Dünkirchen 1940. Ein Strand voller britischer Soldaten, deren Warten endlich vorbei ist. Von Rauch eingehüllte Schiffe sollen die eingekesselten Männer aufnehmen und retten. Plötzlich läuft ein Mann auf die Kamera zu, eigentlich müsste sein Kopf den Hintergrund verbergen, stattdessen aber kommt eine bemalte Glasscheibe ins Bild – ein Matte Painting, das die belebte Szenerie als Täuschung entlarvt. In Lone Scherfings Film geht es um die Kraft des Kinos und die Macht der Illusion. „Der Film muss einen Krieg gewinnen!“, sagt ein englischer Minister, den Siegeswillen seines Landes bekundend. Mit anderen Worten: Geschichten können Leben retten.
Catrin Cole heuert im „Blitz“-gebeutelten London des Jahres 1940 als Sekretärin beim „Ministry of Information“ an, um sich und ihren Mann Ellis, einen erfolglosen Künstler aus Wales, über Wasser zu halten. Die Propaganda-Abteilung des Ministeriums produziert Filme, die den Engländern mitten im Weltkrieg Hoffnung und Zuversicht geben sollen. Cole wird dem erfahrenen Drehbuchautor Tom Buckley zur Seite gestellt, um dessen Skripts eine „weibliche Sichtweise“ hinzuzufügen, uUnd schon geht es los: Ideen finden, Dramaturgien ausarbeiten, Dialoge formulieren.
Cole findet schnell ihre Rolle und verdient sich den Respekt von Kollegen, Produzenten und Ministern – sehr zum Unwillen ihres Mannes, der sich vernachlässigt fühlt. „Authentizität, Optimismus und ein Hund – das ist es, was eine Geschichte braucht“, heißt es einmal. Darum soll es im neuen Film um Dünkirchen gehen: um die glorreiche Rettung der englischen Soldaten und, festgemacht am Schicksal eines US-Piloten, um die Hilfe der Amerikaner, die zum Kriegseintritt bewegt werden sollen. Während Cole und Buckley fleißig tippen (und sich dabei widerspenstig näher kommen), beginnen in den Studios die Dreharbeiten mit einem bunt zusammengewürfelten Team, zu dem auch die in Unwürde gealterte Schauspieler-Legende Ambrose Hilliard gehört.
Drama, Komödie, Romanze, Kriegsfilm, Film-im-Film: Scherfig bemüht gleich mehre Genres und verquickt sie zu anrührender, mitunter tränentreibender, trotz des Kriegsthemas nostalgischer Unterhaltung. Tragödien wie der Tod eines geliebten Menschen im Bombenhagel oder die Untreue des Ehemanns fängt der Film immer wieder durch leichtere Momente auf. Besonders die Dreharbeiten des Dünkirchen-Films, bei dem Zwillingsschwestern und ihr betrunkener Onkel mit ihrem kleinen Schiff ein Dutzend Soldaten retten, ist immer wieder Anlass für witzige Situationskomik – was schief gehen kann, geht schief. Auch Nebenfiguren wie der eitle Ambrose Hilliard oder der unbedarfte amerikanische Amateurschauspieler sorgen für komische Zwischenspiele.
Damit streift die Regisseurin mehrere Themen: Sie beschreibt realistisch den Alltag der Bevölkerung während der Bombardierung durch die Deutschen; zugleich verdeutlicht sie, wie die britische Filmindustrie mit nicht immer subtilen Propagandafilmen einen Beitrag zum Kampf gegen die Nazis leistete. Auch wenn die Charaktere und Ereignisse fiktiv sind, fühlt man sich an Alfred Hitchcock erinnert, der 1944 zwei Kurzfilme fürs „Ministry of Information“ drehte. Eine Beobachtung am Rand ist auch die Bedeutung osteuropäischer Immigranten wert, die ähnlich wie Alexander Korda als Produzenten oder Agenten fungieren. Catrin Cole schließlich steht stellvertretend für die neue Rolle der Frau, die nicht nur weniger Geld verdient als ihre männlichen Kollegen, sondern sich auch in einer Männerwelt durchsetzen muss, um ernst genommen zu werden. Gemma Arterton interpretiert Cole als unabhängige, ebenso schöne wie selbstbewusste Frau, die zunächst gegen ihre Gefühle ankämpft, dann aber doch das Richtige tut. Das kurze Glück am Schluss hat sie sich zweifellos verdient.