Drama | Kanada/Ungarn 2019 | 113 Minuten

Regie: François Girard

Ein britischer Musiklehrer macht sich 1986 auf die Suche nach seinem Jugendfreund, einen begnadeten jüdischen Violinisten, dessen Familie in Treblinka ermordet wurde. 1951 war dieser Freund vor seinem Konzertdebüt spurlos verschwunden. In einer Parallelhandlung schildert der Film, wie sich die beiden Männer als Knaben zu Beginn des Zweiten Weltkriegs kennenlernten und trotz anfänglicher Antipathie zu Freunden wurden. Anspruchsvoll-packendes und in seiner Rückblendenstruktur komplex erzähltes Drama, das seine Themen um Glauben und Zweifel, Verlust und Trauer ebenso takt- wie rücksichtsvoll behandelt. In der Hauptrolle sehr zurückgenommen, aber eindrücklich gespielt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE SONG OF NAMES
Produktionsland
Kanada/Ungarn
Produktionsjahr
2019
Produktionsfirma
Serendipity Point Films
Regie
François Girard
Buch
Jeffrey Caine
Kamera
David Franco
Musik
Howard Shore
Schnitt
Michel Arcand
Darsteller
Tim Roth (Martin Simmonds) · Clive Owen (Dovidl Rapoport) · Gerran Howell (Martin Simmonds (17-23)) · Misha Handley (Martin Simmonds (9-13)) · Jonah Hauer-King (Dovidl Rapoport (17-23))
Länge
113 Minuten
Kinostart
06.08.2020
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Literaturverfilmung
Externe Links
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Drama um einen britischen Musiklehrer, der sich Mitte der 1980er-Jahre auf die Suche nach einem in den Wirren des Zweiten Weltkriegs verloren gegangenen Jugendfreund macht.

Diskussion

Der Prolog entführt ins London des Jahres 1951. Ein junger polnisch-jüdischer Violinvirtuose namens Dovidl Rapoport soll hier sein Debüt geben; Werke von Max Bruch und Johann Sebastian Bach stehen auf dem Programm. Doch die Konzertbesucher warten vergeblich. Rapoport erscheint nicht, die vielversprechende Karriere ist vorbei, noch ehe sie überhaupt begonnen hat.

35 Jahre später. Der Musiklehrer Martin Simmonds (Tim Roth) nimmt an diesem Morgen an einer Aufnahmeprüfung teil. Dabei fällt ihm ein junger Violinist auf, der seinen Bogen zu Beginn des Spiels in einer Weise durch die Finger gleiten lässt, die er nur zu gut kennt. Jetzt springt der Film zurück in die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Simmonds’ Vater nimmt einen jüdischen Jungen bei sich auf, dessen Familie in Warschau lebt, eben jenen Dovidl Rapoport, der schon als Kind auf der Violine wie kein zweiter spielt.

Der kleine, zugeknöpfte Martin ist davon zunächst gar nicht begeistert, weil er sein Zimmer mit dem frechen, selbstbewussten Jungen teilen muss. Trotzdem werden die beiden Kinder Freunde. Martins Vater versucht derweil, den begnadeten Violinisten auf eine Karriere als Berufsmusiker vorzubereiten. Doch dann erfährt Dovidl als junger Mann, dass seine Familie nach Treblinka verschleppt wurde. In der parallel geführten Handlung, die zunächst etwas Verwirrendes hat, weil man die Figuren erst zuordnen muss, versucht der erwachsene Martin herauszufinden, ob sein Jugendfreund Dovidl noch lebt. Eine Suche, die ihn von Warschau nach New York führt.

Schwere seelische Bürden: Verrat & Schuld

Der kanadische Regisseur François Girard („Die rote Violine“, „32 Variationen über Glenn Gould“) hatte zuletzt mit „Der Chor – Stimmen des Herzens“ eine ähnliche Geschichte von der Berufung eines begabten Jungen erzählt, der zunächst erst Fleiß, Disziplin und – wie es einmal heißt – „Demut“ erlernen muss, bevor er wirklich Großes erreichen kann. In „The Song of Names“, der auf einem Roman von Norman Lebrecht fußt, legt Girard das Hauptaugenmerk auf zwei andere Themenkomplexe. Da ist zum einen der unverständliche Verrat an einer Freundschaft. Martin hat auch nach 35 Jahren Dovidls plötzliches Verschwinden nie verwunden, nicht zu vergessen die große Enttäuschung seines Vaters, der viel Mühe und Geld in dieses Konzert gesteckt hatte. Tim Roth spielt diesen verletzten Freund mit unterdrückter Wut – bis sie in einer Szene förmlich aus ihm herausbricht. Dovidl hingegen leidet unter der Schuld, den Holocaust überlebt zu haben. Als Heranwachsender, noch im Unklaren über das Schicksal seiner Familie, weist er sogar seinen jüdischen Glauben zurück und exkommuniziert sich in einer beklemmenden Szene quasi selbst. Nun erklärt sich auch die Bedeutung des Filmtitels: ein ritueller Gesang, bei dem mehrere Rabbis tagelang die Namen der ermordeten Juden singen. Auch dies ist eine ergreifende Szene, die die Trauer und Verzweiflung über den Verlust geliebter Menschen eindrücklich deutlich macht.

Glaube, Zweifel, Trauer und Verlust

Die Themen um Glauben, Zweifel und Trauer behandelt Girard ebenso takt- wie rücksichtsvoll – auch wenn sich am Schluss mit dem 1. Violinkonzert von Max Bruch ein wenig zuviel Gefälligkeit und Pathos in den Film schleichen. Martins Suche nach seinem verlorenen Freund, seine detektivische Recherche definieren „The Song of Names“ als spannenden Thriller. Wird er Dovidl finden? Warum ist er damals so plötzlich verschwunden? Wie könnte eine Versöhnung zwischen den Freunden aussehen? Die Antworten darauf machen aus „The Song of Names“ ein anspruchsvolles, packendes Drama, dem man kleine Schwächen, etwa die plakative Charakterisierung von Martins Frau als misstrauischer Xanthippe, gerne nachsieht.

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