Good Omens
Fantasy | Großbritannien 2019 | 315 (1. Staffel, sechs Episoden) Minuten
Regie: Douglas Mackinnon
Filmdaten
- Originaltitel
- GOOD OMENS
- Produktionsland
- Großbritannien
- Produktionsjahr
- 2019
- Produktionsfirma
- Amazon Studios/BBC/Narrativia/Salt River/The Blank Corporation
- Regie
- Douglas Mackinnon
- Buch
- Neil Gaiman
- Kamera
- Gavin Finney
- Musik
- David Arnold
- Schnitt
- William Oswald · Emma Oxley
- Darsteller
- David Tennant (Crowley) · Michael Sheen (Aziraphale) · Anna Maxwell Martin (Beelzebub) · Jon Hamm (Erzengel Gabriel) · Derek Jacobi (Metatron)
- Länge
- 315 (1. Staffel, sechs Episoden) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Fantasy | Literaturverfilmung | Serie
Heimkino
Staffel 1
Der Dämon Crowley (David Tennant) und der Engel Erziraphael (Michael Sheen) kennen sich schon ewig. Seit damals, als Crowley Eva im Garten Eden zum Pflücken der verbotenen Frucht anstiftete und Erziraphael dem ersten Menschenpaar nach der Vertreibung sein Flammenschwert schenkte, aus Mitleid, damit es den Gefahren der Welt nicht wehrlos ausgeliefert sei. War das richtig, gemäß seiner gütigen Engelsnatur? Oder ein Regelverstoß gegen die Ordnung der himmlischen Obrigkeit? Und war Crowleys Verführungstat moralisch falsch, wie es sich für einen Dämon gehört? Oder am Ende gar richtig, denn wenn Gott gewollt hätte, dass niemand vom Baum der Erkenntnis isst, hätte er ihn schließlich auch auf einen fernen Berg statt mitten im Paradiesgarten pflanzen können? Solche heikle Fragen rund um Gut und Böse treiben die beiden auf die Erde abkommandierten übernatürlichen Wesen seit Anbeginn der Erde um. Mit der Schwarzweißmalerei ihrer Artgenossen in Himmel und Hölle haben sie es nicht so; beide tendieren eher zum Zweifeln und zu den moralischen Grauzonen, wie sie das irdische Leben und der Umgang mit Menschen mit sich bringen.
Hedonistische „Balance of Power“
Zu Beginn von Episode 3 der auf dem gleichnamigen Fantasy-Roman von Neil Gaiman und Terry Pratchett beruhenden Serie erfährt man in einem kleinen Exkurs, wie sich dieses „odd couple“ über die Jahrhunderte nähergekommen ist, etwa wie beide mit betretener Miene Zeugen der nahenden Sintflut und von Jesu Kreuzigung werden (so viel göttliche Rigorosität scheint ihnen gleichermaßen unverständlich) und wie sie schließlich bis ins 20. Jahrhundert hinein zu einer perfekten „balance of power“ finden: statt sich zu bekriegen, erfreuen sie sich lieber gemeinsam an den Annehmlichkeiten des Erdenlebens.
Doch dann droht das Ende dieses Dolce Vita – in Gestalt des Weltuntergangs. Der Antichrist ist geboren, und er wird, wenn er alt genug ist, die Apokalypse in Gang setzen. Sowohl die himmlischen als auch die höllischen Heerscharen finden das gut: endlich naht die große Endschlacht, auf die alle gewartet haben! Bis auf Crowley und Erziraphael, die gerne noch lange weiter warten würden und nun händeringend überlegen, ob sich die Apokalypse nicht doch noch sabotieren und abwenden lässt.
Adaption mit Hindernissen
Es sah lange so aus, als ob es mit der filmischen Adaption des Romans nie etwas werden würde. Das Buch erschien 1990, und kein geringerer als Terry Gilliam trug sich mit dem Plan, es für die Leinwand zu verfilmen (angeblich mit Johnny Depp und Robin Williams in den Hauptrollen). Gilliam scheiterte aber genauso wie sein Ex-„Monty Python“-Gefährte Terry Jones, der an einer Fernsehverfilmung arbeitete. Nur in der US-Serie „Supernatural“, deren Showrunner Erik Kripke ein bekennender Gaiman-Verehrer ist, konnten Fans viele motivische Anspielungen auf die Endzeit-Satire finden, am explizitesten in der Figur eines Dämons namens Crowley. Dank Neil Gaiman hat es nun aber endlich auch mit der direkten Adaption geklappt. Der Schriftsteller fungiert als Showrunner der Serie „Good Omens“, und dementsprechend ist sie eine ziemlich getreue Umsetzung des Stoffs.
Lust am Kurios-Episodischen
Das heißt dann auch, dass die erzählerische Struktur keinen straffen Spannungsbogen schlägt, sondern genüsslich durch Rückblenden und Nebenstränge mäandert, immer mehr am Kurios-Episodischen als an der dramatischen Zuspitzung interessiert – ganz im Sinne des Romans mit seinen locker verknoteten Handlungsfäden und irrwitzigen Fußnoten. Dank diverser Missgeschicke, an denen unter anderem ein schlecht organisierter Orden satanischer Nonnen und ein Ehepaar aus dem beschaulichen südenglischen Örtchen Tadfield schuld sind, geht der Antichrist als Baby verloren; Crowley und Erziraphael haben alle Hände voll damit zu tun, den Jungen rechtzeitig wieder aufzuspüren, bevor er seine unselige Rolle spielen kann. Eine junge Hexe, die Nachfahrin einer irren Prophetin aus dem 17. Jahrhundert, und die letzten Überreste einer Hexenjäger-Armee sind ebenfalls von der nahenden Katastrophe alarmiert. Doch was können sie schon gegen die apokalyptischen Reiter ausrichten?
Diese unübersichtliche Gemengelage bereitet den Boden für Auftritte allerlei schräger Figuren, überstrahlt und zusammengehalten vom Dreamteam David Tennant und Martin Sheen, die den Hauptfiguren kongenial Leben einflößen, und von Regisseur Douglas MacKinnon mit viel Gespür für Gaimans Humor in Szene gesetzt. Statt dass die drohenden Apokalypse die Welt ins Chaos stürzt, ist es hier umgekehrt: das ganz normale irdische Chaos verspricht letztlich den Weltuntergang zu hintertreiben.
Endzeit-Szenario ohne heroisches Pathos
Endzeit-Szenarien haben in den letzten Jahren Hochkonjunktur; und nicht selten hat man den Eindruck, dass da eine masochistische Bußübung mitschwingt: Während die Menschheit realiter die Erde mit ihrem Ressourcenverbrauch und ihrer Umweltverschmutzung unbewohnbar zu machen droht, funktionieren Stoffe wie „Avengers: Endgame“ oder „Godzilla 2 – King of the Monsters“, in denen übermächtige Wesen die natürliche Ordnung durch Dezimierung der Menschen wiederherstellen wollen, gleichermaßen als Bestrafungsfantasie wie als Entlastung – die Figuren werden übel heimgesucht und müssen Opfer bringen, entgehen aber am Ende dann doch der Vernichtung. „Good Omens“ kommt ganz ohne das Pathos aus, das da häufig mitschwingt; die Serie atmet eher den hedonistischen 1990er-Geist der Vorlage, die vor allem eine Absage an religiöse und andere Ideologien und Heilsversprechen war und eine humanistische Parteiname fürs ganz normale Leben mit all seinen Makeln und Irrwitzigkeiten, aber auch seiner Schönheit. Und auch wenn ein Dämon und ein Engel die Hauptfiguren sind: sowohl im Roman als auch in der Serie geht es nicht zuletzt ums Recht, aber auch die Pflicht der Menschen, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Woraus ein Vertrauen in die eigene Spezies spricht, das mittlerweile fast etwas nostalgisch wirkt.
Staffel 2
Wenn man erstmal anfängt, die Sinnfrage zu stellen, kommt man schnell in Teufels Küche! Im Fall von Crowley (David Tennant) galt das einst ganz wortwörtlich. Am Beginn der zweiten Staffel von Neil Gaimans Fantasy-Comedyserie „Good Omens“ sehen wir einen Prolog im Himmel, der uns an den Beginn der Schöpfungsgeschichte zurückführt. Der spätere Dämon Crowley ist zu diesem Zeitpunkt noch geflügelter Teil der himmlischen Heerscharen und mit Feuereifer dabei, dem Herrgott beim Erschaffen des Universums an die Hand zu gehen; stolz präsentiert er seinem Engel-Kameraden Erziraphael (Michael Sheen), was er an Galaxien auf die Beine gestellt hat. Doch als ihm Erziraphael, der Einblick in die langfristigeren himmlischen Pläne hat, erzählt, dass der ganzen Pracht nur eine beschränkte Frist beschieden sein wird und der Weltuntergang schon beschlossene Sache ist, ist es mit Crowleys guter Laune vorbei. „What’s the point?“ – wozu dann der ganze Aufwand? Darauf hat Erziraphael keine schlüssige Antwort. Und der erzürnte Crowley ist schon auf dem besten Weg, ein gefallener Engel zu werden.
Erziraphael hat etwas mehr Vertrauen in die göttliche Vorsehung und wird – auch das wissen wir schon aus der ersten Staffel – nicht die Fronten wechseln. Aber wohl ist ihm im Lauf der Menschheitsgeschichte, die auch in der neuen Staffel in diversen Rückblenden in die Haupthandlung einfließt, mit so manchen Ratschlüssen des Allmächtigen auch nicht. Da ist etwa, wie die zweite Folge erzählt, diese Affäre mit Hiob: Einem so guten Menschen alles nehmen, was ihm lieb und wert ist – wegen einer Wette zwischen Gott und Satan, ob der Mann dadurch in seinem Glauben erschüttert werden könnte??? Das geht dem warmherzigen Erziraphael mächtig gegen den Strich, und so schummelt er ein bisschen, um das Schlimmste von Hiob und seiner Frau abzuwenden – unterstützt von Crowley, der zwar so tut, als hätte er eine teuflische Freude dabei, Hiob zu triezen, tatsächlich aber wieder keinerlei Sinn in der ganzen Verschwendung von Leben sieht und lieber mit Erziraphael zusammen zu Hiobs Gunsten querschießt.
Neil Gaiman sorgt für eine Fortsetzung auf Augenhöhe
Als Amazon Prime bekannt gab, dass es eine zweite Staffel von „Good Omens“ geben würde, mögen manche Fans erstaunt und etwas kritisch gewesen sein – schließlich war die erste Staffel die Adaption eines in sich geschlossenen Romans von Terry Pratchett und Neil Gaiman, den die erste Staffel komplett abgedeckt hatte – was also sollte jetzt noch kommen? Diese Frage zu beantworten, blieb zum Glück Chefsache: Co-Autor Neil Gaiman, der auch schon die Serienadaption der ersten Staffel betreut hat, blieb auch bei der zweiten federführend, und ihm ist eine Fortführung auf Augenhöhe mit Staffel 1 gelungen.
Dass die neue Staffel nicht mehr versuchen muss, der Fülle einer Vorlage gerecht zu werden, wirkt sich sogar positiv auf die Dramaturgie aus, die durchaus noch den durch die Zeit flanierenden, episodischen Charakter wie in der Vorgängerstaffel hat, aber durch einen festeren Fokus auf das „Dreamteam“ Crowley-Erziraphael doch etwas strammer daherkommt. Der erzählerische rote Faden ist bescheidener als die Weltuntergangs-Sabotagestory der ersten Staffel, entfaltet aber genauso viel kauzigen Charme. Festgemacht wird er an der Figur des Erzengels Gabriel (Jon Hamm) – in der ersten Staffel ein selbstverliebter Himmels-Hardliner –, der eines schönen Tages splitterfasernackt vor Erziraphaels Londoner Antiquariat auftaucht, ohne Erinnerung daran, wer er ist und was ihm geschehen ist, nur mit der Ahnung, dass er bei Erziraphael Zuflucht suchen muss. Gutmütig, wie dieser ist, nimmt er ihn tatsächlich unter seine Fittiche und beginnt Nachforschungen anzustellen. Mit einiger Mühe überredet er Crowley, ihm dabei zu helfen – und schon steckt das Duo wieder knietief im Schlamassel, denn sowohl Agenten des Himmels als auch der Hölle sind hinter Gabriel her.
Liebe liegt in der Luft
Das Rätsel, das die beiden Freunde da zu knacken haben, dient vor allem als Aufhänger, um ihre Beziehung in Vergangenheit und Erzählgegenwart näher zu beleuchten. Und schon wenn zum ersten Mal die beschwingten Klänge von Buddy Hollys 1950er-Hit „Everyday“ (Love like yours will surely come my way…) ertönen, der in der neuen Staffel zum Leitmotiv wird, ahnt man, dass man es da mit einer ganz großen Love-Story zu tun hat – wobei neben der Zuneigung von Crowley und Erziraphael zueinander, die auf ihrer geteilten Zuneigung zum irdischen Leben mit all seinem Chaos, seinen Grauzonen und Widersprüchen beruht, flankierend noch andere Amouren dazukommen. Doch natürlich grätschen die himmlischen und höllischen Extremisten wieder dazwischen, nicht zuletzt eine überambitionierte Dämonin (herrlich fies: Miranda Richardson) …
Dabei hält sich die Inszenierung, wie schon in der ersten Staffel, mit Spezialeffekten eher zurück und setzt stattdessen umso selbstbewusster auf Gaimans satirischen, oft auch einfach nur herrlich ulkigen Humor und auf eine bestens aufgelegte Darsteller-Riege, die rund um die Stars David Tennant und Michael Sheen den skurrilen Figurenreigen mit Leben füllt – bis hin zu einem Cameo-Auftritt von Mark Gatiss, der in einer ins London des Zweiten Weltkriegs zurückblickenden Episode einen veritablen Nazi-Zombie mimen darf. Wenn alles schließlich auf ein herzig-herzzerreißendes Finale zusteuert, ist man froh, dass sich Gaiman als „Schöpfergott“ der Serie offensichtlich seiner fiktiven Welt gegenüber eine ähnliche Haltung zugelegt hat, wie sie Crowley und Erzi zum Erdenleben haben: Wo ist der Sinn darin, den Stecker zu ziehen, so lange noch so viel Leben drinsteckt? Fortsetzung folgt ….