Drama | Südafrika 2019 | 104 Minuten

Regie: Oliver Hermanus

Um gegen die von den Sowjets unterstützte Freiheitsbewegung in Angola zu kämpfen, werden junge weiße Südafrikaner 1981 zu militärischen Kampfmaschinen ausgebildet. Ein 18-jähriger Kadett versucht in diesem rauen Umfeld seine Homosexualität geheim zu halten, verliebt sich aber in einen anderen Rekruten. Das streckenweise an prominenten Kriegsfilmen geschulte Drama über Selbstverleugnung und verhinderte Liebe wirkt durch den Einsatz stilisierter Bilder und klassischer Musik mitunter etwas bemüht poetisch. Seine ungeschönte Darstellung homophober Indoktrination und der brutale Drill des Militärs aber werfen pointierte Schlaglichter auf psychische Deformationen und lebenslange Traumata. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
MOFFIE
Produktionsland
Südafrika
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Portobello Prod.
Regie
Oliver Hermanus
Buch
Oliver Hermanus · Jack Sidey
Kamera
Jamie D. Ramsay
Musik
Braam du Toit
Schnitt
Alain Dessauvage · George Hanmer
Darsteller
Kai Luke Brummer (Nicholas Van der Swart) · Ryan de Villiers (Dylan Stassen) · Matthew Vey (Michael Sachs) · Stefan Vermaak (Oscar Fourie) · Hilton Pelser (Sergeant Brand)
Länge
104 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Literaturverfilmung
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Drama um einen jungen Südafrikaner, der 1981 als Rekrut auf einen militärischen Einsatz in Angola vorbereitet wird und dabei zu verheimlichen versucht, dass er homosexuell ist.

Diskussion

Als der Zug in einem südafrikanischen Provinzbahnhof hält, benehmen sich die angehenden Kadetten wie tollwütige Hunde. Mit hassverzerrten Gesichtern brüllen sie auf einen schwarzen Mann auf dem Bahnsteig ein und bewerfen ihn mit einer Kotztüte. Noch bevor die weißen Jungen ihre Wehrausbildung antreten, um gegen die von den Sowjets unterstützte Freiheitsbewegung in Angola in den Krieg zu ziehen, sind sie erfolgreich auf ihr Feindbild abgerichtet worden: die „schwarze Gefahr“.

Zwar handelt das im Jahr 1981 spielende Drama von Oliver Hermanus nach einem Roman von André Carl van der Merwe nur am Rande von Rassismus, aber es widmet sich einer ebenfalls auf klar definierten Fronten basierenden Form von Unterdrückung und Ausgrenzung. Denn neben einer vermeintlichen weißen Überlegenheit bringt die Apartheid im Film auch eine aggressive, archaische Männlichkeit hervor, deren systemzersetzendes Gegenteil mit dem afrikaansen Schimpfwort „Moffie“ (deutsch: „Schwuchtel“) beschrieben wird.

Schwule landen in der „Abteilung 22“

Der 18-jährige Nicholas (Kai Luke Brummer) gehört zu jenen Wehrpflichtigen, die ihre Homosexualität aus Selbstschutz verstecken müssen. Während der Szene am Bahnhof bleibt er wie auch sonst in der Rolle des stummen Beobachters. Was mit Männern wie ihm passiert, wird an zwei Kadetten vorgeführt, die gemeinsam auf der Toilette erwischt wurden. Nachdem sie verprügelt und vor der versammelten Einheit gedemütigt wurden, landen sie in der gefürchteten „Abteilung 22“: eine Station für Geisteskranke, die man erst als gebrochener Mann wieder verlässt.

Auch ansonsten ist der Wehrdienst von ausgesuchter Grausamkeit geprägt. Aus den Jungen sollen Kampfmaschinen und Marionetten des Apartheidregimes werden. Die Inszenierung orientiert sich offensichtlich an den entwürdigenden Ritualen aus Stanley Kubricks „Full Metal Jacket“. Auch hier ist es ein sadistischer Ausbilder, der die Soldaten am laufenden Band quält und erniedrigt, sie ihr eigenes Erbrochenes essen lässt und einen der Jungen sogar in den Selbstmord treibt.

In diesem mitleidslosen Umfeld entwickelt sich eine gefährliche Anziehung zwischen Nicholas und dem an einen jungen Rupert Everett erinnernden Dylan (Ryan de Villiers). Als sich die beiden bei einer Truppenübung in einem nassen Erdloch gegenseitig wärmen, kommt es zu zögerlichen Berührungen. Beide Männer verstecken sich auch weiterhin, gehen aber sehr unterschiedlich mit ihrer Situation um. Während Nicholas möglichst unauffällig wirken will, spielt Dylan bewusst mit der Gefahr, verweigert sich den Macho-Ritualen im Schlafsaal und flirtet scherzhaft mit einem Kollegen.

Distanzierte Bilder, erhabene Momente

Die Spannung, entdeckt zu werden, reizt Hermanus in solchen Momenten nur bedingt aus und beschwört stattdessen ein kontinuierliches, aber diffuses Gefühl der Angst. Trotz seines heftigen Sujets fühlt sich „Moffie“ manchmal seltsam distanziert an. Immer wieder perlt der Blick am vieldeutig nachdenklichen Gesicht des Hauptdarstellers ab, wie auch an den glatten, stilisierten Bildern, die untermalt mit klassischen Musikstücken von Vivaldi, Bach und Charles Ives nach poetischer Erhabenheit streben.

Nach etwa der Hälfte des Films gibt es allerdings eine Rückblende, die der sonst oft abstrakten Furcht eine markerschütternde Kindheitserinnerung entgegensetzt. Gemeinsam mit seinen Eltern verbringt Nicholas einen trügerisch sonnigen Tag im Freibad. Heimlich beobachtet er dabei athletische Männer und wird schließlich beim Spannen in der Gemeinschaftsdusche erwischt. Es folgt eine nichts aussparende Demütigung in der Öffentlichkeit, die für Nicholas zum Urtrauma wird. Wuchtig ist diese kurze Szene, weil sie offenlegt, wie sein Begehren von Kindesbeinen an mit Bestrafung und Scham verbunden ist. Die Zeit beim Militär wirkt dadurch lediglich wie die Fortsetzung und Zuspitzung einer lebenslangen Herabsetzung.

Über Jahre verinnerlichter Selbsthass

Nachdem Dylan später aus der Truppe verschwindet und ein zunehmend abgestumpfter Nicholas an der Grenze zu Angola kämpfen muss, wählt „Moffie“ einen betont offenen und durchaus auch etwas unbefriedigenden Schluss. Konsequent ist dieser einsame Moment am Meer jedoch, weil er bewusst macht, dass sich ein über die Jahre verinnerlichter Selbsthass nicht einfach in einem einzelnen kathartischen Moment auflösen kann.

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