„Nimm mich, nimm doch mich!“ Dieser flehende Befehl gehört zu den ikonenhaftesten Dialogzeilen der Horrorfilmgeschichte. Er ist im fesselnden Finale von William Friedkins „Der Exorzist“ zu hören, wenn Pater Karras die kleine Regan in einem Akt der Selbstopferung von dem Dämon befreit. Es zeugt jedoch vom übertriebenen Selbstbewusstsein der Drehbuchautoren, wenn im Prolog des dritten Teils der „Conjuring“-Trilogie dieselben Worte fallen, wenn es darum geht, den kleinen David Glatzel (Julian Hilliard) während eines Exorzismus von einem besonders üblen Dämon zu befreien. Es ist nicht das letzte forsche Zitat aus „Der Exorzist“.
„Conjuring – Im Bann des Teufels“ spielt im Jahr 1981. Das Ehepaar Ed und Lorraine Warren weiß trotz jahrzehntelanger erfolgreicher Dämonenjagd so wenig ein Mittel gegen den Dämon, der in David wohnt, wie ein zu Rate gezogener Priester. Doch insgeheim scheint das verzweifelte Angebot von Davids Freund Arne Cheyenne Johnson (Ruairi O’Connor) für den Dämon verlockend zu sein. Denn der junge kräftige Mann ist sicher ein besserer Wirt als das achtjährige Kind. Der einzige Zeuge dieser Dämonenwanderung, Ed Warren (Patrick Wilson), erlitt bei diesem Exorzismus einen schweren Herzinfarkt und konnte seine Frau Lorraine (Vera Farmiga) erst zu spät warnen, dass sich der Spuk noch zuspitzen würde. Nun sitzt Johnson in Untersuchungshaft, weil er seinen Vermieter kaltblütig ermordet haben soll. Doch Lorraine ist sich sicher, dass der junge Mann die Wahrheit sagt, als er behauptet, dass der Teufel die Mordwaffe in seiner Hand geführt habe.
Ein Hang zum Effektekino
Regisseur Michael Chaves hatte erstmals 2019 mit seinem Geistergrusel „Lloronas Fluch“ zur Erfolgswelle der neueren US-Horror-Welle beigetragen. Obwohl er dabei wenig Gespür für die Magie des Geisterhorrors erkennen ließ, hat ihm der Produzent James Wan die Fortführung der prestigeträchtigen Reihe zugetraut. Das war keine gute Entscheidung, denn der Grund, warum der dritte Teil der schwächste der Trilogie geworden ist, liegt an Chaves’ Hang zum Effektekino, der auch schon die atmosphärische Stimmung in „Lloronas Fluch“ gedrückt hatte.
Die „Fälle“, die das Ehepaar Warren in den 1970er- und 1980er-Jahren „untersuchte“, sind durch ihre (Ton-)Aufzeichnung gut dokumentiert und versprühen den morbiden Schrecken des Parapsychologischen, das mit Wissenschaft kokettiert, um gleichzeitig deren Grenzen aufzuzeigen. Zudem räumt das katholisch sozialisierte Ehepaar einer christlichen Spiritualität weiten Raum ein, weshalb ihr Agieren perfekt zum Geisterhorror passt, den Hollywood seit „Der Exorzist“ so trefflich kultiviert.
Das scheinbar Unerklärliche im Dunstkreis von Kirche und Wissenschaft wird in „Conjuring – Im Bann des Teufels“ auf den „realen“ Kampf zwischen Himmel und Hölle um die Seelen der Menschen heruntergebrochen. Wan gelang es 2013 mit seinem ersten „Conjuring“-Film, diese Auseinandersetzung erstaunlich realistisch und mit viel Gefühl für das Unheimliche im Alltäglichen zu bebildern und den (inzwischen verstorbenen) Warrens damit ein Denkmal zu setzen.
Auch im dritten Teil werden im Abspann erneut die Originaldokumente des zugrundeliegenden Falls präsentiert. Doch im Gegensatz zu den Vorgängern beschleicht einen jetzt das Gefühl, mit dem unheimlichsten Teil des Films konfrontiert zu werden.
Ein komplizierter Fall von Besessenheit
Die Gefahr bei dem filmischen Aufarbeiten der umfangreichen Warren-Akten bestand darin, dass sie zur seriellen Routine verkommt. Chaves ist sich dieser Gefahr wohl bewusst, doch er wählt den Weg des Spektakels, anstatt sich auf die ureigene Kraft der Artefakte des Grauens zu besinnen.
Befeuert durch ein hohes Budget, haut er sprichwörtlich auf die Pauke, wenn der Film die Warrens auf ihrer neuerlichen Spurensuche in diesem komplexen Fall von Besessenheit begleitet. Im Laufe der Recherchen wird deutlich, dass eine Voodoo-ähnliche Sekte ihre Finger im Spiel hat und die Familie eines ehemals angesehenen Pfarrers maßgeblich an dem Unheil beteiligt ist, auf dessen Konto noch weitere mysteriöse Todesfälle gehen.
Es gelingt den Machern durchaus, einige atmosphärisch dichte Episoden zu inszenieren, wenn Silhouetten durch die Räume huschen oder Fratzen unvermittelt im Bild erscheinen. Auch Vera Farmiga und Patrick Wilson agieren erneut glaubhaft am Rande der totalen Erschöpfung. Man nimmt ihren Figuren ab, dass der jahrzehntelange Kampf gegen das Böse auch körperlich Spuren des Verfalls hinterlassen hat. Doch dramaturgisch wandert der Film eher auf den Spuren von „Indiana Jones“ als auf denen des verstörenden Horrorkinos, wenn sich plötzlich unterirdische Altarräume auftun und es mehr um geheimnisvolle Kelche und alte Bücher als um reale Menschen im Bann der Dämonen geht.
Effektives Geisterbahnkino
Immerhin ist der reale Fall des Arne Cheyenne Johnson in die Rechtsgeschichte eingegangen, weil hier auf unschuldig infolge von Besessenheit plädiert wurde. „Conjuring – Im Bann des Teufels“ ist allerdings eher effektives Geisterbahnkino als Horror im Stile von „New Hollywood“. Da helfen auch die Zitate aus „Der Exorzist“ nur bedingt weiter.