Ein Mann um die Mitte 30 hat seine Frau verloren. Er und seine Tochter im Teenager-Alter trauern, können sich in ihrer Sprachlosigkeit aber kaum gegenseitig helfen. Die Großmutter kämpft derweil mit ihrer eigenen Krebsdiagnose. Ein sensibler, mit bemerkenswerter Leichthändigkeit inszenierter und gespielter Ensemble-Film über Trauerprozesse, der gleich drei Generationen im Blick hat und sich einfühlsam und unverkrampft seinem schwergewichtigen Thema annimmt. Dabei überzeugt er durch glaubwürdig gezeichnete Figuren und komische Spitzen gegen den Umgang der Gesellschaft mit dem Tod. (Kinotipp der katholischen Filmkritik)
- Sehenswert ab 14.
Das Leben ist nichts für Feiglinge
Tragikomödie | Deutschland/Dänemark 2012 | 97 (24 B./sec.)/93 (25 B./sec.) Minuten
Regie: André Erkau
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland/Dänemark
- Produktionsjahr
- 2012
- Produktionsfirma
- Rive Filmprod./Senator Film/WDR/ARTE
- Regie
- André Erkau
- Buch
- Gernot Gricksch
- Kamera
- Ngo The Chau
- Musik
- Steffen Kahles · Christoph Blaser
- Schnitt
- Claudia Wolscht
- Darsteller
- Wotan Wilke Möhring (Markus Färber) · Helen Woigk (Kim Färber) · Christine Schorn (Gerlinde Färber) · Frederick Lau (Alex) · Rosalie Thomass (Paula)
- Länge
- 97 (24 B.
sec.)
93 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 18.04.2013
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Tragikomödie | Literaturverfilmung
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Eine Beerdigung im Regen, dazu ohrenbetäubend düsterer Gothic-Sound. Er dröhnt aus Kims Kopfhörern; und eigentlich steht Kims Vater ähnlich betäubt wie seine schwarz geschminkte Tochter Kim am Grab seiner Frau: Durch einen bizarren Unfall ist diese ums Leben gekommen. André Erkaus „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ wagt etwas, was fürs deutsche Kino ungewöhnlich ist: Eine Tragikomödie der Zwischentöne, kein Arthouse-Kino sondern schon eher die große Unterhaltung. Das Drehbuch hat der Autor Gernot Gricksch geschrieben, nach seiner eigenen, gleichnamigen Romanvorlage. Gricksch ist nun nicht gerade ein Name, mit dem sich gelungene Kinokomödien assoziieren: Leander Haußmanns „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“ (2008, Drehbuch und Romanvorlage) und Sönke Wortmanns „Hochzeitsvideo“ (2012, Drehbuch) sind ziemlich harm- und witzlose Konstrukte, inszeniert nach gängigem Muster. Große Unterhaltung und deutsche Komödie scheinen im Ergebnis eben meist zu bedeuten: Figuren, jedem Anklang an die Realität vollkommen enthoben, gerinnen zu Abziehbildern, ein Klischee löst das nächste ab; Pointen werden bis zur Unkenntlichkeit erläutert oder sind gleich so platt, dass bestimmt keiner lacht. Dies gilt aber nicht für „Das Leben ist nichts für Feiglinge“! Die Figuren sind weder eindeutig noch eintönig, sie entwickeln sich und werden von den Schauspielern – Wotan Wilke Möhring, Helen Woigk und Christine Schorn in den Hauptrollen – sensibel interpretiert. Die Komik ist ebenso wenig brachial und wirkt im Film tatsächlich dem (Weiter-) Leben abgerungen, insbesondere in den Momenten, in denen sich der hilflose Umgang der Gesellschaft mit Tod und Trauer artikuliert: Ein grotesker Dialog im Reisebüro etwa dreht sich um die bürokratische Unmöglichkeit, eine Reise zu stornieren, die vor dem überraschenden Tod gebucht wurde. „Das Leben ist nichts für Feiglinge“ ist ein Ensemblefilm, der drei Generationen im Blick hat: Tochter, Vater und Großmutter. Letztere wird, kurz nach dem Tod ihrer Schwiegertochter, mit dem eigenen Sterben konfrontiert: Bei ihr wird Krebs diagnostiziert. Sie verheimlicht jedoch diese Diagnose vor ihrem Sohn, der seine Gefühle verdrängt, und der Enkeltochter, die sich im Gruftie-Outfit in ihrem Zimmer vergräbt und Textnachrichten an die tote Mutter schreibt. Mit Tod, Trauer, Sterben und Abschiednehmen beschäftigt sich der Film also auf mehreren Ebenen – mit bemerkenswerter Leichtigkeit.
In seinem Debüt „Selbstgespräche“, zu dem André Erkau auch das Drehbuch geschrieben hat, geht es, episodisch, um die Mitarbeiter eines Callcenters. Hier hält sich der ausgebildete Schauspieler ebenfalls fern von Abziehbildern, findet die Balance zwischen Laut und Leise, die eine Tragikkomödie braucht, und er weiß sein Ensemble klug zu inszenieren. Vater und Tochter sind nach dem Tod der herzlichen, verbindlichen Mutter damit konfrontiert, dass sie eigentlich keine Verbindung zueinander haben; ihnen fehlen die Worte und das Verständnis füreinander, auch deshalb, weil man dann ja über Tod und Trauer sprechen müsste, mithin den Schmerz zulassen. Die bedrückende Sprachlosigkeit zeigt sich auch formal: Wesentlich spielt der Teil des Films, der sich um die Vater-Tochter-Beziehung dreht, in der dunklen Enge der familiären Wohnung. Plötzlich springt der Anrufbeantworter an, und die fröhliche Stimme der Mutter hallt durch den Gang und prallt an geschlossene Türen. Eine Annäherung macht erst Kims Befreiungsschlag möglich, sie haut ab, nach Dänemark, wo die Familie im Urlaub glücklich war. Dort ist es stürmisch und kalt. Aber das Meer und der Himmel sind weit.
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