Eine junge IRA-Aktivistin wird nach einem gescheiterten Anschlag vom britischen Geheimdienst erpresst, künftig als Spitzel für den MI5 zu arbeiten. In dunklen, glanzlosen Farbtönen und sparsamen Dialogen erzählt der Film intensiv von den zersetzenden Kräften des Misstrauens, von familiärem Druck und einem Dasein im Schatten, wobei er Konzentration und Spannung vor allem aus einer sorgsamen Rauminszenierung sowie dem undurchdringlichen Spiel von Andrea Riseborough bezieht. Ein packender Psychothriller, der die Gewissenskonflikte und das moralische Dilemma seiner Protagonistin miteinbezieht. (O.m.d.U.)
- Sehenswert ab 14.
Shadow Dancer (2012)
Psychothriller | Großbritannien/Irland/Frankreich 2012 | 101 (24 B./sec.)/97 (25 B./sec.) Minuten
Regie: James Marsh
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- SHADOW DANCER
- Produktionsland
- Großbritannien/Irland/Frankreich
- Produktionsjahr
- 2012
- Produktionsfirma
- Unanimous Ent./Element Pic./Wild Bunch
- Regie
- James Marsh
- Buch
- Tom Bradby
- Kamera
- Rob Hardy
- Musik
- Dickon Hinchliffe
- Schnitt
- Jinx Godfrey
- Darsteller
- Andrea Riseborough (Collette) · Clive Owen (Mac) · Brid Brennan (Ma) · Aidan Gillen (Gerry) · Domhnall Gleeson (Connor)
- Länge
- 101 (24 B.
sec.)
97 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 05.09.2013
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Psychothriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Der Prolog erzählt die Genese einer politischen Radikalisierung als Kindheitstrauma. Colette, ein etwa zwölfjähriges Mädchen, ist ganz in ihre Beschäftigung versunken; sie fädelt bunte Perlen zu einer Kette. Als der Vater sie bittet, Zigaretten zu holen, schickt sie stattdessen den jüngeren Bruder, für den dieser Gang tödlich endet – bei einem Schusswechsel zwischen der IRA und britischen Sicherheitskräften wird er auf den Straßen von Belfast erschossen. 1993, zwanzig Jahre später, ist Colette Mitglied der IRA, ebenso wie ihre Brüder Gerry und Connor McVeigh. Wo genau ihre politische Überzeugung endet und der familiäre Druck anfängt, belässt Regisseur James Marsh bewusst in einer Grauzone. Deutlich hingegen wird, dass die Familie trotz vorhandener Wärme und Nähe nicht wirklich als Schutzraum fungiert, sondern fest in den Herrschafts- und Kontrollapparat der IRA eingesponnen ist, deren „Säuberungsaktionen“ auch vor Familienmitgliedern nicht Halt machen (und sich bei ihren Foltermethoden auch des Waterboardings bedient).
Historisch ist es die Phase des beginnenden Ablebens der IRA: die Friedensverhandlungen sind weit fortgeschritten, zu Anschlägen kompromissunwilliger Aktivisten kommt es jedoch nach wie vor. Als Colette bei einem misslungenen Anschlag in der Londoner U-Bahn vom britischen Inlandsgeheimdienst verhaftet wird, steht sie vor der Wahl, entweder als Informantin zu kooperieren oder für 25 Jahre ins Gefängnis zu gehen und damit ihren kleinen Sohn nicht mehr zu sehen. Nach einigem Widerstand willigt Colette ein – mit gravierenden Konsequenzen nicht nur für ihre eigene Sicherheit.
In dunklen, glanzlosen Farbtönen und sparsamen Dialogen erzählt „Shadow Dancer“ von den zersetzenden Kräften des Misstrauens. Seine Konzentration und Spannung gewinnt der Film vor allem durch eine sorgsame Rauminszenierung und dem undurchdringlichen Spiel von Andrea Riseborough. Im Zentrum stehen das prekäre familiäre Gefüge im Haus McVeigh sowie die auch erotisch unterlegte Dynamik zwischen Colette und dem M15-Mitarbeiter Mac. „Man muss um seinen Mann kämpfen“, sagt er einmal zu einem Kollegen, als er merkt, dass seine Informantin geopfert werden soll. Seine Beziehung zu Colette umfasst schließlich mehr als nur den Gewinn von Informationen, sie zieht einen Schutzauftrag nach sich, den aufrecht zu erhalten Mac nur durch Regelverletzungen gelingt.
„Shadow Dancer“ bezeichnet eine Geheimakte über die Familie McVeigh, die den Codenamen eines weiteren Spitzels enthält. Der Titel umkreist aber auch die Begleiterscheinungen einer Existenz im Untergrund. Vorhänge versperren Blicke nach draußen, die Wohnungen sind abgedunkelt, Gegenstände werden versteckt, heimliche Telefonate geführt, Ausreden und Lügen bestimmen die Kommunikation. Alles andere als ein Tanz: Es ist ein Ringen um Unsichtbarkeit, ein gefährliches Schlittern im Schattenreich.
Kommentar verfassen