Immer wieder wacht Sam (Drew Fonteiro) auf. Albträume plagen ihn und bringen die Erinnerungen an einen Schicksalsschlag zurück. Als er ein Kind war, ertrank seine kleine Schwester in einem See. Sie war zusammen mit Sam an dem Wasser; er fühlt sich für ihren den Tod verantwortlich. Doch nicht nur das und die Albträume davon machen dem Sanitäter zu schaffen. Er hat immer wieder Blackouts und kann sich an bestimmte Zeitphasen nicht erinnern.
Dies passiert ihm auch, als er mit seinem Arbeitskollegen Jay (Marc Menchaca), dessen Frau Poppy (Michelle Macedo), ihrer Schwester Mia (Melissa Macedo) sowie Mias Mann Tyler (Tyler Dash White) in ein Ferienhaus fährt. Große Lust auf das Wochenende hat Sam nicht, doch Jay überredet ihn. Was keiner von ihnen weiß: Sam und Mia haben eine Affäre. Eines Abends wird Sam vermisst; erst nach Stunden wird er im Wald gefunden. Was in dieser Zeit passiert ist, weiß Sam nicht. „Ich finde mich an Orten wieder, weiß nicht, wie ich dahin gekommen bin“, sagt er über seine Blackouts.
Sam weiß allerdings, was ihm bei dem Ausflug zu einem späteren Zeitpunkt widerfahren wird. Denn es kommt zu einem tätlichen Angriff, bei dem der Sanitäter tödlich verletzt wird. Sams Bewusstsein lebt allerdings weiter und sucht mit dem Wissen über die Tat seine Freunde heim, um sie vor dem Täter zu warnen.
Das verlorene Verständnis für Realität
„Every Time I Die“ ist ein wahrer Genre-Mix. Der übernatürliche Thriller mischt Elemente des Dramas, des Rachethrillers, der Tragödie sowie des Mystery-Genres. Durchaus originell kombiniert Regisseur Robi Michael Versatzstücke der einzelnen Gattungen und fügt diese zu einem cleveren Ganzen zusammen. Dabei dient der Stoff um eine Existenz über den Tod hinaus nicht als bloßer Lieferant für übernatürliche Effekte oder melodramatischen Kitsch; vielmehr erzählt der Film eine Geschichte über das Finden der eigenen Identität, das Sich-klar-Werden über sich selbst. Denn Sam hat tiefe Zweifel, wer er eigentlich ist.
Abwesend, mürrisch und nach innen gekehrt verbringt er seine Tage. Es wirkt fast lethargisch, wie Drew Fonteiro diese Rolle spielt, was ganz gut zu der Figur passt, der die Realität zu entgleiten droht. Sam weiß oft nicht, ob das Geschehen um ihn herum real ist und ob er selbst wirklich existiert; er verliert sich zwischen seinen Träumen und der Wirklichkeit. Zur etwas hilflosen Rückversicherung zählt er immer wieder seine Finger – dies sei im Traum nicht möglich.
Eine entfesselte Kamera
Sams Verwirrung überträgt sich auch auf die Erzählweise. Die Zeit- und Realitätsebenen verschwimmen, die Handlung changiert zwischen Einblicken in Sams Psyche, Rückblicken auf das Unglück am See oder an Sitzungen mit einer Psychiaterin sowie zwischen Erzählgegenwart, Albträumen und Blackouts. Was hängt wie zusammen?
Regisseur Robi Michael spielt mit dieser Frage und nützt dafür einen prägnanten Stil. Die Kamera nimmt vor allem in der ersten Filmhälfte immer wieder die Point-of -View-Perspektive von Sam ein, und die ist angesichts des desolaten Zustandes der Figur erratisch, haltlos; zur subjektiven Sicht kommt die entfesselte Kamera, die durch die Räume gleitet und schwindelerregende Bilder erzeugt.
So gut diese verzerrten visuellen Elemente auch zur Geschichte und dem Erzählten passen, so sehr sorgen sie aber auch für Verwirrung und eine Unterbrechung des Erzählflusses. Erst im Verlauf des Films, nach einer langsam erzählten ersten Hälfte, etabliert sich eine gewisse Stringenz. Dennoch überzeugt der Thriller dank seines eigenwilligen Stils und baut durch seine Erzählweise und seine Unvorhersehbarkeit große Spannung auf. Bis zum Schluss lässt der Film Fragen und Zusammenhänge offen – um am Ende einmal mehr zu überraschen.