Moonrise Kingdom

Komödie | USA 2012 | 98 (24 B./sec.)/94 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Wes Anderson

Auf einer kleinen Insel vor der Küste Neuenglands flüchtet 1965 ein zwölfjähriger Pfadfinder aus seinem Camp; zugleich reißt seine gleichaltrige Freundin von zu Hause aus. Während die beiden in einer Bucht gemeinsame Stunden der Freiheit erleben, machen sich die Erwachsenen auf die Suche nach ihnen. Eine detailfreudig ausgestattete, mit genau abgestimmten Farbkompositionen punktende Mischung aus Drama, Komödie, Kinderfilm und Liebesgeschichte. Sie versammelt ein skurriles Personal, um von der Unbeschwertheit der Kindheit, aber auch von dysfunktionalen Familien zu erzählen, wobei Anspielungen auf die amerikanische Kulturgeschichte, lakonische Dialoge und witzige Beobachtungen den Film zum reinen Vergnügen machen. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
MOONRISE KINGDOM
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
American Empirical/Moonrise/Scott Rudin Prod.
Regie
Wes Anderson
Buch
Wes Anderson · Roman Coppola
Kamera
Robert D. Yeoman
Musik
Alexandre Desplat
Schnitt
Andrew Weisblum
Darsteller
Bruce Willis (Captain Sharp) · Edward Norton (Scout Master Ward) · Bill Murray (Mr. Bishop) · Frances McDormand (Mrs. Bishop) · Tilda Swinton (Jugendamt)
Länge
98 (24 B.
sec.)
94 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
24.05.2012
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Komödie | Drama | Liebesfilm | Kinderfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die Extras umfassen etliche Featurettes, die unterschiedliche Themen allenfalls anreißen, wobei die umfangreichste noch das Interview mit Darsteller Bill Murray (12 Min.) ist.

Verleih DVD
Tobis/Universal (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Tobis/Universal (16:9, 1.85:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
Eine kleine Insel vor der Küste Neuenglands, wir schreiben das Jahr 1965. Als Scout Master Ward an diesem Morgen im Pfadfinder-Sommerlager der Khaki Scouts zum Frühstück bläst, ist einer seiner Schützlinge spurlos verschwunden: Sam Shakusky. Fahnenflucht und ein Fall für den Dorfpolizisten Sharp! Gleichzeitig verschwindet auf der anderen Seite der Insel Suzy, Tochter des neurotischen Ehepaars Bishop. Dummerweise hat Sharp mit Mrs. Bishop eine Affäre, und Mr. Bishop scheint etwas zu ahnen. In der Zwischenzeit hat der Zuschauer Sam kennen gelernt. Mit Biberfellmütze, Nerd-Brille und geschultertem Luftgewehr sieht er ein wenig aus wie eine Miniaturausgabe von Lederstrumpf. Suzy könnte hingegen mit kurzem, pinkfarbenem Kleid, zurückgesteckten Haaren, betontem Lidstrich und tragbarem Plattenspieler in der Hand ein Girl aus Londons Carnaby Street sein. Beide sind zwölf Jahre alt, und es war Liebe auf den ersten Blick, wie nun eine Rückblende von einer Kirchenaufführung enthüllt. Ein Jahr ist das her, und seitdem haben sie sich regelmäßig lakonische Briefe geschrieben und ihre Flucht gemeinsam geplant. Die Pfadfinder rücken zu einer großangelegten Suchtaktion aus, doch als Sam und Suzy sie mit Gewehr und Schere in die Flucht schlagen, kündigt sich eine zickige Dame an, die sich selbst nur „das Jugendamt“ nennt. Sam und Suzy ahnen ein wenig, dass ihnen nicht mehr viel Zeit in Freiheit bleibt, und so schlagen sie in einer Bucht ihr Zelt auf, baden, malen, tanzen, dann ein erster, noch zaghafter Kuss. „Moonrise Kingdom“ steht später in großen Lettern, mit Steinen markiert, auf dem Strand. Wes Anderson hat auf der kleinen Insel wieder ein ganz eigenes, skurriles und exzentrisches Universum geschaffen, so wie es nur Wes Anderson vermag. Wieder hat er jedem Ausstattungsdetail besondere Aufmerksamkeit geschenkt, jeder Farbton ist mit Bedacht gewählt. Immer wieder gleitet die Kamera von Robert Yeoman, der zum sechsten Mal mit Anderson zusammenarbeitete, fast schon majestätisch an goldgelb getränkten Wiesen entlang, Accessoires, vom gelben Koffer über den blauen Plattenspieler bis zur roten Mütze, heben sich mit ihren kräftigen Farben stets von der unmittelbaren Umgebung ab und geben ihren Besitzern so etwas wie Sicherheit. Wenn später ein Unwetter mit Platzregen und Wirbelwind aufzieht, hüllt sich die Insel in ein dunkles Grau-Blau, aus dem es kein Entrinnen gibt. Selbstredend ist es ein reinigendes Gewitter, das meint Anderson durchaus metaphorisch, aber nicht pathetisch. Dafür liegen ihm seine Außenseiter, die ihre erste Liebe erleben, viel zu sehr am Herzen. Wie bereits schon Andersons „The Royal Tenenbaums“ (fd 35 300) und „Darjeeling Limited“ (fd 38 525) handelt auch dieser Film von dysfunktionalen Familien. So haben sich die Bishops längst voneinander entfremdet, während Suzy keinen Draht zu ihren drei jüngeren Brüdern hat; Sams Pflegeeltern wollen den Jungen gar nicht zurückhaben. Dabei sind die Kinder erstaunlich erwachsen, sie stehen zu ihren Gefühlen und wehren sich wie Rebellen gegen Widerstände von außen, während sich die Erwachsenen immer kindischer benehmen. Ihr Macken und Obsessionen sind nichts weiter als Masken, hinter denen sie ihre Lebensangst verbergen. Wieder gelingt es Anderson, seinem bizarren Universum durch eine namhafte Schauspielerriege Leben zu verleihen: Edward Norton als verhuschter, steifer und überkorrekter Oberscout, Bruce Willis als viel zu netter Cop mit Resthaartolle und Brille, Tilda Swinton als strenges Jugendamt im hochgeschlossenen Politessenblau und mit Gouvernantenhaube, Harvey Keitel als herrischer Pfadfinder-Commander, Frances McDormand als neurotische Ehefrau und Geliebte, Bill Murray als gehörnter Ehemann, Bob Balaban als Erzähler, der den Zuschauer mit der Insel-Topografie vertraut macht, nicht zu vergessen die Debütanten Jared Gilman und Kara Hayward, die viel Ernst für Andersons unverwechselbare Handschrift aufbringen. Spaß machen stets auch kleine Angebote am Wegesrand, die man nicht unbedingt wahrnehmen muss, die den Film aber erst richtig abrunden, etwa das viel zu hoch aufgebaute Baumhaus der Pfadfinder. Oder Suzy, die ein Buch mit dem Titel „The Very Troubled Child“ mit sich führt, das noch einmal auf ihr Anderssein verweist. Einmal hören Suzys drei Brüder auf besagtem Plattenspieler Benjamin Brittens „The Young Person’s Guide to the Orchestra“ (wie überhaupt Alexandre Desplat in seinem exzellenten Score unterschiedliche Stile sowie U- und E-Musik miteinander vereint), während sie in einem Fantasy-Roman schmökert. Dann läuft am Strand Françoise Hardys „Le temps de l’amour“, Suzy und Sam tanzen ungelenk miteinander und wissen nicht so recht, was nun zu tun ist. Schöner kann eine Liebesgeschichte nicht beginnen.
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