Die Bewohner des Dorfes Tamaquito im Norden Kolumbiens besaßen nicht viel, aber es fehlte ihnen an nichts. 30 Familien vom Volk der Wayúu beackerten die fruchtbaren Böden in der Umgebung, fischten im Fluss und gingen in den nahen Wäldern auf die Jagd. Nie hätten sich die Menschen träumen lassen, dass sie einmal Opfer des Energiehungers in Ländern werden könnten, von denen sie bis dahin kaum gehört hatten. Doch inzwischen gibt es das Dorf Tamaquito nicht mehr. Wo es einmal stand, klafft jetzt ein gigantisches Loch, in dem Kohle angebaut wird, die vorwiegend nach Europa exportiert wird. Die Bewohner des Ortes wurden umgesiedelt und leben nicht mehr in selbst gezimmerten Holzbaracken, sondern in soliden Steinhäusern mit Einbauküchen und gekachelten Böden. Doch was von den Betreibern der Mine als Paradies angekündigt worden war, hat sich längst als Alptraum entpuppt. Denn entgegen aller Zusagen funktioniert vor allem die Wasserversorgung bis heute nicht störungsfrei. Und ohne Wasser fehlt den Bauern die wesentliche Grundlage für den Anbau von Früchten. Im Stil einer Langzeitbeobachtung verfolgt der Dokumentarfilm das Schicksal der Dorfbewohner von den Verhandlungen mit den Minenbetreibern über die Umsiedlung bis zu den ersten Monaten in der neuen Heimat, die keine ist. Mit dem jungen Jairo Fuentes, der als Sprecher der Gemeinde fungiert, besitzt der Film einen engagierten Protagonisten, der weiß, dass die Umsiedlung kaum zu verhindern ist, der aber dennoch versucht, das Beste für sein Dorf herauszuholen. Man sieht ihn beim deprimierenden Besuch eines Bürgermeisters, dessen Ort bereits umgesiedelt wurde und einer Betonwüste mit sinnlosen Freizeiteinrichtungen gleicht. Immer wieder sitzt er in ermüdenden Verhandlungen, in denen ihm oft das Blaue vom Himmel versprochen wird. Schließlich unterzeichnet er einen Vertrag, in dem zumindest die ausreichende Versorgung des Dorfes mit Wasser festgeschrieben ist.
Dramaturgisch folgt der Film dem Countdown von den ersten Verhandlungen bis zum Tag der Umsiedlung. Was die Dokumentation von vielen anderen wohlmeinenden Produktionen zum Thema „Globalisierung“ positiv hervorhebt, ist in erster Linie ihre dezidiert filmische Art, in der der deutsche Dokumentarfilmer Jens Schanze immer wieder bewegende Einstellungen und Bilder findet, die allerdings nie in Rührseligkeit abgleiten. Was man vermisst, sind in erster Linie nähere Informationen über die Betreibergesellschaft der Mine oder die Frage, weshalb die Bewohner den offensichtlichen Vertragsbruch nirgendwo einklagen können. So ist man einigermaßen überrascht, wenn Jairo Fuentes am Ende des Films plötzlich auf der Versammlung eines Schweizer Konzerns, zu dem die Mine gehört, erscheint und das Leiden seines Dorfes schildert. Trotz solch kleinerer Mängel ist „Das gute Leben“ ein sehenswerter Dokumentarfilm, der nicht zuletzt deutlich macht, dass kolumbianische Indios auch für die deutsche Energiewende einen hohen Preis zahlen.