Mehrere junge Frauen und Männer, Freunde aus einer Berliner Studenten-Wohngemeinschaft, schlingern auf ihrer Suche nach passenden Lebens- und Liebesentwürfen durch unterschiedliche Turbulenzen. Eine optimistische, ausgesprochen unterhaltsame Cliquen-Komödie mit vorzüglichen Darstellerinnen und Darstellern, flüssigem Erzählrhythmus und klar konturierten Charakteren. Mit einer guten Portion Selbstironie, aber auch spürbarem Mitgefühl für die Schwächen der Figuren vermitteln sich atmosphärisch intensiv Lebensgefühl und Orientierungsbewegungen junger Menschen.
- Sehenswert ab 14.
3 Zimmer/Küche/Bad
Komödie | Deutschland 2012 | 115 (24 B./sec.)/111 (25 B./sec.) Minuten
Regie: Dietrich Brüggemann
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2012
- Produktionsfirma
- teamWorX/ARTE/BR/HR
- Regie
- Dietrich Brüggemann
- Buch
- Dietrich Brüggemann · Anna Brüggemann
- Kamera
- Alexander Sass
- Schnitt
- Vincent Assmann
- Darsteller
- Jacob Matschenz (Philipp) · Katharina Spiering (Wiebke) · Anna Brüggemann (Dina) · Alexander Khuon (Michael) · Robert Gwisdek (Thomas)
- Länge
- 115 (24 B.
sec.)
111 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 04.10.2012
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Treppen steigen, Kisten schleppen, Mietwagen beladen: Profane Alltagshandlungen wie diese kommen in Dietrich Brüggemanns Film häufig vor. Glaubt man den vielen, mit guter Laune absolvierten Aufbrüchen, muss man annehmen, dass das heutige Studentenleben vor allem aus Umzügen und notorischem Partnertausch besteht. War da nicht etwas mit Bologna-Prozess, Präsenzpflicht und nicht abreißenden Prüfungen? Das Personal von Brüggemanns WG-Reigen zieht es jedenfalls vor, im Rhythmus der vier Jahreszeiten den Lebensplan umzuschmeißen und sämtliche Optionen dem Praxistest zu unterziehen. Die seit der berüchtigten „Generation Golf“ medial unendlich diskutierte Lust an der Unentschiedenheit produziert natürlich kurzweilige Komplikationen und jede Menge Schlagabtausch zwischen den Geschlechtern. Dass man trotz des ersten Verdachts einer nur mäßig originellen Beziehungskomödie ins Geschehen hineingesogen wird, liegt an der vorbildlich getakteten Regie und den klar konturierten Charakteren: Bereits nach einer halben Stunde glaubt man sich in der deutschen Version jener wunderbaren Cliquen-Filme französischer Provenienz zu befinden, von Claude Sautets „Vincent, François, Paul und die anderen“ (fd 19 257) bis zu Guillaume Canets „Kleine wahre Lügen“ (fd 40 539).
Ein Haufen Berliner Freunde teilt die amourösen Höhen und Tiefen miteinander, schmiedet Solo-Entwürfe und landet doch immer wieder in der Nestwärme der eingespielten Gruppenrollen. Das verwundert nicht weiter, gerät der parallel geschnittene Weihnachtsbesuch bei den Eltern in Stuttgart oder Hannover doch kollektiv zum Desaster aus Streitritualen, Vorwürfen und desillusionierenden Wahrheiten. Seltsam nur – oder fast wieder allzu menschlich – , dass der Abgesang auf die Kleinfamilie keinen der Freunde davor schützt, längerfristig doch Halt in dem gleichen Paarlauf aus Mutter, Vater und Kind zu suchen. Besonders hart trifft es die drei Geschwister, die Heiligabend von der Trennung ihrer Eltern erfahren. Dass diese schon länger zurückliegt und nur aus Rücksicht auf die Kinder verschwiegen wurde, stellt die eigene Biografie bedrohlich auf den Kopf. Die vielen Jahre der Verstellung lassen die betont tolerant auftretenden Eltern plötzlich als Gescheiterte da stehen.
Dass die Mutter in Gestalt von Corinna Harfouch gleich ihr ganzes Leben in Frage stellt und ausgerechnet beim Sohn Bestätigung für den Fehler des falschen Partners sucht, gehört zu den behutsam eingestreuten klugen Beobachtungen einer tief verunsicherten Gesellschaft, die sich unter dem Diktat der Selbstverwirklichung selbst im Privaten einem fatalen Erfolgsdruck aussetzt. Weswegen Ausgeglichenheit auch nicht gerade zu den Stärken der mehr als glaubwürdig besetzten Figuren zählt. Schwankend und voller Zweifel stolpern sie über die eigenen überzogenen Ansprüche an die Liebe, die immer dort aufzuleuchten scheint, wo sie gerade nicht sind. Brüggemann fängt die kleinen inneren Dramen mit einer großen Portion Selbstironie und Mitgefühl für die Schwächen der anderen ein, bis zu gänzlich unwahrscheinlichen Handlungssträngen, wenn sich zwei der gerade mal liierten WG-Helden auf dem Weg zu einer Almhütte zufällig über den Weg laufen, um ihren leiblichen Vater zu treffen. Der hatte die jeweiligen Mütter mit der Erziehung allein gelassen, durchaus in dem Glauben, sie hätten es als emanzipierte Walküren so gewollt. Zwischendurch gelingen Momente atmosphärischer Intensität, unterlegt mit introvertierter Musik, bildstark inszeniert als clipartiges Stimmungsbild. Ein erstaunlich optimistisches Feel-Good-Movie mit einer ebenso schlichten wie entwaffnenden Botschaft: Lacht kaputt, was euch kaputt macht.
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