From the Wild Sea
Dokumentarfilm | Großbritannien/Irland/Niederlande 2021 | 78 Minuten
Regie: Robin Petré
Filmdaten
- Originaltitel
- FROM THE WILD SEA
- Produktionsland
- Großbritannien/Irland/Niederlande
- Produktionsjahr
- 2021
- Produktionsfirma
- Hansen & Pedersen
- Regie
- Robin Petré
- Kamera
- María Grazia Goya · Robin Petré
- Schnitt
- Charlotte Munch Bengtsen
- Länge
- 78 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Aufrüttelnd-essayistische Doku über verletzte Tiere an der Küste Irlands und Englands – und die Menschen, die sich ihrer annehmen.
Der Finnwal misst 18 Meter, ein majestätisches Tier. Wie hingegossen liegt es auf einem steinigen Strand in Cornwall. Sein mächtiger Körper ist übersät von Wunden, das Meerwasser färbt sich blutrot. Der Wal ist unterernährt und geschwächt. Möglicherweise ist er zuvor mit einem Schiff kollidiert. Als die Experten von „British Divers Marine Life Rescue“ ankommen, atmet das Tier noch. Doch alle Hoffnungen, den Wal zu retten, schwinden dahin, denn es wird noch Stunden bis zur Flut dauern. Bis dahin ist der Riese vom eigenen Gewicht erdrückt. Eine Großaufnahme zeigt das Auge des sterbenden Finnwals. Er scheint einen direkt anzuschauen.
Über Tiere – und Menschen
„From The Wild Sea“ erzählt von Tieren, die im Meer oder auf dem Wasser leben. Und er handelt von Menschen wie Dan Jarvis von „British Divers Marine Life Rescue“, die sich der Rettung dieser Tiere verschrieben haben. Denn ihr Lebensraum ist zunehmend bedroht, das Gleichgewicht empfindlich gestört. Um nur ein Beispiel zu nennen: Nach einem Bericht des World Wild Fonds (WWF) landen jährlich zwischen 4,8 und 12 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren. Welche Folgen das hat, zeigt der Film am Beispiel von „Seal Rescue Ireland“, einer Organisation, die kranke, verletzte und gestrandete Seerobben aufliest, versorgt und bestenfalls aufgepäppelt Wochen später – vor laufender Kamera und begeistert klatschenden Schaulustigen – wieder in die Freiheit entlässt. Oft genug verenden die Tiere jedoch, weil sie Plastikstücke oder -drähte gefressen oder sich in Netzen verfangen haben. Dazu kommen die immer heftiger werdenden Stürme, eine Folge des Klimawandels, die vor allem im Winter viele Tiere an die Küste spülen.
Die dänische Regisseurin Robin Petré erklärt nicht und dramatisiert nicht. Sie zeigt. Den amputierten Zeh einer Robbe. Schwäne mit ölverklebtem schwarzem Gefieder. Ein toter Delfin mit Schnittwunden. Menschen, die lernen, wie man gestrandete Wale und Delfine versorgt. Und immer wieder die vom Wind umpeitschte englische oder irische Küste, die aufgewühlte See, den wolkenschweren Himmel oder eine Industrieanalage in den Niederlanden, davor anmutig Schwäne, während ein riesiges Containerschiff an ihnen vorbeifährt. Im Hintergrund laufen die Wetterberichte im Radio, die heftige Winterstürme ankündigen.
Abrupte Wechsel, quälende Dauer
Der Dokumentarfilm wechselt abrupt zwischen den Schauplätzen, forciert durch die Montage einen Blickwechsel zwischen Menschen und Tieren, verharrt oft in einer Einstellung auf Details. Es dauert eben, bis man eine sich wehrende Robbe, ein wirklich wildes Tier, zur Nahrungsaufnahme intubiert hat. Es dauert auch, einem Schwan im Schaumbad die Federn zu reinigen oder bis gefrorene und zusammengeklebte Heringe aufgetaut und an die Robben verfüttert werden können.
Immer wieder fängt die Kamera die Blicke der geschundenen Tiere ein, in die man alles mögliche hineinlesen kann. Vorwurf, Trauer, Schmerz. Eine stille, fast spröde Poesie entsteht auf diese Art und Weise, auf die man sich als Zuschauerin einlassen muss. Für deren Fragen und Perspektive muss man sich öffnen wollen, zumal die Filmemacherin auf jede Form von erläuterndem Kommentar verzichtet. Was sagt es uns, wenn im Filme Schwäne in Plastiktaschen in einem Auto, geradezu geduldig mit wippenden Köpfen, auf den Weitertransport in die Freiheit warten? Warum lugt die Robbe mit ihren großen Knopfaugen hinter der weißen Badewanne hervor?
Das ganze Ausmaß der Katastrophe
„From the Wild Sea“ erschüttert oft genug mit seinen nüchtern eingefangenen Bildern von der geschundenen Kreatur. Aber es sind eher die absurd wirkenden Szenen, die einem das ganze Ausmaß der ökologischen Katastrophe vor Augen führen; sie vermitteln eindringlich das Leiden der Tiere, deren Lebensraum von Menschen zerstört wird und die nun von Menschen wieder gerettet werden müssen.