Dokumentarfilm | Deutschland 2017 | 90 Minuten

Regie: Rosa von Praunheim

Dokumentarisches Porträt der Berliner Pädagogin Maike Plath, die von 1998 bis 2013 als Theater- und Deutschlehrerin in der Sekundarstufe 1 arbeitete, aber nach frustrierenden Erfahrungen an einer Neuköllner Hauptschule aus dem Lehrerberuf ausstieg und sich mit einem Theaterkonzept direkt an Heranwachsende wandte. Ihre Idee, Stücke auf der Basis der eigenen Biografie zu entwickeln, stieß auf großes Interesse. Der Film begleitet Plaths Theaterarbeit und befragt ehemalige Schüler sowie Darsteller des aktuellen Stücks „How Long is Paradise?“. Dabei verdichtet er sich über die einzelnen Werke hinaus zu einem Kaleidoskop jugendlicher Biografien und Wünsche. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2017
Produktionsfirma
Rosa von Praunheim Filmprod./rbb
Regie
Rosa von Praunheim
Buch
Rosa von Praunheim
Kamera
Elfi Mikesch · Thomas Ladenburger · Markus Tiarks · Oliver Sechting
Musik
Moritz Degen · Ali Brown · Tahsin Karakas · Vivian Kroyer · Sebastian Purfürst
Schnitt
Mike Shephard
Länge
90 Minuten
Kinostart
22.06.2017
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Doku über ein Theaterprojekt von Maike Plath in Berlin-Neukölln

Diskussion
In ihrem allerersten Jahr an der Neuköllner Hauptschule beschäftigte die Lehrerin Maike Plath auf dem Heimweg nur ein Gedanke: „Erst heulen, wenn du zuhause bist.“ Dabei liebte die Tochter eines Lehrerehepaars aus der Kleinstadt Glücksburg ihren Beruf. Doch an der neuen Schule ließen sich die Anforderungen des Lehrplans nicht mit den teils schwierigen, überwiegend migrantischen Biografien der Schüler in Einklang bringen. Viele Kinder erschienen nicht regelmäßig zur Schule, oft war es nicht möglich, einen normalen Unterricht durchzuführen. Zum vorherrschenden Narrativ der Neuköllner „Problemschule“ geht Plath aber entschieden auf Abstand. Die Presse habe sich gierig auf jeden Zwischenfall gestürzt und mit ihren Schlagzeilen und Bildern – Schüler mit Kapuze, in Gangsterpose – das Stereotyp des kriminellen, nicht integrierbaren jugendlichen Migranten erst geschaffen. Plath begann mit den Schülern Theater zu spielen und kleine Filme zu drehen; ihr Ansatz nennt sich biografisch-partizipativ. Die individuellen Schicksale der Schüler schreiben die Stücke dabei quasi von selbst. Aufführungen wie „Tear Down This Classroom“, „Arab Queen & Thilo Sarrazin“ und „Living In Translation“ sind nicht zuletzt ein Spiel mit und gegen die verbreiteten Stereotypen. „Voll die Opfer“, heißt einer der Filme, die neben den Theaterstücken entstanden sind; der Jugendliche Yussuf glänzt darin in der Rolle des „Manipulators“. Während man sieht, wie er von zwei Polizisten abgeführt wird, hört man seine Gedanken aus dem Off: „Ich bin das, was die verfickte Drecksgesellschaft aus mir gemacht hat ...Was ist aus mir geworden? Auf der Straße ein King, im Leben gescheitert!“ Plath erzählt, wie die Schüler durch die Aufführung alltäglicher Redeweisen und Beschimpfungen („Hartz IV-Schlampe“, „Ich fick’ deine Mutter“) sich erstmals von außen betrachteten – und lachen mussten: Theater und Spiel als ein Medium der Selbstreflexion. Regisseur Rosa von Praunheim hat die Theaterarbeit von Maike Plath über viele Monate beobachtet und ehemalige Schülerinnen und Schüler, aber auch die Darsteller des aktuellen Stücks „How Long is Paradise?“ befragt. Die Theaterpädagogin ist inzwischen nicht mehr im Schuldienst tätig; nach wachsendem Widerstand der Schule kündigte sie nach 17 Jahren ihren Beamtenstatus. Plath schrieb ein paar Bücher, hielt Vorträge und gab ihre Erfahrungen in Lehrveranstaltungen weiter. Mit dem Verein ACT, den sie mit zwei anderen Frauen gründete, setzt sie ihre Theaterarbeit im selbstorganisierten Rahmen fort. Rosa von Praunheim teilt mit der wachen Pädagogin die Offenheit und das lebendige Interesse für die individuellen Geschichten der Jugendlichen. Yussuf, Ali, Olga, Walid, Salma und Hallia erzählen, was das Theater ihnen bedeutet und was sie sich für die Zukunft wünschen. Ihre Antworten reichen von „erfolgreich Musik machen“ über „Abi“ und „Modedesigner“ bis hin zu „raus, weg, auswandern, vielleicht wieder heimwandern“. So verdichtet sich „Act! Wer bin ich?“ über die dokumentierte Theaterarbeit hinaus zu einem kaleidoskopischen Porträt jugendlicher Biografien und Wünsche.
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