Die wenigen hundert Zuschauer, die sich in den letzten Wochen in die Kinoauswertung von „Der Zauberer von Oz 3D“ verirrten, sind absolut nicht repräsentativ für die Bedeutung dieses wunderbaren Filmklassikers und seiner sensationellen Wiederaufführung. Man könnte freilich darüber unken, dass Warner Bros. anlässlich des 75. Geburtstags des Films für den deutschen Start nicht mehr als eine Handvoll DCP-Kopien vorgesehen hat. In den USA wurde die 3D-Version von Victor Flemings Kinderbuch-Adaption mit einem groß angelegten IMAX-3D-Happening gestartet – und lockte prompt eine halbe Million Zuschauer in die Kinos.
Dabei war die Konvertierung des Fantasy-Musical eine ebenso „künstliche“ Angelegenheit wie etwa die von James Camerons „Titanic“ oder Disneys „Der König der Löwen“. 16 Monate wurden dafür gebraucht, um das Filmmaster in 8K zu scannen die plastische Dreidimensionalität der Bilder quasi Frame für Frame herauszuschälen. Verantwortlich war dafür die Firma „Prime Focus“, die sich jüngst bei Baz Luhrmans „The Great Gatsby“ und Alfonso Cuaróns „Gravity“ auszeichneten und insgesamt über 1300 Spezialisten in Los Angeles und Mumbai verfügt. Sie konnten sich dabei bereits auf die Restaurierungsarbeiten stützen, die anlässlich der Blu-ray-Ausgabe des Films 2009 zum 70. Jubiläum des Films ins Werk gesetzt wurden.
Das ist eine Menge Aufwand für einen Film aus dem Jahr 1939, der von Sam Raimi in einer genuinen 3D-Blockbusterproduktion gerade wiederbelebt wurde. Doch der Aufwand hat sich dennoch gelohnt. Durch die stereoskopische Behandlung wird der teilweise schwarz-weiße, teilweise in Dreistreifen Technicolor gedrehte Film nicht etwa künstlicher, über die Maßen weich gezeichnet oder dem Charme der alten Zeit beraubt. Er erstarkt vielmehr zu neuem Leben, weil die 3D-Konverteure allzu große Verformungen der Gesichter vermieden und sich auf die Staffelung der Bildelemente im Raum konzentriert haben. Die dreidimensionale Variante der Geschichte der kleinen Dorothy auf der wundersamen Reise in ihre eigene Imagination ist mehr als eine Millionen Dollar schwere Luxusspielerei. Sie ist vielmehr der Beweis dafür, dass man durch den verantwortungsvollen Umgang mit einer neuen Technik Altes sehr wohl bewahren kann. Denn egal ob in 2D oder 3D, im Kino oder zuhause: Die roten Schuhe von Dorothy werden weiterhin funkeln.