Drama | Deutschland 2016 | 79 Minuten

Regie: Julius Schultheiß

Eine impulsive Berliner Krankenschwester Anfang 30 führt einen ungezwungenen Lebensstil mit Alkohol, Drogen und wechselnden Partnern. Durch einen Zufall begegnet sie ihrer 15-jährigen Tochter, die bislang beim Vater lebte, sich nun aber hartnäckig an die Fersen der Mutter heftet und bei ihr unbekannte Gefühle weckt. Lebensnahe Skizze einer sich selbstgenügsam gebenden Existenz. Der überwiegend mit Handkameras gedrehte Film lebt ganz von der Energie seiner unkonventionellen Hauptfigur, sodass einige psychologische Unglaubwürdigkeiten und der teilweise zähe Erzählfluss eher wenig ins Gewicht fallen. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Finderlohn Film
Regie
Julius Schultheiß
Buch
Julius Schultheiß
Kamera
Martin Neumeyer
Schnitt
Anna Kappelmann
Darsteller
Karin Hanczewski (Lotte) · Zita Aretz (Greta) · Paul Matzke (Marcel) · Christine Knispel (Sabine) · Marc Ben Puch (Wim)
Länge
79 Minuten
Kinostart
27.10.2016
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
daredo (16:9, 1.78:1, DD5.1 dt.)
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Lebensnahe Skizze einer impulsiven, zwangslosen Berliner Krankenschwester

Diskussion
Ob sich die Berliner S-Bahn auch an der Finanzierung dieses ohne Förderung, aber mit Crowdfunding gestemmten No-Budget-Debüts des 1985 geborenen Julius Schultheiß beteiligt hat? Durch die Fensterscheiben starren und der vorbeiflirrenden Stadt zwischen den vielen Baukränen beim Facelifting zuzuschauen, liegt Lotte, der Heldin dieses überwiegend auf der Straße mit Handkamera gedrehten Frauenporträts. Im Zugabteil kann sie ihr strapaziöses Thirtysomething-Dasein zwischen Alkohol, Kokain und durchgemachten Nächten für einen kurzen Moment vergessen. Die stets einen Tick zu coole Krankenschwester sucht die Konfrontation mit ihrem Lover und sieht sich unverhofft vor die Tür gesetzt. Das kommt ihr natürlich gelegen, denn der Rollkoffer ist ohnehin ihr bester Freund. Wie gut, dass sie einen weit verzweigten Bekanntenkreis hat, durch den sie sich mit sportlichem Ehrgeiz durchtelefoniert. In einer mit Kühlschrank und Bett ausgestatteten Gartenlaube findet Lotte schließlich eine vorläufige Bleibe. Wenn schon die Schlafstelle gesichert ist, wozu noch arbeiten? Den Job im Krankenhaus erträgt sie nur dank der vielen Zigarettenpausen, schafft es aber auch hier mit ihrer saloppen Arbeitsmoral, die Vorgesetzten gegen sich aufzubringen. Bevor sie rausfliegt, begegnet sie durch puren Zufall ausgerechnet ihrer 15-jährigen Tochter, die seit der Geburt beim Vater aufgewachsen ist. Der Nachwuchs lässt sich fortan nicht abschütteln, bekocht und begleitet sie auf ihren nächtlichen Touren, Drogen und zufälliger Sex inklusive. Das Duo wirkt wie zwei ihre Freiheit über alles stellende Freundinnen, die es den Männern gleich machen wollen, ohne Rücksicht auf Verluste. Da muss schon ein Kasten Bier herhalten, um in einer Wette zu entscheiden, ob nicht nach Jahren der feindseligen Funkstille der Besuch bei der Oma angesagt wäre. Die Tochter erweist sich als die bessere Kampftrinkerin. Der Familienzusammenführung steht nichts mehr im Wege. Ein Drama will diese Skizze einer scheinbar sich selbst genügenden Existenz nicht sein. Karin Hanczewski tariert ihre Mimik zwischen chronischer Wut und Belustigung gekonnt aus, auch über die eigene Figur, die in der Pubertätsschleife aus Unverbindlichkeit und chronischer Grenzüberschreitung hängen geblieben ist. Dass sie irgendwann doch Gefallen an menschlicher Nähe findet und die Tochter nicht mehr gehen lassen will, ist nicht gerade glaubwürdig, zumal die finale Begegnung mit ihrer eigenen Mutter dem Abspann zum Opfer fällt. Diese hat eine ominöse Schuld auf sich geladen, was bedeuten soll, dass eine derart aus dem Rahmen weiblicher Rollenbilder herausfallende Hedonistin nur einem Psycho-Trauma geschuldet sein kann. Die konservative Rückwärtsrolle wäre eigentlich nicht nötig gewesen, in diesem lebensnah getakteten, mit atmosphärischen Inseln einer unwiederbringlich vergehenden Jugend aufgelockerten Generationsfilm, dem man den etwas zähen Erzählfluss aus Dankbarkeit für die unkonventionelle Protagonistin gerne verzeiht.
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