Im Januar 2017 starb mit Werner Nekes einer der Protagonisten des „Anderen Kinos“. In vielen Nachrufen konnte man davon lesen, dass es dem Filmemacher zu Lebzeiten nicht mehr vergönnt war, seiner rund 25.000 Objekte umfassenden Sammlung zur Vor- und Frühgeschichte des Films mit Kaleidoskopen, Stroboskopen, Vexier- und Rätselbildern, Guckkästen, Serien-Fotografien und Laterna-Magica-Objekten einen festen Ausstellungsort zu sichern. Auch von Nekes’ experimentellen Kurz- und Langfilmen wie „Kelek“, „Diwan“ oder „Uliisses“
(fd 23 998) blieb wenig mehr als „Johnny Flash“ (1986
(fd 26 675)), der Underground-Hit der „Mülheimer Schule“, an dem Nekes’ Schüler Christoph Schlingensief und Helge Schneider prominent mitgewirkt hatten. Insofern gebührt Ulrike Pfeiffers dokumentarischer Hommage schon deshalb Aufmerksamkeit, weil sie Leben und Werk des Filmemachers noch einmal würdigt.
Werner Nekes, der von der Bildenden Kunst kam, wurde, angeregt von Eva Hesse, gemeinsam mit seiner Partnerin Dore O. zu einer prägenden Figur der bundesdeutschen Experimentalfilm-Szene, die sich Ende der 1960er-Jahre um die Hamburger Filmemacher Kooperative konstituierte. Pfeiffer hat Weggefährten und Förderer von Nekes vor die Kamera gebeten, den Kameramann Bernd Upnmoor, Helmut Herbst, Klaus Wyborny, Förderer wie Bazon Brock, und zeigt den körperlich schon etwas hinfälligen, aber geistig noch lebhaften Kettenraucher im Gespräch mit Alexander Kluge, den Musikern Anthony Moore und Helge Schneider sowie dem Filmkritiker Daniel Kothenschulte. Nekes erzählt von seinen Erfindungen, die seine filmischen Experimente überhaupt erst ermöglicht haben, stellt Zusammenhänge zu anderen Filmen her und zeigt sich als versierter Theoretiker in Sachen Wahrnehmungsforschung. Durch eine illustrierende Auswahl aus Nekes’ filmischem Werk wird auch deutlich, wie sich hier tatsächlich eine kindliche Freude am Spiel mit der Täuschung und der Wahrnehmung mit konsequenten Erkundungen der nicht-narrativen Möglichkeiten der Montage paarte.
Nekes selbst wirkt zurückhaltend und ein wenig versponnen, kann jedoch von einer Sekunde zur nächsten zum blendenden, höchst kompetenten Erzähler werden. Nach dem Film kann man sich sehr gut vorstellen, dass ihm die so unterschiedlichen Temperamente von Schlingensief, Schneider oder Kluge durchaus produktive Resonanzen in seiner Person erzeugten. Es wäre zu begrüßen, wenn Ulrike Pfeiffers neugierig machender Porträtfilm dazu führen würde, dass zumindest einige von Nekes’ Filmen wieder einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht würden.