Der Schauspieler Sam Elliott begann seine Karriere in den 1960er-Jahren mit Mini-Rollen in „The Way West“ und „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ (in dem auch seine spätere Ehefrau Katharine Ross mitwirkte). Seither hat der Schlacks mit der auch im Alter noch vollen Haarmähne und dem Schnauzer, den markanten buschigen Augenbrauen und der noch markanteren Stimme immer wieder in Western mitgespielt. Der Film mit dem wunderlichen Titel „The Man Who Killed Hitler and Then the Bigfoot“ scheint vor allem eine Hommage an Elliotts so gewonnenes Image als archetypischer US-amerikanischer Held zu sein – ist zugleich aber, verpackt in eine ebenso konfuse wie reizvolle Story, eine satirisch-melancholische Abrechnung mit dem Konzept des Heldentums. Und ähnlich wie zuletzt etwa „Lucky“ mit Harry Dean Stanton oder „Ein Gauner & Gentleman“ mit Robert Redford tritt der Plot fast in den Hintergrund gegenüber dem Vergnügen, Sam Elliott beim Da-Sein auf der Leinwand zuzusehen und die Landschaft seines Gesichts zu studieren.
Ein Pendant zum Drachentöter-Mythos
Calvin Barr, die Figur, die Elliott hier spielt, hat sich die Falten auf seinem Gesicht auf spektakuläre Weise erworben. Der Mann, der ein ziemlich einsames Leben in einer kleinen Stadt nahe der kanadischen Grenze führt, war früher ein legendärer Soldat, der angeblich Adolf Hitler getötet hat – sozusagen das 20.-Jahrhundert-Pendant zum Drachentöter-Mythos. Dass dies keine Gerüchte sind, sondern Tatsachen, sieht man in Rückblenden, die Barrs Erinnerungen visualisieren. Als junger Mann (gespielt von Aidan Turner) infiltrierte Barr in einer waghalsigen Ein-Mann-Geheimmission von Osteuropa aus in Nazi-Uniform das Deutsche Reich und schaffte es, ins „Allerheiligste“ des Führer-Arbeitszimmers vorzudringen.
Regisseur Robert D. Krzykowski baut diesen „Alternative History“-Plot indes keineswegs zum spannungstreibenden Fokus aus; die achronologische Zerstückelung der Ereignisse simuliert vielmehr die Willkür von Barrs Erinnerungsprozessen, die mal bei dem verharren, was andere als den großen Moment seines Lebens ansehen würden – die Tötung Hitlers –, mal bei einer kuriosen Begegnung bei einer Rasur irgendwo in Osteuropa, und immer wieder bei seiner großen Liebe, vom ersten Aufeinandertreffen über idyllische Momente der Zweisamkeit bis hin zu einem Abschied, von dem der junge Barr damals noch nicht wusste, dass er endgültig sein sollte.
Was wirklich zählt
Über all dem liegt ein Hauch von Trauer. Der alte Barr blickt, wie er zu Beginn dem Barkeeper in seiner Stammkneipe erzählt, mit Reue und Bedauern auf sein Leben zurück, das er nur noch mit seinem Hund teilt. Später, als zwei Regierungsbeamte ihn aufsuchen, um ihn und seine legendären Fähigkeiten für ein neues Abenteuer zu reaktivieren, bei dem dann der Bigfoot ins Spiel kommt, bekennt er, dass er seine „Heldentat“ nachträglich als völlig sinnlos empfindet, weil die Tötung Hitlers damals politisch längst wirkungslos gewesen sei und am Lauf der Geschichte nichts geändert habe; noch einmal ein Wesen zu töten, ist das letzte, was er will.
Natürlich lässt sich Barr trotzdem für eine letzte Mission anheuern; allerdings entfaltet sich auch diese wieder, ohne Barr oder dem Publikum die geringste Befriedigung zu geben. Viel wichtiger als der Bigfoot wird für den alten Mann gegen Ende des Films sein kleiner Bruder, zu dem er lange den Kontakt verloren hatte, bis er schließlich zögerlich wieder seine Nähe sucht. Denn „The Man Who Killed Hitler and Then the Bigfoot“ erzählt vor allem davon, dass es gar nicht die großen Kämpfe sind, die einen Menschen definieren und sein Glück ausmachen, sondern die friedlichen Begegnungen und die Beziehungen, die er zu anderen aufbaut.