Drama | Frankreich 2017 | 98 Minuten

Regie: Léonor Serraille

Eine unstete 30-jährige Frau wird von ihrem Geliebten verlassen und aus dessen Wohnung geworfen. Fortan irrt sie mit seiner Katze und leeren Taschen ziellos durch Paris, stößt überall auf Ablehnung, knüpft aber auch neue Bande, um diese durch ungeschicktes oder unbedachtes Verhalten wieder zu gefährden. Der charmante Film porträtiert eine Unangepasste, die um einen selbstbestimmten Lebensweg kämpft. Getragen wird die intensive poetische Emanzipationsgeschichte von einer vorzüglichen Hauptdarstellerin, die ihre Figur facettenreich und durchweg unberechenbar anlegt. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
JEUNE FEMME
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Blue Monday Prod.
Regie
Léonor Serraille
Buch
Léonor Serraille
Kamera
Emilie Noblet
Musik
Julie Roué
Schnitt
Clémence Carré
Darsteller
Laetitia Dosch (Paula Simonian) · Souleymane Seye Ndiaye (Ousmane) · Nathalie Richard (Paulas Mutter) · Lilas-Rose Gilberti-Poisot (Lila) · Grégoire Monsaingeon (Joachim Deloche)
Länge
98 Minuten
Kinostart
03.05.2018
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
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Heimkino

Verleih DVD
absolut/eksystent (16:9, 1.78:1, DD2.0 frz.)
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Charmanter Erstlingsfilm als intensive poetische Emanzipationsgeschichte einer unangepassten jungen Frau in Paris.

Diskussion

In der Nacht schleicht sich Paula Simonian manchmal nach draußen und betrachtet die Lichter der Stadt. In diesen Momenten sieht Paris friedlich und einladend aus, ganz anders als tagsüber. „Diese Stadt mag keine Menschen“, ist Paula überzeugt, und der Debütfilm der französischen Regisseurin Léonor Serraille scheint diese Ansicht zu stützen. In den Straßen und in der Metro weichen die Menschen den Blicken der 30-jährigen Frau aus; lieber starren sie ins Leere oder auf ihr Handy. Versucht sie mit Fremden ein Gespräch anzuknüpfen, stößt sie auf brüske Ablehnung; mit Bekannten ergeht es ihr kaum besser. Ihre vermeintlichen Freunde machen über kurz oder lang unmissverständlich klar, dass Paula ihnen lästig ist; selbst ihre Mutter ist darin keine Ausnahme. Bei einer zufälligen Begegnung wirft sie ihrer Tochter vor, dass diese vor Jahren einfach abgehauen sei. Nun wolle sie auch nichts mehr von ihr wissen.

Man kann diese Reaktionen auf Paula ein Stück weit durchaus nachvollziehen. Die Regisseurin und ihre Hauptdarstellerin Laetitia Dosch machen von Beginn an klar, was für eine flatterhafte und unzuverlässige, bis zur Beleidigung direkte und gelegentlich durchaus auch handgreifliche Frau im Zentrum von „Bonjour Paris“ steht. Eingeführt wird Paula, als sie gerade von ihrem langjährigen Freund vor die Tür gesetzt worden ist. Die Beziehung zu Joachim Deloche, einem Fotografen von einigem Ruf, hat ihr Halt gegeben. Den will sie nicht aufgeben, weshalb sie Deloche weiterhin mit Anrufen und nächtlichem Klingeln belästigt, obwohl sie damit massiven Ärger bis hin zu einer Einweisung wegen psychischer Auffälligkeit riskiert.

Da sie Deloches Katze mitgenommen hat, besitzt sie immerhin ein Druckmittel gegen ihren Ex-Freund. Doch bald wird ihr das Tier zum liebgewonnenen Begleiter auf ihren ziellosen Streifzügen durch die Stadt. Das Gespann erinnert an ähnlich einsame Seelen mit Katzengefährten aus der Kinogeschichte, etwa an Holly Golightly aus „Frühstück bei Tiffany“ (fd 10 820) oder den erfolglosen Folksänger aus „Inside Llewyn Davis“ (fd 42 073). Wie diese lässt auch Paula sich treiben, ohne lange an einem Ort Wurzeln zu schlagen, obwohl sie dem trotz allen Freiheitsdrangs nicht grundsätzlich abgeneigt wäre.

Leónor Serraille verfolgt den Weg ihrer Protagonistin mit großer Beobachtungsgabe über viele Stationen. Ohne Wohnung und bald auch ohne Geld bleibt Paula nichts anderes übrig, als sich um eine Arbeit zu bemühen. Sie findet Anstellung in einem Kaufhaus und als Babysitterin für die Tochter einer Alleinerziehenden, versucht sich mit den Verhältnissen zu arrangieren und eckt doch zwangsläufig wieder an. Über markante Szenen entsteht so ein intensives Porträt der Haltlosigkeit einer Frau ohne abgeschlossene Ausbildung, ohne dass sich daraus eine sozialkritische Aussage aufdrängen würde. Stattdessen ist „Bonjour Paris“ wie in allem auch hier ganz bei seiner Protagonistin, deren ruppiges Auftreten mitunter ein wenig an die weiblichen Figuren in den Werken der britischen Filmemacherin Andrea Arnold denken lässt. Doch letztlich ist Paula weit unberechenbarer: Laetitia Dosch deckt in ihrer Darstellung immer neue Facetten auf, ihre Figur scheint mal sehr charmant, dann wieder trampelhaft, mal jenseits aller gesellschaftlichen Umgangsformen, dann aber wieder sehr gewandt, mal gleichgültig gegenüber allem, im nächsten Moment aber auf entwaffnende Weise äußerst empathisch.

Ganz allmählich nehmen die Dinge in Paulas Leben dennoch eine Wendung zum Positiven. Präzise und konsequent erzählt der Film so von einer Emanzipation, die sich ganz natürlich und trotz mancher Rückschläge entfaltet, einfach deshalb, weil Paula sich von der menschenfeindlichen Seite der Stadt nicht kleinkriegen lässt. Den gutgemeinten Rat, dass ihr als „freier junger Frau“ doch alle Möglichkeiten offen ständen, hatte sie anfangs noch als reinen Hohn abgetan. Mit zunehmendem Verlauf des Films wird er aber zur realistischen Richtschnur.

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