Frances lebt als Tänzerin ohne festes Engagement in New York. Einmal studiert sie mit ihrer Tanzgruppe eine Choreographie ein, die eigentlich sehr nach konventionellem Modern Dance aussähe, wären da nicht diese seltsam linkischen Momente, die in den Bewegungsfluss etwas Unpassendes, geradezu Hampeliges einschleusen. „Ich mag Dinge, die wie Fehler aussehen“, sagt Frances dazu – ein Satz, der auch auf ihr Leben zuzutreffen scheint. Frances, die mit Nachnamen natürlich nicht „Ha“ heißt (auch das eine kleine, charmante Panne), schlägt sich vor allem mit ihrer prekären Existenz herum, die nicht Armut genannt werden darf, weil die Widersprüche doch zu groß sind: Für ein Wochenende in Paris ist irgendwie Geld da, für eine Kinokarte eher nicht. Ansonsten geht Frances völlig in der Beziehung zu ihrer Mitbewohnerin Sophie auf – eine Frauenfreundschaft, die alles hat, was den sogenannten Liebesverhältnissen fehlt: Lebendigkeit, Witz, Entspanntheit und Intimität.
Dann aber verändern sich die Dinge um Frances herum. Sophie wird Lektorin bei einem großen Verlagshaus und zieht ins teure Tribeca, später folgt sie ihrem Verlobten nach Japan. Frances scheint hängenzubleiben, sie schlingert und stolpert, wobei ihr vereierter Tanz zwischen Lebensentwurf und Wirklichkeit durch diverse Orts- und Stadtteilwechsel strukturiert wird: Prospect Heights in Brooklyn, eine Hipster-WG in Chinatown, Weihnachtsurlaub bei den Eltern in Sacramento, ein vermurkster Paristrip, ihr altes College in Poughkeepsie, in das sie vorübergehend zum Geldverdienen zurückkehren muss, schließlich ein eigenes Apartment in Washington Heights.
„Frances Ha“, in Schwarz-Weiß und mit kleinem Budget unter der Regie von Noah Baumbach – eigentlich eher ein Spezialist für misanthrope Typen – nach einem gemeinsam mit Greta Gerwig geschriebenen Drehbuch gedreht, verweist immer wieder ganz explizit auf die Filmgeschichte (u.a. Woody Allens „Manhattan“, fd 22 160, oder das Kino der Nouvelle Vague), fängt aber auch einen Ausschnitt realer New Yorker bzw. großstädtischer Gegenwart ein. Allerdings geht es hier weniger um Zeitdiagnose oder ein Generationenporträt (bürgerlicher Hintergrund, gut ausgebildet, unterbeschäftigt) – das alles passiert eher so nebenbei –, als darum, einer Figur und Darstellerin eine Bühne zu errichten. Greta Gerwig, deren Anfänge als Schauspielerin in der Mumblecore-Bewegung liegen, verzaubert nach Whit Stillmans „Damsels in Distress“ erneut durch ihre seltsam verrutschte, breitschultrige Weiblichkeit. In einer Szene rennt Frances mit dicker Lederjacke und schwerem Rucksack zu David Bowies „Modern Love“ durch die Straßen Brooklyns, macht Sprünge über Bürgersteige und Zebrastreifen und dreht dabei Pirouetten – eine unvergleichliche Mischung aus Schluffigkeit und Energie, Klobigkeit und Anmut.