Manchmal genügt ein Perspektivwechsel, um eine Geschichte spannend und interessant zu machen oder für neue Themen zu öffnen. Manchmal allerdings ist ein Wechsel der Sichtweise nicht mehr als ein Gimmick. So belässt es der CGI-Animationsfilm „Bo und der Weihnachtstern“ nicht dabei, die Weihnachtsgeschichte über Maria und Josef mit der Geburt Jesu in Bethlehem, der Ankunft der Heiligen drei Könige und der Verfolgung durch Herodes aus den Augen einer naheliegenden Figur zu erzählen, sondern macht einen Esel kurzerhand zum Protagonisten.
Das Leben des Tiers dreht sich zu Beginn wortwörtlich im Kreis. Festgekettet an einer Mühle, kommt der Esel nicht vom Fleck. Ein Loch im Stall eröffnet immerhin den Blick auf einen seltsamen leuchtenden Stern, und eine vorwitzige Taube erinnert ihn unentwegt daran, wie toll ein Leben als Teil der königlichen Karawane sein muss. Nachdem der Ausbruchsversuch noch kläglich scheiterte, gelingt der zweite. Zuflucht findet der Esel im Haus des Zimmermanns Josef und seiner schwangeren Frau Maria, die sich um ihn kümmert und ihm den Namen Bo gibt. Zunächst betrachtet Bo den angenehmen Aufenthalt nur als Übergangslösung, bis die große Karawane wieder einmal in der Nähe vorüberzieht. Doch als er erfährt, was es mit Maria auf sich hat und in welcher Gefahr diese und ihr Mann sich befinden, beschließt er, ihnen zu helfen.
Das große Problem des Animationsfilms besteht darin, keine eigenständige oder gar originelle Geschichte rund um Bo zu stricken. Die Handlung bleibt ganz nahe bei der bekannten Weihnachtsgeschichte, weshalb die Titelfigur eher wie ein Sidekick wirkt, dem zu viel Präsenz eingeräumt wird. In einem maskierten Soldaten, der auf Befehl des kaltblütigen Herodes Jagd auf den vermeintlichen Gottessohn macht und von zwei blutrünstigen Hunden begleitet wird, findet der Film einen Widersacher, der die Spannung vorantreibt und Auslöser für diverse Verfolgungsjagden ist. Bo wiederum ist ein flinkes Schaf zur Seite gestellt, das dem Tollpatsch in jeder Hinsicht überlegen scheint.
Dass die Inszenierung es wagt, in einem US-amerikanischen Familienfilm die unbefleckte Empfängnis Marias zu zeigen, ist einerseits die größte Überraschung, andererseits als Ausdruck vollkommener Unschuld nur konsequent. Ansonsten lehnt sich der Film vor allem mit seinem aufdringlichen missionarischen Eifer aus dem Fenster, der auch keinen Halt vor einem betenden Esel macht. Was nicht weiter verwundert, da Walden Media hinter der Produktion steckt, die sich durch einen strengen Wertkonservatismus und fundamentale christlich-religiöse Themen auszeichnet. Ein Publikum, dem die klassische Weihnachtsgeschichte zu humorlos und spannungsarm erscheint, findet hier eine aufgepeppte, aber weichgespülte Interpretation. Eine frohe Botschaft ist das allerdings nicht.