Mein Vater, mein Sohn und der Kilimandscharo
Dokumentarfilm | Deutschland 2019 | 92 Minuten
Regie: Aaron Moser
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2019
- Produktionsfirma
- MoserMedia
- Regie
- Aaron Moser
- Buch
- Aaron Moser
- Kamera
- Aaron Moser · Rainer Blank
- Musik
- Chris Hanson · Dejan Dukovski · Jonas Gewald
- Schnitt
- Aaron Moser · Rainer Blank
- Länge
- 92 Minuten
- Kinostart
- 09.01.2020
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Mischung aus imposanter Reisedokumentation, nachdenklichem Familien- und spannendem Bergsteigerdrama, das einen selbstkritischen Blick auf den Afrikatourismus wirft.
Achills Vater hatte einen Traum: einmal den Kilimandscharo besteigen. Den schneebedeckten Kibo, der in Tansania gut 300 Kilometer südlich des Äquators knapp 6000 Meter in die Höhe ragt. Dieser mystische, von den Massai als heiliger Berg verehrte Riese übte auf Harry Moser eine unerklärliche Faszination aus. Achill war bereits 28 Jahre alt, als er seinen Vater kennenlernte. Schnell fanden sie heraus, dass sie eine gemeinsame Leidenschaft verband: das Reisen. Doch während Achill schon mit siebzehn zu seinen ersten Abenteuern aufbrach und mit 28 bereits zahllose Wüsten durchquert hatte, blieb das bei seinem Vater lange eine Sehnsucht. Harry war schon 60, als die beiden beschlossen, gemeinsam auf den Gipfel des Kilimandscharo aufzusteigen. Kurz vor Antritt der Reise zog sich Achill jedoch einen Kreuzbandriss zu, und Harry machte sich schließlich alleine auf den Weg. Seine Eindrücke verarbeitete er später auf einer Tonbandkassette, die er, kurz bevor er starb, seinem Sohn übergab.
Dreißig Jahre später bricht nun Achill mit seinem Sohn Aaron, der inzwischen fast so alt ist, wie Achill war, als er seinen Vater das erste Mal traf, zu einer gemeinsamen Reise nach Ostafrika auf. Ihr Ziel: der Kilimandscharo. Mit im Gepäck sind die Tonbandkassette Harrys und das Lebensmotto von Achills Mutter: „Das wird schon.“
Eine ganz besondere Reise
„Mein Vater, mein Sohn und der Kilimandscharo“ erzählt von einer für die beiden Protagonisten ganz besonderen Reise. Unterwegs unterhalten sie sich immer wieder über ihre Familiengeschichte. Dadurch ergeben sich einige intime, ergreifende Momente, in denen Achill in der Erinnerung an seinen verstorbenen Vater zu Tränen gerührt wird. Achill und Aaron aber reisen nicht allein. Beide arbeiten als Journalisten, verfügen über entsprechende Kontakte und werden, obwohl auch Aaron selbst Kameramann ist, von einem professionellen Kameramann begleitet. Außerdem ist am Anfang, bevor sie sich an den eigentlichen Aufstieg machen, auch noch ein befreundeter Maler, Carsten Westphal, mit von der Partie, der die Erlebnisse im Stile früherer Expeditionsmaler in Aquarellen festhält. Im Gegensatz zu Westphal aber erscheint Kameramann Rainer Blank nie im Bild, wird seine Anwesenheit nicht thematisiert. Eine heimliche Inszenierung, die das Gefühl von unmittelbarer Authentizität, das der Film vermitteln will, konterkariert.
Während ihrer ersten Etappe sind die Protagonisten über weite Strecken zu Fuß unterwegs. Geführt von zwei Massaikriegern wandern sie in die abgeschiedenen Gol-Berge, in denen die Massai noch ähnlich leben wie vor hundert Jahren. Die Aufnahmen, die bei der Begegnung mit den Einheimischen entstehen, wirken gleichermaßen bizarr und vertraut. Man kennt solche Bilder von vor Hütten aufgereihten Ureinwohnern aus unzähligen Afrikadokus. Landschaft, Tier und Mensch werden darin oftmals bedenklich exotisiert, gleichsam nebeneinander besichtigt und ausgestellt.
Der Gefahr einer eurozentrischen Perspektive bewusst
Auch „Mein Vater, mein Sohn und der Kilimandscharo“ spart nicht an überwältigenden Impressionen einer traumhaft schönen Landschaft und einer atemberaubenden Tierwelt. Achill und Aaron Moser aber sind sich der Gefahr einer eurozentrischen Perspektive bewusst. Achill hat längere Zeit bei den Massai gelebt. Immer wieder thematisiert der Film daher das Aufeinanderprallen der unterschiedlichen Kulturen und beleuchtet durchaus selbstkritisch den massenhaften Tourismus, an dem sie mit ihrer Expedition teilhaben. Während sie bei der Besteigung des Kibo beispielsweise in einem geräumigen Zelt auf einigermaßen bequemen Feldbetten übernachten, schlafen die vielen Träger, die ihre Ausrüstung, Verpflegung und Gepäck nach oben schleppen, zusammen in einem engen Zelt auf dem Boden. Eine Touristengruppe nach der anderen wird auf den heiligen Berg geschleust und droht dessen Magie zu entzaubern. Plastikflaschen werden achtlos auf die Seite geworfen.
Immerhin schauen die Filmemacher da nicht weg. Vor allem aber suchen sie das Gespräch mit den Massai, die sie begleiten. So erzählt ein Träger, wie es für ihn ist, derart lange von seiner Familie getrennt zu sein, und von seinem Traum, eines Tages Bergführer zu werden. Gleichzeitig spitzt sich die Dramaturgie in der zweiten Hälfte des Films bei der Besteigung des Berges zu, während die Luft dünner wird, Achill sich am Fuß verletzt und Aaron droht, höhenkrank zu werden. All das zusammengenommen ergibt einen faszinierend zwischen den Genres oszillierenden Streifen: eine Reisedoku gemischt mit Tierfilm, Kulturreportage, ein wenig Bergsteiger- und einem ordentlichen Schuss Familiendrama.