Als ein Kaufmann auf Reisen geht, verspricht er seinen drei Töchtern, jeder einen Wunsch zu erfüllen. Bei dem Versuch, das purpurfarbene Blümchen zu beschaffen, das seine Jüngste im Traum gesehen hat, gerät er auf einem verzauberten Schloß in die Gefangenschaft eines in ein Tier verwandelten Prinzen. Nach vielen Abenteuern kann das Mädchen seinen Vater befreien, den Zauber der "Herrin der Langeweile" brechen und einen Prinzen als Ehemann gewinnen. Eine russische Variante des Märchenmotivs "Die Schöne und das Tier", in formaler Strenge und einer ausgeklügelten Farbdramaturgie inszeniert, entfaltet der Film eine eigenwillige Poesie, die in den Bann schlägt. Ein Film, der keinen Vergleich zu scheuen braucht.
- Sehenswert ab 8.
Die feuerrote Blume
Kinderfilm | UdSSR 1978 | 65 Minuten
Regie: Irina Powolozkaja
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Filmdaten
- Originaltitel
- ALENKI ZWETOTSCHEK
- Produktionsland
- UdSSR
- Produktionsjahr
- 1978
- Produktionsfirma
- Gorki-Studio
- Regie
- Irina Powolozkaja
- Buch
- Natalija Rjasanzewa
- Kamera
- Alexander Antipenko
- Musik
- Edison Denissow
- Schnitt
- G. Sadownikowa
- Darsteller
- Marina Iljitschowa (Aljona) · Lew Durow (Kaufmann) · Alla Demidowa (Zauberin) · Alexej Tschernow (Alter) · Alexander Abdulow (Prinz)
- Länge
- 65 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 8.
- Genre
- Kinderfilm | Märchenfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Diskussion
Gäbe es Gerechtigkeit nicht nur im Märchen(-film), dann würde Irina Powolozkaja (geb. 1937) wohl längst zu den bedeutendsten Filmemache-rinnen des europäischen Kinos gezählt. Doch das Pech verfolgte die Dowschenko-Schülerin bereits, als sie kurz vor Drehbeginn ihres Abschlußfilms erkrankte. Dieses, ihr Meisterwerk und den Zuschauern des Fernsehens der DDR wohlvertraut, erlebt erst jetzt auf Video seine westdeutsche Erstaufführung. "Die feuerrote Blume" kann sich in seiner formalen Strenge und der ausgefeilten, doch unaufdringlichen Farbdramaturgie mit den Meisterwerken Andrzej Tarkowskijs messen. Auch den Vergleich mit Jean Cocteaus berühmter Erstverfilmung von Madame Leprince de Beamonts Kunstmärchen"Die Schöne und das Tier" braucht die Adaption nicht zu fürchten. Die Unschuld der Birkenwälder, durch die der Vater dreier Töchter reitet, ist trügerisch. Auf der Suche nach jener "feuerroten Blume", die sich seine Lieblingstochter gewünscht hat, nimmt er die Hilfe eines alten Mannes an. Das Schloß, in das dieser ihn führt, birgt eine Überraschung: Hier residiert noch immer jene Zauberin, die dem Märchen nach jenen Prinz, der sie dereinst zurückgewiesen, in ein Tier verwandelt hatte. Der Reisende befinde sich, erklärt man ihm, im Land "Ich weiß nicht wo", dem Reich der Langeweile. Eine goldgelbe Virage läßt die Interieurs vergilbten Fotos gleichen, und zum Zeitvertreib zählt die Schloßherrin tote Schmetterlinge. Einen Pfau und eine Schildkröte hat sie sich zu ihren Begleitern gewählt, Symbole für Schönheit und Langsamkeit. Einmal kolportiert sie gleichmütig die Worte eines sterbenden Schmetterlings: "Mag so sein, mag so bleiben: Trauern sollen die anderen." Welch ein Bild für eine erstarrte Gesellschaft und die träge Resignation ihrer Bewohner.Aus Langeweile hat die Zauberin auch den Reisenden herbeigelockt. Als er die versprochene Blume pflückt, nimmt die Geschichte wieder ihren gewohnten Lauf: Das Tier, dem sie gehört, fordert seinen Tribut, und natürlich tauscht die schöne Tochter ihr Schicksal mit dem Vater. Nur in Detailaufnahmen, Adleraugen oder Blätterkleid, zeigt man das arme Wesen, und so ist es auch nie zum Fürchten. Eher läßt es an die Phantome der Stummfilmzeit denken, an "Judex" etwa von Louis Feuillade. Wie im frühen Kino auch setzt die Regisseurin die Farben der Virage ein: Blau für Nacht, Rot für Gefahr. Und stumm ist jene Schlüsselszene, in der Tier und Schöne eine nächtliche Bootsfahrt unternehmen. Eine Zärtlichkeit, die nicht einmal der Blicke bedarf, verbindet hier Liebende. Mehr der Flora als der Fauna ist dieses "Tier" angehörig, und so ist auch die Liebe zu ihm nichts anderes als die romantische Sehnsucht nach Vereinigung mit der Natur. Wie ein Sommernachtstraum ist diese Romanze: ein hübscher Spuk, angezettelt allein aus einer Laune. So verzichtet die Zauberin am Ende auch eher achselzuckend auf ihren Triumph und sieht gelassen dem Einzug der Farbe in ihre vergibte Welt entgegen. Die Langeweile, ihre selbstgewählte Lebensform, hat sie dabei bis zuletzt verteidigt: "Übrigens, ich liebe diese Ruhe. Seither hat sich mir vieles offenbart." - Sehenswert ab 8.
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