Ineinander gelegte Hände, geschlossene Augen. Langsam fährt die Kamera in Großaufnahmen über die Körper der vier jungen, in rote Roben gehüllten buddhistischen Mönche mit kahlgeschorenen Köpfen. Immer wieder verweilt sie auf den Gesichtern und Händen der Jungen. Nach innen gekehrt sind ihre angestrengten Blicke. Sie meditieren und beten. Es ist ein sehr intimer, sehr intensiver Moment.
Brian Perkins beobachtet die Mönche aus Myanmar – sie sind gerade einmal zehn oder elf Jahre alt – genau und ruhig. Ihre Mimik und Gestik ist echt, weil die jungen Laiendarsteller tatsächlich Mönche sind. Und diese Verbindung aus zurückhaltender, sensibler Inszenierung und Authentizität macht den Reiz des Films aus, in dem Wahres und Fiktives eine harmonische Einheit eingehen. Die Geschichte an sich ist unspektakulär: Als der Abt eines Tages seine vier Schüler allein in dem kleinen abgelegenen Kloster im vom Bürgerkrieg gezeichneten Nordosten des Landes verlassen muss, sind diese auf sich allein gestellt. Doch sie verhalten sich nicht so, wie man dies von Kindern in diesem Alter erwarten könnte. Sehr diszipliniert organisieren sie ihr Leben, das von Gebeten und Alltagsroutinen geprägt ist. Als aber auch der Bauer nicht mehr kommt, der sie mit Essen versorgt hat, muss ein Junge sich auf den Weg machen und nach dem Abt suchen.
„Goldenes Königreich“, vor Ort von dem US-Amerikaner Perkins inszeniert, ist ein spiritueller, prächtig fotografierter Film, der ernsthaft und unaufdringlich nach Bildern sucht, in denen sich der Geist des Buddhismus spiegelt. Perkins’ Blick ist dabei nicht kühl dokumentarisch, sondern poetisch. Er zeigt, statt zu erklären, er versucht, ein Gefühl für die Essenz dieser Religion zu vermitteln. Immer wieder zeigt er das rituelle Rezitieren der Zufluchtsformel, mit der die jungen Mönche vor der Buddha-Statue in ihrem Kloster beten, oder die brennenden Kerzen als Sinnbild für den Kreislauf von Leben und Tod. Mit einem Stock schreiben die Kinder in Wasser. Und noch während die Zeichen entstehen, lösen sie sich bereits wieder auf. Alles fließt.
Obgleich diese ruhige, meditative Inszenierung zunächst überhaupt nicht den Erwartungen an einen Kinderfilm entspricht – und „Goldenes Königreich“ ist trotz seiner jungen Protagonisten sicherlich kein Film, der sich ausschließlich an Kinder richtet – gibt es vieles, was ein junges Publikum ansprechen kann. Mustergültig öffnet der Film ein Fenster in eine andere Kultur und Lebensweise, weil er zeigt, wie andere Kinder leben. Über die Geschichten der einzelnen Mönche erzählt er zwar kaum etwas. Dafür gelingt es ihm, ihre Sicht auf die Welt zu veranschaulichen, die bestimmt wird von einem streng, aber nicht belastend wirkenden Glauben sowie von einem Nebeneinander von Alltag und Mythen.
Einen harten Gegenpol zu der friedlichen, in sich geschlossenen Welt der jungen Mönche stellt die politische Lage im Nordosten von Myanmar dar, kämpfen in dieser Region doch seit Jahren Regierungssoldaten gegen Rebellen. So werden auch die Kinder in zwei Szenen mit dem Tod konfrontiert. Erfahrungen, die sich nicht ungerührt lassen, aber nicht ängstigen. Der Bürgerkrieg hat längst seine Spuren hinterlassen. Um dies zu verstehen, müssen die exakten Hintergründe für ein junges Publikum nicht erläutert werden. Doch auch über die quasi-dokumentarischen Aspekte hinaus funktioniert der Film, weil er die Geschichte einer Initiation erzählt. Der junge Mönch, dem der Abt die Verantwortung überträgt, während seiner Abwesenheit auf die anderen Kinder aufzupassen, wächst an seiner schweren Aufgabe. Bald wird er die Nachfolge des Abts antreten dürfen.