das neue Catweazle-Abenteuer aufwändig und temporeich für die große Leinwand in Szene, indem er typischen Otto-Slapstick mit Catweazle-Skurrilität kombiniert. Schon den Prolog der Geschichte auf der Burg des finsteren Normannenfürsten malt er mit spektakulärer Action-Komik aus.
Zusammen mit der Kröte Kühlwalda und dem Zauberkristallstab Anawandur wird Catweazle aus dem Jahr 1022 in die idyllische Altstadtkulisse des fiktiven deutschen Städtchens Derwitte gebeamt, ein Zeitsprung von exakt tausend Jahren. Catweazle erwacht in einem dunklen Keller. Er erschrickt mächtig, als er dort auf den zwölfjährigen Benny (Julius Weckauf) trifft, den er „Mondgesicht“ nennt, während Benny ihn „Ziegenbart“ tituliert. Die beiden verstehen sich bestens. Ein kurioses Duo: hier der zwölfjährige Junge, selbst eine kleiner Tolpatsch, und dort der Alte, ein offensichtlich verrückter Penner, der „voll gaga“ von sich behauptet, er sei ein Zaubermeister aus dem Mittelalter.
In der Anderswelt
Benny lebt in einem superidyllisch gezeichneten Ambiente: sein Vater (Henning Baum) leitet einen mit vielen exotischen Tieren bestückten Freiland-Zoo. Im Garten gibt es ein traumhaftes Baumhaus, in dem Benny den Alten mit seiner Kröte verstecken will, doch sogleich entspinnt sich eine turbulente, weitverzweigte Geschichte um Catweazles Zauberstab Anawandur, den sich die raffgierige Agentin eines Antiquitäten-Auktionshauses, Frau Dr. Katharina Metzler (Katja Riemann), unter den Nagel reißen will.
Derwitte im Jahr 2020 ist für Catweazle die Anderswelt. Irritiert bestaunt er das knallgrüne Automobil an der Kreuzung und nennt es „kleiner Eisendrache“; die Badewanne ist für ihn eine „wohlig warme Quelle“, und die Glühbirne definiert er als „gläsernes Gefäß, in dem das Licht der Sonne eingefangen ist“. Sein Lieblingsspielzeug ist der An-Aus-Lichtschalter, an dem er sich als Herr des Lichts empfinden kann.
Dieser Culture-Clash der besonderen Art und die Jagd nach dem Zauberstab werden lustig und rasant erzählt. Fans der alten Catweazle-Abenteuer werden allerdings bemängeln, dass Catweazle in Derwitte über keinerlei zauberische Kräfte mehr verfügt; sogar die Kunst des Hypnotisierens ist ihm abhandengekommen. Vor allem aber irritiert, dass die ereignisreiche Story ihren Helden gar nicht ins Zentrum des Geschehens stellt. Die Nebenlinien der Geschichte werden bisweilen kräftiger ausgemalt als Catweazles Aktionen.
Toller Kinospaß für die ganze Familie
So wird beispielsweise ausführlich, man könnte auch sagen umständlich hergeleitet, warum die Antiquitätenhändlerin zur Sicherung ihres Jobs unbedingt den Zauberstab in ihren Besitz bringen muss. Benny erhält als sentimentalen Sidekick die Mitschülerin Lisa (Gloria Terzic), in die er heimlich verliebt ist, und am Ende wird es die gewitzte, tatkräftige Lisa sein, die den Kampf gegen Frau Dr. Metzlers Machenschaften heroisch anführt. Die Inszenierung will allen Figuren emotionale Attraktivität und Strahlkraft verleihen. Das gelingt auch, indem Sentiment und Witz hübsch ausbalanciert werden, doch Catweazle wird dabei streckenweise aus dem Blick verloren.
In jeder Hinsicht gelungen ist die Besetzung. Otto Waalkes und Julius Weckauf funktionieren prächtig als Abenteuer-Duo. Auch kleine Rollen sind markant besetzt und erhalten Raum für komödiantische Extravaganzen; so darf etwa Milan Peschel als diabolischer Hofmarschall der Normannen allen die Show stehlen. Katja Riemann als „gestylte“ Dr. Metzler erweist sich als besonders trefflicher Besetzungs-Coup. Sie macht aus der fiesen Antiquitätenagentin eine herrlich hexenhafte Cruella-Figur: faszinierend böse und giftig in jeder Faser ihrer Erscheinung. So blättert dieses Catweazle-Abenteuer einen großen, darstellerisch und visuell reich ausgemalten Bilderbogen auf und empfiehlt sich als Kinospaß für die ganze Familie.