Er ist ein Schaf im Wolfspelz, dieses "Wolfsblut". Aus Jack Londons abenteuerlustigem Wolf ist ein niedliches Schoßtier geworden. Überhaupt bleibt nicht allzuviel erhalten vom berühmten Roman, dessen Inhalt das Disney-Studio ja schon im ersten Teil
(fd 23 132) erzählt hatte. So erinnert nur noch das Goldgräbermilieu im Alaska des Jahres 1906 an die Vorlage. Henry Casey heißt diesmal der jugendliche Wolfsbesitzer und Goldgräber, der, durch sein Haustier bestens beschützt vor allen Neidern, die beschwerliche Heimfahrt antritt. Leider ist ein Floß nicht unbedingt das ideale Vehikel für einen Goldtransport. Szenenwechsel: Ein zwielichtiger Pater versucht, einen Indianerhäuptling nebst Stamm zur Umsiedlung zu überreden; in der Tat geben die Jagdgründe für das Haida-Volk nicht allzuviel her. Doch der Häuptling hält an seinem vermeintlichen Aberglauben fest: Ein weißer Wolf werde dereinst erscheinen, um das notleidende Volk zu den großen Karibu-Herden zu führen. So macht sich also die Häuptlingstochter Lily zur großen Wolfssuche auf, die sie geradewegs zu Henry Casey führt, der samt "Wolfsblut" in die Stromschnellen geraten ist. Da sie den Wolf aus den Augen verloren hat und nunmehr den gestrandeten Henry entdeckt, hält sie ihn für einen verwandelten Wolf - eine Meinung, von der auch der Indianerstamm erst durch Henrys Goldgier abzubringen ist. Doch unterdessen ist dieser bereits so vom Charme des indianischen Lebensstils und vor allem der schönen Lily betört, daß er, nur zu gerne helfen möchte. Zunächst jedoch muß er "Wolfsblut" wiederfinden. Dieser hat zwar seinerseits bereits eine Wölfin kennengelernt, bei der er ungleich mehr Erfolg hat als Henry bei Lily. Dennoch sucht auch das Tier unermüdlich nach seinem "Herrchen". Im Indianerdorf trifft man aufeinander; eine Expedition bricht auf, die Karibus zu suchen, Der böse Pater allerdings hat die Herde eingeschlossen, um die Indianer auszuhungern, die ihm bei seinen Goldschürfplänen im Weg sind. Und die Prophezeiung erfüllt sich: Wer, außer den tapferen Wölfen, würde auch mit all den Schurken fertig?Naivität kann charmant sein, wenn sie nur glaubhaft und unprätentiös auftritt. Dieser wohlkalkuierte Ethno-Kitsch allerdings ist kaum erträglich. Man könnte die verklärende (dabei nicht weniger von Vorurteilen geprägte) Haltung vielleicht noch in Kauf nehmen, wenn denn die Abenteuergeschichte oder wenigstens die Naturaufnahmen dem Standard früherer Dinsey-Produktionen entsprächen. Nichts von all dem aber überzeugt in diesem durchweg vorhersehbaren Kinodebüt des Fernsehregisseurs Olin. Immer wieder wird der Komponist John Debney vergeblich bemüht, das uneinheitliche Werk wenigstens durch opulenten Orchesterklang aufzuwerten. Tierfreunde allerdings dürften, sofern ihnen die Vermenschlichung nichts ausmacht, auf ihre Kosten kommen; in der Schlußszene ist sogar niedlicher Nachwuchs eingetroffen.