Nachdem jahrzehntelange politische und militärische Auseinandersetzungen den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern nicht zu lösen vermochten, soll ein Fußballspiel entscheiden, welches Volk bleiben darf und welches gehen muss. Bevor die Partie in Lissabon ausgetragen wird, bleibt für zwei mit der Organisation betraute Verbandsfunktionäre viel Arbeit. Aus der absurden Ausgangsidee zaubert die ebenso kluge wie temporeiche Komödie ein Feuerwerk an Pointen und skurrilen Einfällen, die gleichwohl für den realen Alltag im Nahen Osten transparent bleiben.
- Sehenswert ab 12.
90 Minuten - Bei Abpfiff Frieden
Mockumentary | Israel/Deutschland/Portugal 2016 | 87 Minuten
Regie: Eyal Halfon
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Filmdaten
- Originaltitel
- MILHEMET 90 HADAKOT
- Produktionsland
- Israel/Deutschland/Portugal
- Produktionsjahr
- 2016
- Produktionsfirma
- Norma Prod./Gringo Films/ZDF/Das kleine Fernsehspiel
- Regie
- Eyal Halfon
- Buch
- Eyal Halfon
- Kamera
- Daniel Kedem
- Musik
- Ran Shem-Tov
- Schnitt
- Arik Leibovitch
- Darsteller
- Moshe Ivgy (Chairman) · Detlev Buck (Herr Müller) · Norman Issa (Ziad Barguti) · Pêpê Rapazote (Carlito) · Alexandre Barata (Gomes)
- Länge
- 87 Minuten
- Kinostart
- 30.06.2016
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 12.
- Genre
- Mockumentary | Sportfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Sprühende Komödie über eine Fußballspiel, das den Palästina-Konflikt ein für alle Mal beenden soll.
Diskussion
Bill Shankley, ehemals Star-Kicker in Diensten des FC Liverpool, soll über seinen Sport einmal gesagt haben: „Einige Leute halten Fußball für einen Kampf auf Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich versichere Ihnen, dass es weit ernster ist.“ Doch wie wäre es, wenn man diesen Kampf auf dem Rasen, bei dem es eher selten Tote gibt, einmal ganz offiziell in den Dienst einer höheren Sache stellen würde, um einen langwierigen politischen und militärischen Konflikt ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen?
Auf diesen kühnen Gedanken sind Israelis und Palästinenser verfallen: Ein Fußballspiel soll über die Zukunft der Region entscheiden. Der Gewinner bekommt das gesamte Territorium zugesprochen, der Verlierer muss sich irgendwo in der Welt ein neues Plätzchen suchen. Darauf haben sich die Regierungen beider Lager verständigt. Man hat ein Datum ausgeguckt und mit Lissabon auch schon einen neutralen Austragungsort für das Spiel der Spiele gefunden. Mehr ist allerdings noch nicht geklärt.
Auf die beiden Verbandsfunktionäre Chairman (Israel) und Barguti (Palästina) wartet deshalb viel Arbeit. Das beginnt bei den Auswahlkriterien für beide Teams. Ist die jeweilige Staatsangehörigkeit erforderlich, oder sollten angesichts der Bedeutung der Partie nicht auch Exilanten mitspielen dürfen? Was ist mit Iyad Zuamut, dem israelischen Fußballer mit palästinensischen Wurzeln? Und aus welchem Land soll der neutrale Schiedsrichter kommen? Schließlich scheint man sich auf einen Belgier einigen zu können, bis Barguti herausfindet, dass sich dessen Nichte vor ein paar Jahren einmal in einem Kibbuz aufgehalten hat.
Die Idee, dass ein Fußballspiel endgültig über den Nahost-Konflikt entscheiden könnte, ist so absurd wie charmant. Doch was der israelische Filmemacher Eyal Halfon daraus zaubert, ist eine ebenso intelligente wie mitreißende Komödie, in der ein ganzes Feuerwerk skurriler Einfälle abgebrannt wird. Gleichzeitig aber bleibt jede Pointe transparent für den gar nicht so komischen Alltag im Nahen Osten. Wenn israelische Grenzsoldaten den Bus der palästinensischen Kicker stoppen und die mitgeführten Fußbälle zu potenziellen Bomben erklären, ist das von täglichen Grenzschikanen vermutlich gar nicht so weit entfernt.
Darüber hinaus hat der Film noch eine wunderbare Nebenerzählung, in der sich der Manager des portugiesischen Stadions und seine Ehefrau regelmäßig über die Probleme der beiden Kontrahenten wundern. Dem deutschen (!) Trainer der Israelis (herrlich bräsig: Detlev Buck) geht es kaum anders. Weshalb der nur mäßig interessierte Coach erst mal einen Crash-Kurs in jüdischer Geschichte verabreicht bekommt.
Getragen wird die temporeiche Komödie im Look eines Dokumentarfilms jedoch in erster Linie von den beiden Verbandsfunktionären, die sich durchaus sympathisch sind, aber nun mal ihren Job zu machen haben. Wie der Film das Ergebnis des Jahrtausendspiels, auf das er dramaturgisch unweigerlich zusteuert, schließlich verabreicht, ist schlicht genial.
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