Ein Arzt, eine Krankenschwester und ein Fahrer in einem Ambulanzwagen sind unterwegs in der bulgarischen Hauptstadt Sofia. Leben zu retten ist ihr Job, doch oft kommen sie zu spät. Ein packender Dokumentarfilm, der durchgängig im Inneren des Ambulanzwagens spielt. Die Kamera schaut vom Armaturenbrett aus auf das Geschehen, das neben den spröden Bildern nur durch O-Töne, Dialoge und Außengeräusche konturiert wird. Kein Kommentar, keine Musik. Ein mutiges, konsequent umgesetztes und überzeugendes filmisches Konzept. (O.m.d.U.)
- Sehenswert ab 14.
Sofias letzte Ambulanz
Dokumentarfilm | Bulgarien/Deutschland/Kroatien 2012 | 80 (24 B./sec.)/77 (25 B./sec.) Minuten
Regie: Ilian Metev
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Filmdaten
- Originaltitel
- POSLEDNATA LINEIKA NA SOFIA
- Produktionsland
- Bulgarien/Deutschland/Kroatien
- Produktionsjahr
- 2012
- Produktionsfirma
- Sutor Kolonko/Nukleus Film/SIA/Chaconna Films/Impact Partners/WDR
- Regie
- Ilian Metev
- Buch
- Ilian Metev
- Kamera
- Ilian Metev
- Schnitt
- Betina Ip · Ilian Metev
- Länge
- 80
(24 B.
sec.)
77 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 14.03.2013
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Sie sind zu spät dran. Mal wieder. Vier Stunden sind seit dem Eingang des Notrufs in der Zentrale vergangen; nun ist der Patient tot. Dem Notarzt Krassi, der Krankenschwester Mila und dem Fahrer Plamen bleibt nur noch, sich bei den Angehörigen zu entschuldigen und ihnen ihr Beileid auszusprechen. Auch wenn sie keinerlei Schuld an dieser Tragödie tragen. Schließlich sind sie nur eines von lediglich 13 Notarzt-Teams, die mit ihren klapprigen Krankenwagen für die 1,2 Millionen Einwohner von Sofia im Einsatz sind. Früher waren es mal 133 Teams. Doch „früher“ ist in Bulgarien lange her.
Zwei Jahre lang hat der Dokumentarfilmer Ilian Metev das Trio bei seiner aufopferungsvollen Sisyphusarbeit mit der Kamera begleitet. Mit jenen sensationslüsternen Blaulicht-Reportagen, mit den Fernsehsender auf Quotenfang gehen, hat dieser Film nichts gemein. Fast die ganze Zeit über bleibt die Kamera im Inneren des Ambulanzwagens – von außen bekommt man das Gefährt nie zu sehen –, wobei die Kamera vom Armaturenbrett aus auf die drei Protagonisten gerichtet ist. Man blickt in übermüdete Gesichter, sieht den Arzt eine Zigarette nach der anderen rauchen und ist Zeuge, wie der Fahrer die löchrigen Buckelpisten der bulgarischen Hauptstadt möglichst sanft zu bewältigen versucht, um den Patienten im Fond nicht noch mehr Schmerzen zuzufügen. Die Kranken und Verletzten selbst bekommt man nie zu sehen. Lediglich aus dem Off hört man gelegentlich, wie Angehörige von tragischen Biografien, Armut und sozialer Vereinsamung erzählen.
Auch von den drei Protagonisten erfährt man nur, was sie sich während der Fahrten erzählen. Mal wünscht Mila ihrem Kind per Handy „Gute Nacht“, mal kündigt Krassi an, dass er seinen freien Tag mit Gartenarbeit verbringen will, und Plamen erzählt von einem Kollegen, der gekündigt hat, weil er etwas Besseres gefunden hat. Zwischendurch knarrt regelmäßig das altersschwache Funksprechgerät, mit dem das Trio – oft vergeblich – Kontakt zur Zentrale zu halten versucht. Hie und da, wenn die Ambulanz zu einer Adresse in einem Vorort gerufen wird und die drei Helden nächtens in einem Dorf herumirren, in dem es weder Straßennamen noch Hausnummern gibt, nimmt das Ganze auch absurde Züge an.
„Sofia’s Last Ambulance“ ist ein Dokumentarfilm, der nicht nur durch seine wunderbaren Protagonisten überzeugt, die trotz aller Widrigkeiten versuchen, ihren Job zu machen, so gut es geht. Nicht minder beeindruckt der Film durch seine klare und konsequent durchgehaltene Stilistik. Obwohl man von der Stadt nichts zu sehen bekommt, erfährt man in diesem Film mehr über Sofia und das Leben im postkommunistischen Bulgarien als in so mancher aufwändig bebilderter Reisereportage.
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