Komödie | Türkei 2014 | 106 Minuten

Regie: Hakan Algül

Ein junges Mädchen behauptet sich, unterstützt von seiner Bande, als derb-vulgäre, selbstbewusste Kiez-Größe in seine Wohnviertel. Sein Schneid kommt einer alten Nachbarin zugute, als ein fieser Immobilienhai diese aus ihrer Wohnung mobben will. Die erste Liebe stellt das Kraftpaket allerdings vor ganz neue Herausforderungen. Als weibliche Antwort auf den proletigen Macho-Helden der „Recep Ivedik“-Reihe angelegte Klamotte, die über deren zotigen Humor hinaus mit treffsicheren Pointen, einer sozialen Fairness-Botschaft und einer unkonventionellen weiblichen Heldin glänzt. (O.m.d.U.) - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
DELIHA
Produktionsland
Türkei
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
BKM Film
Regie
Hakan Algül
Buch
Gupse Özay
Kamera
Veli Kuzlu
Musik
Cem Yildiz
Schnitt
Mustafa Gökçen
Darsteller
Gupse Özay (Zeliha) · Derya Alabora (Aysel) · Esin Eden (Großmutter) · Cihan Ercan (Cemal) · Barış Arduç (Cemil)
Länge
106 Minuten
Kinostart
13.11.2014
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Komödie
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Endlich gibt es einen weiblichen Recep Ivedik! Zeliha, sehnsüchtig auf die erste Liebe wartender Teenager, tölpelt und pöbelt mit ähnlich dicker Hose wie ihr männliches Pendant durch ihren Istanbuler Kiez – und reicht dem inzwischen in vier Sequels verlegten türkischen Millionenerfolg des Komiker-Schauspielers Şahin Gökbakar nicht nur das Burlesken-Wasser, sondern überzeugt durch doppeldeutige Situationskomik.

Diskussion
Endlich gibt es einen weiblichen Recep Ivedik! Zeliha, sehnsüchtig auf die erste Liebe wartender Teenager, tölpelt und pöbelt mit ähnlich dicker Hose wie ihr männliches Pendant durch ihren Istanbuler Kiez – und reicht dem inzwischen in vier Sequels verlegten türkischen Millionenerfolg des Komiker-Schauspielers Şahin Gökbakar nicht nur das Burlesken-Wasser, sondern überzeugt durch doppeldeutige Situationskomik. Zeliha, vaterlos aufgewachsen, die Mutter in den Wechseljahren, die Oma an Demenz erkrankt, verhält sich wie ein Junge. Gemeinsam mit ihrer Gang – der genauso kurzsichtigen wie gläubigen (sic!) Havva, der viel zu dicken Jungfer Fatma und dem depressiven Musiker Fevzi – sorgt sie auf ihre Art für Ordnung. Mit tiefer Stimme und ausladendem Gang verschafft sie sich Platz auf der Straße, tauscht mit den Nachbarinnen von Fenster zu Fenster brüllend vulgären Klatsch aus – und träumt insgeheim von der ersten Liebe. Als der gut aussehende Celim gemeinsam mit seinem Bruder Celam aus dem Dorf Şirince anreist, um den seit zwei Jahren leerstehenden Fotoladen zu übernehmen, ist es um Zeliha geschehen. Mit allen Mitteln versucht sie, den jungen Mann mit dem Adonis-Körper zu verführen – vergeblich, doch dafür gewinnt sie die Aufmerksamkeit von dessen Bruder. Ein Plot, der zunächst Klamotte verheißt, und so fängt „Deliha“ denn auch an. Zeliha führt sich dem Zuschauer als Mauerblümchen mit ausgewiesenem Krachleder-Faktor ein, die jedem, der ihr auf der Straße begegnet, erst einmal ein deftiges „oha“ hinterherschmettert. Ein Urlaut, der als weibliche Antwort auf Recep Ivediks testosterongesteuerte Rülpsattacken zu verstehen ist, aber im weiteren Verlauf des Films vor allem fiese Typen wie den skrupellosen Immobilienmakler Faik trifft, der das Viertel gentrifizieren möchte. Wozu zunächst die alte Griechin Efkoptia aus ihrer Wohnung raus soll, was Zeliha mit Einsatz ihres massiven Körpers verhindert. Allerspätestens hier wird der Unterschied der frechen, volksnahen Pointen von „Deliha“ zu den Ivedik’schen Schenkelklopfern deutlich: in „Deliha“ geht es nicht um die bloße Selbstrepräsentation des machistischen Underdogs, sondern um dessen Metamorphose. Der Einsatz für andere Ethnien und soziale Fairness gehört da genauso dazu wie der schlussendliche Erkenntnisgewinn, dass manchmal ein etwas genauerer Blick nötig ist, um die wahre Liebe zu entdecken. Und die findet Zeliha dann schließlich, nach einem fulminanten Roadmovie-Drittel am Ende des Films, im Dörfchen Şirince. Für „Deliha“ – offenbar ist der Titel ein Wortspiel mit dem Rollennamen der Heldin und „Deli“, dem türkischen Wort für „närrisch, überkandidelt“ – tat sich die Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin Gupse Özay mit dem Regisseur Hakan Algül zusammen, der in den letzten Jahren für die „Eyyvah Eyvah“-Komödien verantwortlich zeichnete. Mit denen hat „Delila“ die treffsichere Situationskomik gemeinsam. Auch wenn „Deliha“ bis zum Ende nicht auf schamlos überdrehten Humor verzichtet: der Weg durch den anfänglichen Zotendschungel lohnt sich. Özay alias Zelila, die das Zeug hat, sich als türkische Cindy aus Marzahn in die Herzen des Publikums einzuspielen, und ihrer unkonventionellen Mitstreiterinnen wegen, die sich als weibliche Hooligans erst durch den Kiez, dann durchs ganze Land schlagen. Eine schön überdrehte Klamotte mit Herz.
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