»Wäre ich doch nur nie an diesem verdammten Bahnhof in Seoul gestrandet.« Mit diesen Worten auf den Lippen gibt sich einer der eher sympathischen Protagonisten seinem Schicksal hin, ein Obdachloser, den die Gesellschaft am liebsten längst ausgesondert hätte. Weit weg von der Metropole mit ihren gefegten Straßen und ihrer aseptischen Fassade des Reichtums, war er Zeuge des Ausbruchs einer Seuche, die alle gleichermaßen befällt, keinen Unterschied macht zwischen Ober- und Unterschicht. Chaos zieht mit den Zombies durch die Straßen von Seoul. Der Obdachlose und eine Frau, die sich durch Prostitution vor dem Leben auf der Straße zu schützen versuchte, fliehen vor den Horden. Sie sind die Helden in einem Animationsfilm, der eigentlich keine Helden kennt. Und keine Hoffnung. Die Dystopie »Seoul Station« bezieht ihre Spannung aus dem kleinen Funken, dem Strohhalm, dass es den beiden doch gelingen möge, hinter die Absperrungen des Militärs zu kommen. Nach Hause aufs ruhige Land, zum Vater, zur Familie, der es besser gehen möge – eine trügerische Hoffnung. Yeon Sang-ho (»King of Pigs«, 2011) ist in seinem Heimatland Südkorea für seine sozialkritischen Animationsfilme bekannt. Mit »Seoul Station« schuf er einen grimmigen Zombiefilm in grobem, fast kindlich abstraktem Zeichenstrich, der sich umso detaillierter und ernsthafter mit der Gesellschaft Südkoreas (eigentlich aller Industriestaaten) beschäftigt, die bereits weit vor der Plage ihre Menschlichkeit verloren hat.
Ort und Zeit der Handlung von »Seoul Station« sind annähernd gleich mit Yeon Sang-hos Realfilm »Train to Busan«. Während man sich im Animationsfilm mit den Folgen der Seuche herumschlägt, bekommt man hier gleich zu Beginn beiläufig deren Ursprung offenbart: einen Störfall in einer Biotec-Anlage. Auch hier lautet die Botschaft: Die Hauptübel auf der Welt sind Ignoranz und Egomanie.
Die Filme sind als Doublefeature in einer »Special Limited Edition« erschienen. Das macht Sinn, bieten sie doch beide furioses, mal nachdenkliches, mal aktionsbetontes Endzeitkino. Spannend und eindringlich sind sie auf jeweils eigene Weise – und keinesfalls nur Stoff zum unbekümmerten Konsumieren.