Komödie | Frankreich 2017 | 86 Minuten

Regie: Vincent Lobelle

Ein in die Jahre gekommenes Ehepaar aus der französischen Mittelschicht gerät im Supermarkt mit einem verwahrlosten Kerl aneinander und ist höchst erstaunt, als sie ihn später bei sich zuhause unter der Dusche vorfindet. Während der Gatte den gehörbehinderten Mann für einen raffinierten Betrüger hält, wird seine Frau von mütterlichen Gefühlen ergriffen. Mit einer aberwitzigen Wendung nach der anderen schaukelt sich die auf einem Theaterstück fußende Komödie über eine verspätete Familiengründung in grotesk-bedrohliche Höhen, wobei der höchst unterhaltsame Film mit großer Leichtigkeit auch ernstere Themen wie die nach dem Zusammenleben oder dem Lebensglück aufgreift. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MOMO
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Curiosa Films/TF1 Films/Versus Prod.
Regie
Vincent Lobelle · Sébastien Thiery
Buch
Sébastien Thiery · Pascale Arbillot
Kamera
Jean-Paul Agostini
Musik
Michaël Tordjman · Maxime Desprez
Schnitt
Cyril Nakache
Darsteller
Christian Clavier (André Prioux) · Catherine Frot (Laurence Prioux) · Sébastien Thiery (Patrick) · Pascale Arbillot (Sarah) · Hervé Pierre (Jean-François, der Arzt)
Länge
86 Minuten
Kinostart
21.06.2018
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Concorde (16:9, 2.35:1, DD5.1 frz./dt., dts dt.)
Verleih Blu-ray
Concorde (16:9, 2.35:1, dts-HDMA frz./dt.)
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Auf einem Theaterstück fußende, höchst unterhaltsame Komödie über eine verspätete Familiengründung, die mit einer aberwitzigen Wendung nach der anderen aufwartet.

Diskussion
Im französischen Original heißt die Komödie von Sébastien Thiery und Vincent Lobelle „Momo“; sie hat aber nichts mit dem berühmten Kinderbuch von Michael Ende zu tun, wohl aber viel mit Eltern und ihrem Nachwuchs. Der Ausgangspunkt ist so dreist, dass man sich in den ersten Minuten unvermittelt überlegt, wie man wohl selbst reagieren würde, wenn im Supermarkt plötzlich ein etwas verwahrloster Kerl seine Einkäufe in den eigenen Wagen packt. André Prioux, dem dies beim Wocheneinkauf mit seiner Ehefrau widerfährt, ist zunächst baff. Und als der Fremde, der auf Fragen partout nicht reagiert, unbekümmert weitere Waren anschleppt, wird Prioux zunehmend ungehalten; irgendwie grenzt das an Belästigung. Seine Frau Laurence, die immer dann zwei Regale um die Ecke verschwunden ist, wenn der Kerl auftaucht, glaubt dem Gatten zunächst kein Wort. Als der Einkaufswagen samt der mysteriösen Erscheinung plötzlich sogar ganz verschwunden und Prioux einem hysterischen Anfall nahe ist, sorgt sie pragmatisch dafür, dass die Waren einfach noch einmal zusammengesucht werden und der Vorfall anschließend gemeldet wird. Binnen weniger Minuten gelingt es den Filmemachern meisterhaft, in einer Exposition, die wie gemacht ist, um in Filmanalyse-Seminaren zerpflückt zu werden, eine absurde Situation als wahrhaftig erscheinen zu lassen und zugleich die Protagonisten und deren Beziehungen zueinander einzuführen. André und Laurence Prioux sind ein wohlsituiertes und zufrieden in die Jahre gekommenes Paar, dessen Alltag von Routine, aber auch von gegenseitigem Vertrauen und dem Wissen um Stärken und Schwächen des jeweils anderen geprägt scheint; dass mit Christian Clavier und Catherine Frot zwei versierte Schauspieler vor der Kamera stehen, ist dabei überaus dienlich. Denn es kommt noch dicker: Als die Prioux’ erschöpft nach Hause kommen, steht der Mann aus dem Supermarkt unter ihrer Dusche und setzt sich danach seelenruhig an den Küchentisch. André, der einen Gauner vor sich zu haben glaubt, will die Polizei einschalten. Doch Laurence reagiert verblüffend anders. Im Unterschied zu ihrem Mann versteht sie, was Patrick sagt, sofern er den Mund überhaupt aufmacht; offensichtlich ist er gehörbehindert und spricht entsprechend undeutlich. Patrick ist von Laurence begeistert und nennt sie „Momo“, was im Französischen lautmalerisch von „Maman“ ableitet ist. Laurence ist „touchée“: be- und gerührt; im Gegensatz zu ihrem Ehemann leidet sie in einem Alter, in dem die Diskussion über Kinder längst abgeschlossen ist, noch immer darunter, dass ihre Ehe ohne Nachwuchs geblieben ist. Als André in Patricks Reisetasche ein vergilbtes Foto findet, welche ihn und Laurence während einer vor Jahrzehnten unternommenen Reise in Marokko zeigt, auf dessen Rückseite jemand in krakeliger Schrift „Maman & Papa“ geschrieben hat, wird die Sache noch mysteriöser. So gewiss Laurence sich auch ist, nie ein Kind geboren zu haben, so sehnlich wünscht sie sich, dass dem anders wäre. Von André besorgt beäugt, schließt sie Patrick von Minute zu Minute mehr in ihr Herz. In der groteskesten Szene des Films gebiert Laurence im Traum einen erwachsenen Sohn. „Nicht ohne Eltern“ beruht auf einem Theaterstück von Sébastien Thiery, das dieser zusammen mit Vincent Lobelle verfilmt. Thematisch schöpft die Inszenierung aus dem Vollen. Während André immer noch davon überzeugt ist, einem raffinierten Betrüger aufzusitzen, beginnt Laurence ernsthaft zu überlegen, ob ihr Mann sie vor Jahrzehnten betrogen hat und Patrick irgendwie doch zur Familie gehört. Stressfrei geht das für alle Beteiligten nicht über die Bühne, und während die Story eine aberwitzige Wendung nach der anderen nimmt, schaukelt sich die Stimmung bedrohlich hoch. Die (An-)Spannung erreicht ihren Höhepunkt, als Patrick seine hochschwangere und sehbehinderte Verlobte und deren Hund herbeiholt, ein kaum zu bändigendes Tier, das eine heilige Aversion gegen André entwickelt; in Wirklichkeit ist es aber ein waschechter deutscher Schäferhund, der lammfromm wird, sobald man Deutsch mit ihm spricht. „Nicht ohne Eltern“ ist höchst unterhaltsam und greift mit stupender Leichtigkeit auch ernstere Themen auf. Der Film schreibt sich souverän in den Kanon des französischen und belgischen Kinos ein, die seit Jahrzehnten nicht nur in sozialkritischen Dramen, sondern ebenso auch in munteren Komödien die Befindlichkeiten von Kleinbürgern ausloten und dabei grundsätzliche Fragen des Zusammenlebens thematisieren.
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