Es ist nur Wasser, doch das ist gigantisch, bedrohlich und faszinierend zugleich. Mit unvorstellbarer Wucht schießen die Wassermassen des Jangtsekiang aus den Schleusen des Xiolangdi-Staudamms in China. Mehrere Minuten lang rauscht, donnert und tost es, ohne dass sich die Kamera bewegt. Hin und wieder kommen Touristen ins Bild, die für ein Erinnerungsfoto an der Schutzmauer posieren. Wobei ihr Lächeln einen unwirklichen Kontrast zu dem gewaltigen Schauspiel direkt hinter ihnen bildet. Wenig später dann das totale Kontrastprogramm: wüstenartiges Ödland unter gleißender Sonne. Die Furchen im Boden deuten an, dass hier irgendwann einmal Wasser geflossen ist. Man sieht das einst mächtige Mündungsdelta des Colorado River in Mexiko. Eine alte Frau erinnert sich an großen Fischreichtum und blühende Felder. Doch der Fluss, der den gewaltigen Grand Canyon schuf, schafft es schon lange nicht mehr bis zum Meer. Sein Wasser versiegt mehre Kilometer vor der Küste. Was keiner Laune der Natur, sondern Menschenwerk geschuldet ist. Im Süden der USA hat man in den letzten Jahrzehnten gigantische Felder angelegt, auf denen ohne das Wasser aus dem Colorado rein gar nichts wachsen würde.
Das sind zwei von insgesamt 20 über den gesamten Globus verteilten Orten, die Jennifer Baichwal und Edward Burtynsky für ihre dokumentarische Hommage an das Wasser aufgesucht haben. Vor etlichen Jahren hat das Duo bereits „Manufactured Landscape“ (2005) gedreht. Ein Film, der vor allem durch ungewöhnliche Perspektiven auf menschliche Artefakte bestach. „Watermark“ funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip. Man könnte einige Sequenzen wie die imposanten Fontänen in Las Vegas oder den Einsatz von Wasser in den Färbereien von Bangladesch durchaus als Mahnung gegen Verschwendung und Vergiftung von Wasser verstehen, doch Ökologie spielt allenfalls eine untergeordnete Rolle. Ähnliches gilt für gelegentlich eingestreute historische Informationen wie etwa zum Bau des Los-Angeles-Aquädukts. Den Filmemachern ist es in erster Linie um die Faszination des Wassers in allen erdenklichen Formen zu tun, wobei ihr Interesse stets auch ein ästhetisches ist. Edward Burtynsky ist von Haus aus Fotograf, der sich mit künstlerischen Naturbildern einen Namen gemacht hat. Zum Thema „Wasser“ veröffentlichte er einen opulenten Bildband; quasi das Buch zum Film. Dass man ihn im Film bei der Auswahl der Bilder mit seinem deutschen Verleger sieht, mutet denn auch eher wie eine PR-Maßnahme an.
Dagegen besticht die Produktion über weite Strecken durch Bilder, die vor allem bei Luftaufnahmen von berückender Schönheit sind. Ob ein ausgetrocknetes Mündungsdelta wie ein Ölgemälde erscheint, uniforme Bungalow-Siedlungen auf künstlichen Halbinseln wie groteske Postkartenmotive anmuten oder die kreisförmigen Felder im Süden der USA wie ein gigantisches Mosaik daherkommen: stets liefert der unkommentierte Film Sequenzen von atemberaubender Schönheit, die geradezu etwas Meditatives haben.