The Song of Names
Drama | Kanada/Ungarn 2019 | 113 Minuten
Regie: François Girard
Filmdaten
- Originaltitel
- THE SONG OF NAMES
- Produktionsland
- Kanada/Ungarn
- Produktionsjahr
- 2019
- Produktionsfirma
- Serendipity Point Films
- Regie
- François Girard
- Buch
- Jeffrey Caine
- Kamera
- David Franco
- Musik
- Howard Shore
- Schnitt
- Michel Arcand
- Darsteller
- Tim Roth (Martin Simmonds) · Clive Owen (Dovidl Rapoport) · Gerran Howell (Martin Simmonds (17-23)) · Misha Handley (Martin Simmonds (9-13)) · Jonah Hauer-King (Dovidl Rapoport (17-23))
- Länge
- 113 Minuten
- Kinostart
- 06.08.2020
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Drama | Literaturverfilmung
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Drama um einen britischen Musiklehrer, der sich Mitte der 1980er-Jahre auf die Suche nach einem in den Wirren des Zweiten Weltkriegs verloren gegangenen Jugendfreund macht.
Der Prolog entführt ins London des Jahres 1951. Ein junger polnisch-jüdischer Violinvirtuose namens Dovidl Rapoport soll hier sein Debüt geben; Werke von Max Bruch und Johann Sebastian Bach stehen auf dem Programm. Doch die Konzertbesucher warten vergeblich. Rapoport erscheint nicht, die vielversprechende Karriere ist vorbei, noch ehe sie überhaupt begonnen hat.
35 Jahre später. Der Musiklehrer Martin Simmonds (Tim Roth) nimmt an diesem Morgen an einer Aufnahmeprüfung teil. Dabei fällt ihm ein junger Violinist auf, der seinen Bogen zu Beginn des Spiels in einer Weise durch die Finger gleiten lässt, die er nur zu gut kennt. Jetzt springt der Film zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Simmonds’ Vater nimmt einen jüdischen Jungen bei sich auf, dessen Familie in Warschau lebt, eben jenen Dovidl Rapoport, der schon als Kind auf der Violine wie kein zweiter spielt.
Der kleine, zugeknöpfte Martin ist davon zunächst gar nicht begeistert, weil er sein Zimmer mit dem frechen, selbstbewussten Jungen teilen muss. Trotzdem werden die beiden Kinder Freunde. Martins Vater versucht derweil, den begnadeten Violinisten auf eine Karriere als Berufsmusiker vorzubereiten. Doch dann erfährt Dovidl als junger Mann, dass seine Familie nach Treblinka verschleppt wurde. In der parallel geführten Handlung, die zunächst etwas Verwirrendes hat, weil man die Figuren erst zuordnen muss, versucht der erwachsene Martin herauszufinden, ob sein Jugendfreund Dovidl noch lebt. Eine Suche, die ihn von Warschau nach New York führt.
Schwere seelische Bürden: Verrat & Schuld
Der kanadische Regisseur François Girard („Die rote Violine“, „32 Variationen über Glenn Gould“) hatte zuletzt mit „Der Chor – Stimmen des Herzens“ eine ähnliche Geschichte von der Berufung eines begabten Jungen erzählt, der zunächst erst Fleiß, Disziplin und – wie es einmal heißt – „Demut“ erlernen muss, bevor er wirklich Großes erreichen kann. In „The Song of Names“, der auf einem Roman von Norman Lebrecht fußt, legt Girard das Hauptaugenmerk auf zwei andere Themenkomplexe. Da ist zum einen der unverständliche Verrat an einer Freundschaft. Martin hat auch nach 35 Jahren Dovidls plötzliches Verschwinden nie verwunden, nicht zu vergessen die große Enttäuschung seines Vaters, der viel Mühe und Geld in dieses Konzert gesteckt hatte. Tim Roth spielt diesen verletzten Freund mit unterdrückter Wut – bis sie in einer Szene förmlich aus ihm herausbricht. Dovidl hingegen leidet unter der Schuld, den Holocaust überlebt zu haben. Als Heranwachsender, noch im Unklaren über das Schicksal seiner Familie, weist er sogar seinen jüdischen Glauben zurück und exkommuniziert sich in einer beklemmenden Szene quasi selbst. Nun erklärt sich auch die Bedeutung des Filmtitels: ein ritueller Gesang, bei dem mehrere Rabbis tagelang die Namen der ermordeten Juden singen. Auch dies ist eine ergreifende Szene, die die Trauer und Verzweiflung über den Verlust geliebter Menschen eindrücklich deutlich macht.
Glaube, Zweifel, Trauer und Verlust
Die Themen um Glauben, Zweifel und Trauer behandelt Girard ebenso takt- wie rücksichtsvoll – auch wenn sich am Schluss mit dem 1. Violinkonzert von Max Bruch ein wenig zuviel Gefälligkeit und Pathos in den Film schleichen. Martins Suche nach seinem verlorenen Freund, seine detektivische Recherche definieren „The Song of Names“ als spannenden Thriller. Wird er Dovidl finden? Warum ist er damals so plötzlich verschwunden? Wie könnte eine Versöhnung zwischen den Freunden aussehen? Die Antworten darauf machen aus „The Song of Names“ ein anspruchsvolles, packendes Drama, dem man kleine Schwächen, etwa die plakative Charakterisierung von Martins Frau als misstrauischer Xanthippe, gerne nachsieht.