Drama | Deutschland 2013 | 115 (24 B./sec.)/110 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Kilian Riedhof

Ein alter Marathonläufer, der 1956 in Sydney olympisches Gold gewann, will sich mit der müden Routine seines Lebens in einem Altersheim nicht abfinden. Seine Idee, am Berlin-Marathon teilzunehmen, steckt bald andere an, die sich ihrerseits emanzipieren, was nicht ohne Widerstand bleibt. Betont "großes", mitunter auch zu dick aufgetragenes, dabei aber bis in die Nebenrollen glänzend besetztes Unterhaltungskino, das aufmerksam die Befindlichkeiten seiner Protagonisten einfängt. Anrührend erzählt es die Liebesgeschichte zweier alt gewordener Eheleute und handelt davon, wie man auch im Alter seine Würde bewahrt. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Neue Schönhauser Filmprod./BR/ARD Degeto/ARTE/Universum Film/Arri Film & TV
Regie
Kilian Riedhof
Buch
Marc Blöbaum · Kilian Riedhof
Kamera
Judith Kaufmann
Musik
Peter Hinderthür
Schnitt
Melanie Margalith
Darsteller
Dieter Hallervorden (Paul Averhoff) · Tatja Seibt (Margot Averhoff) · Heike Makatsch (Birgit Averhoff) · Frederick Lau (Tobias) · Katrin Saß (Rita)
Länge
115 (24 B.
sec.)
110 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
10.10.2013
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Die Editionen (DVD & BD) enthalten eine Audiodeskription für Sehbehinderte. Die Extras umfassen u.a. einen Audiokommentar mit Dieter Hallervorden und Kilian Riedhof sowie einen Audiokommentar mit Kilian Riedhof, Marc Blömbaum und Peter Hunderthür. Des Weiteren sind längere Interviews mit den Darstellern Dieter Hallervorden (11 Min.), Heike Makatsch (9 Min.), Frederick Lau (9 Min.) und Regisseur Kilien Riedhof (10 Min.) enthalten. Die Editionen sind mit dem Silberling 2014 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Universum (16:9, 2.35:1, DD5.1 dt.)
Verleih Blu-ray
Universum (16:9, 2.35:1, dts-HDMA dt.)
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Diskussion
Vor knapp 60 Jahre gewann Paul Averhoff olympisches Gold, 1956, beim Marathon in Sydney. Damit wurde er zum Idol seiner Generation, die sich gleichfalls durchbeißen musste. Heute ist dieser Ruhm lange verblasst. Paul und seine Frau Margot sehen sich aus gesundheitlichen Gründen genötigt, in ein Pflegeheim ziehen. Doch Paul eckt ständig an, denn hier herrscht Routine und Pflegenotstand; die Senioren werden mit Singkreis und Bastelstunde mehr schlecht als recht durch Tag und Jahr gebracht. So alt aber fühlt sich Paul nun doch noch nicht, dass er im stark reglementierten Heimalltag auf das Ende warten will. Als er auf die Idee verfällt, noch einmal den Berlin-Marathon zu laufen und mit den Training beginnt, wird er von seinen Mitbewohnern belächelt, aber auch als Störenfried angefeindet. Denn so mancher hat sich vom Trott im Heim schon sedieren lassen. Aber Paul kann ein rechter Sturkopf sein, zumal ihn Margot beim Training unterstützt. Als sich herumspricht, mit wem man es hier zu tun hat, blühen die Mitbewohner regelrecht auf und emanzipieren sich ihrerseits. Pauls Kampf um seine Würde trifft auf Widerstand, aber auch auf Solidarität. Plötzlich scheren einige Menschen aus: der junge Pfleger, die verbitterte Alte, der Trinker. „Sein letztes Rennen“ von Kilian Riedhof ist betont großes, gegen Ende mitunter auch (zu) dick aufgetragenes Befindlichkeitskino, das mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen will. Der Läufer Paul formuliert das wohlfeil: „Wer stehen bleibt, hat schon verloren!“ Der Film erzählt die anrührende Liebesgeschichte zwischen Partnern, die ein Leben miteinander geteilt haben. Er erzählt aber auch von der Entfremdung zwischen den Generationen, von der Unvereinbarkeit des Berufslebens mit einem generationenübergreifenden Familienalltag. Er erzählt von Disziplinierung durch einen starren Tagesablauf, von Pflegern, die ihre eigenen Probleme auf das Leben projizieren. Nicht zuletzt bedient sich die Inszenierung unverhohlen beim Klassiker „Einer flog übers Kuckucksnest“ (fd 19 710), wobei Paul eine etwas weniger dramatische Variante von McMurphy spielt, während die Therapeutin Frau Müller die Rolle der Schwester Rached übernommen hat. Der Film drückt sich auch nicht um ein paar Schattenseiten der Geschichte, zumal dann, wenn Paul sich nach einem Schicksalsschlag aus der großen Trauer und Depression herauslaufen muss. Was ihm nur dank seiner Mitbewohner auch gelingt. Der Film ist bis in die Nebenrollen glänzend besetzt, insbesondere Katharina Lorenz als vom Leben überforderte Therapeutin liefert ein polemisches Glanzstück zwischen Trauer und Aggression. Didi Hallervorden, der hier nach langer Zeit als Paul Averhoff wieder in einer ernsten Rolle zu sehen ist, präsentiert die Hinfälligkeit seines gealterten Körpers in bewundernswerter Weise. Dass er auch entschieden anders kann als „Nonstop Nonsens“, weiß man seit seinen Auftritten in Filmen wie „Das Millionenspiel“ (1970) oder „Der Springteufel“ (f1974) erinnern. Was aber nicht heißt, dass er sich nicht doch die eine oder andere bissig-komische Miniatur gönnt. Die entschiedene, unmissverständliche Protest-Haltung, von der aus er seine Figur entwirft, ist unverkennbar authentisch Hallervorden.
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