Sâdhu - Auf der Suche nach der Wahrheit

Dokumentarfilm | Schweiz 2012 | 91 Minuten

Regie: Gaël Métroz

Der Dokumentarist Gaël Métroz trifft im Himalaya auf einen seit acht Jahren in einer Höhle lebenden "Heiligen", freundet sich mit ihm an und begleitet ihn auf seiner Pilgerfahrt zum größten Fest des Hinduismus an den Ufern des Ganges. Doch die Suche nach der Wahrheit geht weiter, auch weil der Protagonist eine innere Zerrissenheit zwischen säkularer und spiritueller Welt verspürt. Mit faszinierenden Landschaftsbildern unterfüttertes, essayistisches Road Movie zum Thema Selbstfindung, das vom Zuschauer das Einlassen auf eine fremdartige Welt einfordert und ihn mit denselben offenen Fragen zurücklässt, die auch den Protagonisten an seiner Befähigung zum "Heiligen" zweifeln lassen. (Teils O.m.d.U.) - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
SÂDHU - AUF DER SUCHE NACH DER WAHRHEIT
Produktionsland
Schweiz
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Tipi'mages Prod.
Regie
Gaël Métroz
Buch
Gaël Métroz
Kamera
Gaël Métroz
Musik
Julien Pouget · Suraj Baba
Schnitt
Thomas Bachmann
Länge
91 Minuten
Kinostart
22.08.2013
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Diskussion
Schon einmal begab sich der Schweizer Dokumentarist Gaël Métroz auf eine außergewöhnliche Spurensuche. Er reiste 2008 die Route seines Landsmannes Nicolas Bouvier nach, der sich in den 1950er-Jahren mit einem Fiat Topolino auf den Weg nach Sri Lanka machte („Land der Nomaden“). Jetzt hat er sich – ohne Crew – an die Fersen eines „Heiligen“ geheftet und ihn mehrere Monate durch Indien begleitet. Nach acht Jahren völliger Isolation in einer Höhle in der Nähe der Ganges-Quelle im Himalaya begibt sich Suraj Baba auf eine Pilgerreise. Beim Kumbh Mela Fest, dem größten Fest des Hinduismus, das Millionen Gläubige am Ufer des Ganges zusammenführt, will er sich den anderen Sâdhus anschließen. Doch der geschäftige Rummel um die Pilgerstätte ernüchtert ihn – und er macht sich wieder alleine auf die Suche nach der Wahrheit, hofft sie am Heiligen See in Nepal zu finden. „Ich war der erste Freund, den er in acht Jahren hatte“, sagt Métroz, der nie selbst im Bild zu sehen ist, einmal in seinem Off-Kommentar. Und genau so, wie sich die beiden langsam einander angenähert haben, muss man auch als Zuschauer bereit sein, sich auf ein Sujet einzulassen, das Geduld beim Hinsehen einfordert und von Spiritualität durchdrungen ist. Suraj Baba erscheint wie ein Wanderer zwischen zwei Welten („Bin ich ein Sâdhu oder ein menschliches Wesen?“ ), will keine Tempel und Klöster mehr besuchen, sucht nach etwas „Konkreterem“. Äußerlich dem Klischee des langbärtigen, asketischen, von Almosen lebenden Pilgers entsprechend, gibt sich der „Heilige“ aber auch der säkularen Welt hin, liest Hermann Hesse, komponiert und spielt auf seiner Akustik-Gitarre Liebes-sehnsüchtige Folk-Songs à la Cat Stevens, die er in Bars oder bei seinen mildtätigen Gastgebern zum Besten gibt. Und er lässt sich von den selbsternannten Elite-Gurus zwar Ratschläge geben („Wer zu viel schläft, ist ein Unbewusster! Schlaf weniger, beobachte mehr“), hinterfragt aber gleichzeitig deren vorgebliche Allwissenheit und ihr Konkurrenzverhalten untereinander. So wird Suraj Baba auf seiner Suche nach der Wahrheit wieder auf sich selbst zurückgeworfen – und mit ihm der Zuschauer, dem Métroz durch seinen essayistischen Stil und die skizzenhaften Gespräche zwischen den „Wandergesellen auf Zeit“ viele Interpretationsmöglichkeiten offen hält. Wer die Geduld aufbringt, diese religiösen, gesellschaftlichen und psychologischen Puzzle-Stücke zu einem – immer noch unfertigen – Bild zusammenzusetzen, wird am Ende mit jenem berührenden Abschiedsschmerz das Kino verlassen, der Suraj Baba überkommt, als er den liebgewonnenen Freund seines Weges schickt, um den eigenen, vielleicht letzten, gehen zu können.
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