Thou Wast Mild & Lovely

Komödie | USA 2014 | 76 Minuten

Regie: Josephine Decker

Das aufgestaute Begehren einer jungen Frau auf einem abgelegenen Bauernhof in Kentucky findet ein Ventil in einem Saisonarbeiter, bis dessen Frau und Kind auftauchen. Was als ausgelassene, untergründig gewaltsam-düstere Romanze beginnt, mündet in einen blutigen Albtraum. Der mitunter fast experimentelle Film beeindruckt als unkonventionelles Drama des Begehrens, in dem die Grenzen zwischen Liebe und Gewalt, Lyrizismus und Horror, dem Schönen und Schmutzigen fließend sind. Dabei wird die Erzählung durch eine ausgeklügelte Bildsprache unter eine hypersensualistische, erotisch-sexuell aufgeladene Dauerspannung gesetzt. (O.m.d.U.)
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Filmdaten

Originaltitel
THOU WAST MILD AND LOVELY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Third Room Prod./Artless Media/Truckstop Media
Regie
Josephine Decker
Buch
Josephine Decker · David Barker
Kamera
Ashley Connor
Musik
Molly Herron · Jeff Young
Schnitt
Josephine Decker · David Barker · Steven Schardt
Darsteller
Joe Swanberg (Akin) · Sophie Traub (Sarah) · Robert Longstreet (Jeremiah) · Kristin Slaysman (Drew) · Matt Orme (Caren)
Länge
76 Minuten
Kinostart
16.10.2014
Genre
Komödie | Thriller
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Diskussion
In „Thou Wast Mild & Lovely“ von Josephine Decker strebt alles – Mensch, Tier und Natur – nach umfassender Berührung. Da tollen Vater und Tochter mit einem geköpften Huhn im Gras herum, Arme recken sich ekstatisch in den Himmel, ein Frosch wird unters T-Shirt geschoben, weil sich Glitschiges auf der Haut interessant anfühlt, Sex findet auf der Wiese statt, bei den Tieren, mitten im Dreck, Blicke ziehen ihr Gegenüber an sich, saugen es auf. Auch die subjektiv umherschweifende, taumelnde und abrupt sich wegreißende Kamera schnüffelt beständig nach physischem Kontakt, tastet begierig nach Oberflächen, Texturen und Licht. Das Begehren, das in diesen Berührungen liegt – und auch die Geilheit – offenbart sich dabei als ebenso fröhlich und leicht wie abgründig und düster. Hier ist alles gleichzeitig anwesend: Liebe und Gewalt, Lyrizismus und Horror, das Schöne und das Schmutzige. Decker, die aus dem Mumblecore-Umfeld kommt und als Darstellerin einen recht freizügigen Auftritt in „Art History“ von Joe Swanberg hatte, situiert ihren zweiten Spielfilm in einem eher wortarmen Milieu. Auf einer abgelegenen Farm in Kentucky lebt die junge Sarah mit ihrem brummigen Vater Jeremiah zusammen. Die Beziehung ist schwer zu durchschauen. Eine tiefe Verbundenheit ist spürbar, aber auch latente Gewalt; die Geschlechterrollen wiederum sind traditionell verteilt – die Tochter wird zur Küchenarbeit abgestellt. Anfangs imaginiert Sarah aus dem Off die Ankunft eines Liebhabers, wobei unbestimmt bleibt, ob es sich dabei um einen Mann handelt oder die Welt an sich. Das Verlangen ist in diesem Film ausschweifend und entgrenzt. Als der Aushilfsarbeiter Akin den Sommer über die Vater-Tochter-Beziehung erweitert, finden Sarahs unkonturierte sexuelle Energien ein klares Objekt. Der verspannte, grübelnde Akin, selbst ziemlich überfordert mit seinem Begehren und von Joe Swanberg mit viel Druck im Nacken gespielt, geht bereitwillig auf ihr schräges verführerisches Spiel ein; unter anderem beißt sie einem Frosch die Gurgel durch, was erst recht seine Lust entfacht. Dass er zu Hause Frau und Kind hat, verschweigt er. Momente der Ausgelassenheit werden von einer diffusen Bedrohung überschattet, die sich schließlich schockhaft konkretisiert. Die dramaturgische Zuspitzung im totalen Albtraum wirkt allerdings forciert. Beeindruckend ist die Kameraarbeit von Ashley Connor, die die visuelle Syntax und Grammatik noch mal ganz neuartig anzuordnen scheint. Connor arbeitet mit kurzen Tiefenschärfen, oftmals verschwimmt der Hintergrund, die physische Welt löst sich in Andeutungen und Schemen auf. Erst diese Bildsprache versetzt die Erzählung unter eine hypersensualistische, erotisch und sexuell aufgeladene Dauerspannung. Enervierend ist allerdings, dass sich der Film mitunter mit Akins voyeuristischen Blicken gemein macht. Dabei gehört Sarah die Stimme und das letzte Wort.
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