In einem Pariser Restaurant-Viertel gerät eine angehende junge Köchin, die aktuell noch in einem Schnellimbiss arbeitet, in einen Reigen komischer Figuren und seltsam-makabrer Begebenheiten. Die ins Surreale und Groteske verzerrte "kulinarische Komödie" wartet mit reizvollen, mitunter bizarren Einfällen auf, weiß diese aber nicht zu einer stimmigen Einheit zu verdichten.
- Ab 16.
Short Order - Das Leben ist ein Buffet
Komödie | Irland/Großbritannien/Deutschland 2005 | 100 Minuten
Regie: Anthony Byrne
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Filmdaten
- Originaltitel
- SHORT ORDER
- Produktionsland
- Irland/Großbritannien/Deutschland
- Produktionsjahr
- 2005
- Produktionsfirma
- Igloo Films/Ipso Facto Films/Peter Stockhaus Filmprod.
- Regie
- Anthony Byrne
- Buch
- Anthony Byrne
- Kamera
- Brendan Maguire
- Musik
- Niall Byrne
- Schnitt
- J. Patrick Duffner
- Darsteller
- Emma de Caunes (Fiona) · Cosma Shiva Hagen (Catherine) · Tatiana Ouliankina (Stefani) · Rade Serbedzija (Paulo) · Jack Dee (Harry)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- 25.10.2012
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Diskussion
Als „Short Order“, das Spielfilmdebüt des irischen Regisseurs Anthony Byrne, vor sieben Jahre seine Premiere hatte, fand es hierzulande keinen Vertrieb. Niemand habe den Film damals sehen wollen, erläutert der Verleih, der die dramatische Komödie jetzt als eine „Wiederentdeckung“ anpreist und erstmals in die deutschen Kinos bringt. Hat man sich die kulinarische Groteske um eine geheimnisvolle Nacht in einem abgelegenen Pariser Restaurantviertel erst einmal zu Gemüte geführt, kann man beides verstehen: dass den Film eigentlich niemand sehen möchte, und dass man ihn aber trotzdem zeigen will.
Für den Film spricht die namhafte Besetzung. Immerhin treten Vanessa Redgrave und John Hurt in gar nicht mal so kleinen Nebenrollen auf. Auch Rade Serbedzija, einer der Hauptdarsteller des Ensemble-Films, ist kein Unbekannter (kürzlich war er in „96 Hours – Taken 2“, fd 41 314 zu sehen). Cosma Shiva Hagen sorgt nebenbei für die deutsche Note. Im Zentrum steht Emma de Caunes, die 1998 einen „César“ als hoffnungsvollste Nachwuchsdarstellerin (für „Un frère“) erhielt und in „Short Order“ die hoffnungsvolle Nachwuchsköchin Fiffi mimt, die ihr Talent in einem Schnellimbiss vergeudet. Der Cast hält dabei durchaus, was er verspricht (auch wenn Cosma Shiva Hagen eher mittelmäßig agiert); ein anderer Aspekt, der den Film reizvoll macht, sind die kuriosen Drehbucheinfälle und bisweilen absurden Szenen, die, unterstützt von exzessiven und expressiven Kamerawinkeln, eine surreale Atmosphäre erzeugen. Mitunter ist die Grenze zur Peinlichkeit dabei nur hauchdünn: Ein Pizza-Bäcker, schwitzend und schmierig, erinnert sich in die Kamera, wie ihm sein Vater das Teig-Kneten beibrachte. Dabei rollt er mit den Augen und schwadroniert von weiblichen Genitalien, die sich genauso anfühlten, was er zwar damals als kleiner Junge noch gar nicht wissen konnte. Aber jetzt, oho! Statt der erhofften Lacher erntet er am Ende seiner triefenden Rede nur eisiges Schweigen. In einer anderen Szene rührt ein Koch im Hintergrund Eier in eine Schüssel. Die Kamera zeigt ihn von hinten in zweideutiger Pose: den wild pumpenden Arm, die schmatzenden Geräusche. Dazu sinniert ein Kollege im Vordergrund über die Verwandtschaft zwischen Eiern und Sperma. Es sind jedoch keineswegs nur solche pubertären Gags, die den eher abseitigen Humor des Films ausmachen. Da gibt es auch noch den Meisterkoch Paolo, der ein köstliches Osso Bucco zaubert, in dem menschliche Finger ein wesentlicher Bestandteil sind. Außerdem plant er, sich eines Tages selbst als Speise zuzubereiten; mit Rotwein übergossen und garniert mit einem Apfel im Mund. Da tauchen seltsame Fremde plötzlich wie aus dem Nichts auf, verbreiten Weisheiten, verteilen Ratschläge und verschwinden wieder. Und das Ganze beginnt und endet wie ein Musical. Am Anfang tanzt Fiffi zu einer Swing-Version von Jimmie Davis’ „You Are My Sunshine“ im kurzen Rock und strömenden Regen über den Platz. Der Kulissencharakter des Quartiers ist dabei Programm: die Welt als Showbühne.
Die Zutaten also sind gerichtet für eine magische Kinonacht, in der gleichsam Emir Kusturica, Gene Kelly, Lasse Hallström und Rob Marshall gemeinsame Sache machen. Bloß, und dabei wären wir bei den Gründen, die erklären, warum „Short Order“ 2005 kaum einer sehen wollte und sich daran wohl auch 2012 wenig ändern wird: Zu viele Köche verderben eben manchmal nicht nur den Brei, sondern auch den Film; selbst wenn es sich bei ihnen nur um virtuelle Vorbilder handelt. In „Short Order“ jedenfalls verbinden sich die ausdrucksstarken Stile und skurrilen Szenen zu keiner stimmigen Einheit. Obwohl man als Zuschauer ahnt, was für eine köstliche, makaber-bizarre Komödie das hätte werden können, wirkt der Film letztlich zerfahren, unentschlossen, unfertig. Auch die naiv-oberflächlichen Gespräche über das Leben, die Liebe und den Mut etwas zu wagen, den Fiffi am Ende natürlich aufbringt, helfen ihm da nicht aus der Bredouille.
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