Mit dem Lösen komplexer Mathematikprobleme tut sich der 13-jährige John (Charlie Shotwell) leicht. Die zwischenmenschlichen Rätsel hingegen, die sein Alltag aufwirft, bereiten ihm weitaus größere Schwierigkeiten. John ist eines jener Kinder, denen der emotionale Zugang zur Welt partout versperrt zu sein scheint. Im materiellen Sinn mangelt es ihm an nichts. Seine Familie lebt in einem formidabel ausgestatteten Heim, irgendwo in der ausgedünnten Einöde einer US-amerikanischen Vorstadt. Im Garten steht ein Pool; unmittelbar an das Grundstück lädt ein Wäldchen zum Spazierengehen ein. Der freundliche Gärtner grüßt mehrmals die Woche.
Dann macht John mittels einer kamerabewährten Flugdrohne eine Entdeckung. Jenes titelstiftende Loch, das im Originaltitel „John and the Hole“ direkt angesprochen wird, befindet sich in der Nähe des gläsern-transparenten Luxusheim der Familie. Es handelt sich um einen nicht fertiggestellten Bunker, eine Einrichtung, die nach den Worten seines Vaters (Michael C. Hall) zum Schutz vor schlimmen Dingen, etwa „großen Stürmen“, dient.
Gefangen im Loch
Zu einem physikalisch vernichtenden Sturm scheint es im Leben der Familie bisher aber nicht gekommen zu sein. Dagegen bahnt sich im psychischen Erleben des 13-jährigen Jungen ein wahrer Megasturm an, von dem die wohlbehütete Familie nichts ahnt. Doch das ändern sich bald. Mittels einer mit Betäubungsmitteln versetzten Limonade bringt John Vater, Mutter (Jennifer Ehle) und Schwester (Taissa Farmiga) in einen bewusstlosen Zustand und schleift seine Angehörigen nachts dann in das metertiefe Loch des Bunkers.
Ohne eine Möglichkeit zu entfliehen erwachen die drei auf dem Boden des Schutzraums. Zunächst völlig konsterniert, wird ihnen nach und nach ihre Situation und Johns Rolle darin klar, doch ihre Hilferufe bleiben unerhört. Die Pläne, die der Junge für seine Familie hat, sind zunächst nicht ersichtlich. Seine „Gefangenen“ versorgt er nur mit dem Allernötigsten.
Traum vom autonomen Erwachsensein
Gemeinsam mit einem Kumpel wendet er sich dunklen Spielen zu. So gilt es im Pool, länger als der andere ohne Sauerstoff zu bleiben. Einmal drückt John seinen Freund den einen Moment zu lange unter Wasser. „Es ist nur ein Spiel“, heißt es an dieser Stelle des Films. In Abwesenheit seiner Familie gibt John sich aber auch einer makabren Version von „Kevin allein zu Haus“ hin. Er isst, zockt und schläft, wann er will, und fährt den Familienwagen spazieren. Das nötige Bargeld, unter anderem auch für einen überdimensionierten Flachbildfernseher, kommt bündelweise aus dem Geldautomaten.
Der Gärtner wird zum pharmakologischen Versuchsobjekt des unheimlichen Jungen. Johns offensichtlicher Traum vom autonomen Erwachsensein kollidiert aber mit der zunehmenden Verwahrlosung des Jugendlichen. Das zuvor aseptisch anmutende Designerheim droht unter der Fehlwirtschaft des Jungen zu vermüllen.
Gefahr für sich selbst und andere
Waren Adoleszenzkrisen in der Vergangenheit häufig durch externe Gefahren bestimmt (Drogen, ungeschützter Sex, Verkehrsunfälle), sind es in der Gegenwart zunehmend seelische Erschütterungen. Das sind Symptome einer Überforderung durch Umwelt und Gefühlsleben, die Jugendliche zu einer Gefahr für sich selbst und im Fall von John auch für andere werden lassen.
Regisseur Pascual Sisto liegt zusammen mit seinem Drehbuchautor Nicolás Giacobone aber nicht übermäßig viel an einer psychologisierenden Durchdringung von Johns Handlungen. Die Akte des Jugendlichen wirken willkürlich; das filmische Setting wählt dazu passend die Anmutung eines kühlen Versuchsaufbaus, nicht unähnlich denen von Michael Haneke. Der durch das enge Seitenverhältnis begrenzte filmische Raum droht für die Zuschauer zu einer ähnlichen Falle zu werden wie für die Eltern des Jungen. Appelle an das Mitgefühl ihres Sprösslings bleiben unbeantwortet. Die Miene des Jugendlichen zeigt angesichts der Leiderfahrung der Familie keinerlei Regung.
Eine einfache Auflösung des Geschehens verweigert „Das Versteck“ am Ende ebenso wie eine stringente Erklärung für das Verhalten des aus der Bahn geratenen Jungen. Die Inszenierung, die bisweilen ein wenig zu steril gerät, scheut in ihrer subtilen Darstellung den großen Effekt. Der Junge bleibt durchwegs ein undurchdringliches Mysterium. Am Ende dieser nervenzehrenden Tortur könnte für die Familie tatsächlich alles wieder gut sein, ist es aber nicht. Am unheimlichsten und erschütterndsten erzählt der eindrückliche Debütfilm vom Scheitern der menschlichen Kommunikation.