Als ihre 20-jährige Tochter spurlos verschwindet, gibt sich ihre Mutter mit den Bemühungen der Ermittler nicht zufrieden und treibt die Suche auf eigene Faust voran. Dabei erfährt sie, dass die nur scheinbar unbescholtene junge Frau aus einer Kleinstadt nahe der tschechischen Grenze in Drogengeschichten verwickelt war, aber auch, dass sie selbst womöglich ihren Anteil an den Geschehnissen hat. Kunstvoll verdichtete und zugespitzte (Fernseh-)Miniserie, in der die kriminalistischen Elemente gleichberechtigt neben intensiven Familienporträts stehen. Getragen von einer großartigen Hauptdarstellerin, weitet sich die Erzählung zum bewegenden Sittengemälde.
- Sehenswert ab 16.
Das Verschwinden
Drama | Deutschland/Tschechien 2017 | DVD: 358 (acht Folgen) TV: 350 (87+88+88+87) Minuten
Regie: Hans-Christian Schmid
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland/Tschechien
- Produktionsjahr
- 2017
- Produktionsfirma
- 23/5 Filmprod./Mia Film
- Regie
- Hans-Christian Schmid
- Buch
- Bernd Lange · Hans-Christian Schmid
- Kamera
- Yoshi Heimrath
- Musik
- The Notwist
- Schnitt
- Bernd Schlegel · Hansjörg Weissbrich
- Darsteller
- Julia Jentsch (Michelle Grabowski) · Johanna Ingelfinger (Manu Essmann) · Saskia Rosendahl (Laura Wagner) · Elisa Schlott (Janine Grabowski) · Mehmet Atesci (Tarik Karaman)
- Länge
- DVD: 358 (acht Folgen) TV: 350 (87+88+88+87) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Drama | Krimi
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
»Ich bin einfach keine gute Mutter!« Julia Jentsch alias Michelle Grabowski ruft das irgendwann verzweifelt aus, und in dieser Selbstanklage offenbart sich der Nerv, der thematische Dreh- und Angelpunkt dieser fulminant erzählten Geschichte aus einem bayrischen Kleinstädtchen nahe der tschechischen Grenze.
Eine Miniserie von acht Folgen à 45 Minuten, die in vier Doppelfolgen ausgestrahlt werden: die erste Fernseharbeit von Hans-Christian Schmid, der mit seinen Kinofilmen (»Nach Fünf im Urwald«, »Lichter«) hohe Anerkennung und Auszeichnungen gewinnen konnte. Man spürt seine Handschrift in der Intensität der Zeichnung von Charakteren und Milieus, wie man sie im deutschen Fernsehfilm selten findet.
Grenzüberschreitungen der »Normalität« (Wahn, Verrücktheit, Sucht) und das einsturzgefährdete familiäre Universum – das sind die zwei Themen, die Schmid in seinem Werk immer wieder bearbeitet. Sie finden sich auch hier, wenn auf der Erzähloberfläche ein Ermittlungskrimi abläuft, die Suche nach Michelles 20-jähriger Tochter, die plötzlich verschwindet, während sich in der Erzähltiefe Familiendramen auffächern.
Es zeigt sich, dass das verschwundene Mädchen mit ihren beiden Freundinnen in Drogengeschichten (Crystal Meth) verwickelt ist. Zwei Kommissare sind der Sache auf der Spur, aber es ist Michelle, die die Ermittlungen vorantreibt: eigenwillig, naiv, mit Muttertier-Energie. Eine Paraderolle für Julia Jentsch. Die Familienporträts, angesiedelt im Übergangsfeld von klein- und großbürgerlichen Milieus, offenbaren vor allem eines: dass die Eltern bei all ihren Bemühungen, die Kinder zu schützen, zu sehr in ihre Lebenslügen verstrickt sind, um ihrem Nachwuchs wirklich nahe zu sein.
Überhaupt sind alle Figuren, auch die beiden Kommissare und der jugendliche Dealer, in Lügengespinsten gefangen, alle haben etwas zu verbergen, zu vertuschen. So arbeitet die Geschichte spannungsreich auf die Momente hin, wo sie ihr Versagen einsehen müssen oder tragisch scheitern. Dergestalt verwandelt sich der Krimi zum Panorama der Gewissenserforschung, zu einem bewegenden Sittengemälde und Gesellschaftsbild unserer Zeit.
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