Halberwachsene Aufreißer, naive Mädchen, enttäuschte Hoffnungen und Liebesschmerz hatte Regisseur Josh Radnor mit seinem College-Film keineswegs im Sinn. Statt komödiantischem Teenie-Trash kreist sein überraschend unaufgeregter Genrefilm liebevoll um existenzielle Fragen und nicht zuletzt um die richtige Kunst zu leben.
Von der Freundin herausgeworfen und ohne Perspektive kehrt Jesse (Radnor selbst) an seine alte Universität Kenyon College zurück, um dort die Emeritierung seines ehemaligen Professors zu feiern. Was als flüchtiger Besuch beginnt, wird zum Auftakt einer verspäteten Selbstfindung. Als ihm die schöne Zibby (Elizabeth Olsen) den Kopf verdreht, durchflutet den 35-jährigen Sinnsucher der erneuernde Duft der Jugend. Zwar kehrt er vorläufig nach New York zurück, bleibt der jungen Studentin aber gedanklich verbunden.
Unterlegt mit klassischen Melodien von Brahms bis Mozart schildert der Film fortan die intensive Briefkorrespondenz zweier Liebender über Kunst, Philosophie und tiefe Gefühle. Radnor zeigt, wie geistige Verbundenheit nicht nur Musen hervorbringt, sondern wie Liebe zum Ort gegenseitiger Inspiration werden kann. Durchläuft Jesse nunmehr mit konzertanter mp3-Klangkulisse das für ihn bislang triste New York, zeigt sich die Großstadt auf einmal in poetischer Erhabenheit, die sich voll und ganz auf den Zuschauer überträgt. Der urbane Boulevard wird zum sinnlichen Kunsterlebnis. Doch das Märchen findet auch sein Ende: Als Zibby auf eine Beziehung drängt, bricht das Band. Schmerzlich muss der nachdenkliche Zauderer begreifen, längst in einer anderen Lebensphase angekommen zu sein.
Während sich halbgare College-Filme zumeist in komödiantisch verzerrten Adoleszenzgeschichten und jugendlichen Kapriolen ergehen, begreift „Liberal Arts“ Identitätsfindung als lebenslanges Projekt. Zwischen Coming-of-Age und Midlife-Crisis verhandelt Radnor hier in leichtfüßiger Manier die innere Spannung zwischen Jugendtraum und dem eigenen Altern.
Sympathisch wirkt dieses unaufgeregte Drama nicht zuletzt durch die fragilen, stets mit sich selbst ringenden, dann aber wieder in Momenten des kurzzeitigen Glücks aufgehenden Figuren. So wird man einer liebevollen Romanze gewahr, die schlussendlich zwar nicht bestehen bleibt, dafür aber ein stimmiges Seelenporträt voller Lebenserfahrung und Freiherzigkeit liefert.