Es beginnt wie eine skurrile Romanze: David liegt im feinen Anzug mit hochgekrempelten Ärmeln unter der Spüle einer jungen Frau und müht sich vergeblich mit dem kaputten Abfluss der schönen Blondine ab. Ein Klempner ist der Millionärssprössling nicht, und so klappt es zwar nicht mit der Reparatur, dafür aber mit dem Mädchen: David und Katie verlieben sich, werden ein Paar und heiraten, auch wenn Davids Vater nicht allzu angetan ist von dieser nicht standesgemäßen Liaison seines Ältesten. Es sind die 1970er-Jahre; vor dem Sprössling eines mächtigen New Yorker Immobilienbesitzers und dem attraktiven „All American Girl“ scheint sich eine sonnige Zukunft auszudehnen: Beide ziehen, ganz im Hippie-Geist, aus der Einflusssphäre von Davids Clan aus New York fort und eröffnen in Vermont einen kleinen Laden für Biolebensmittel; sie scheinen ein Herz und eine Seele zu sein. Bis Davids Vater in dem Laden auftaucht und mit einigen wenigen suggestiven Worten den Ausbruchsversuch seines Sohns zunichtemacht: David zieht mit seiner jungen Frau in die Großstadt zurück und steigt ins Familiengeschäft ein – wobei es ihm obliegt, sich als Geldeintreiber in den zwielichtigen Etablissements rund um den Times Square zu betätigen, deren Gebäude seiner Familie gehören. Ab dann schlägt die Romanze allmählich in ein Ehedrama und schließlich in einen Krimi um: Katies Kinderwunsch, den David nicht teilt, treibt einen ersten Keil zwischen die Liebenden; David nötigt Katie zu einer Abtreibung; sie beginnt, sich innerlich von ihm zu entfernen und auf ein Medizinstudium hinzuarbeiten. Irgendwann weiß sie nicht mehr, wer der verschlossene, unberechenbare Mann an ihrer Seite ist – und gleitet in eine Angstsituation von hitchcockscher Perfidität ab. Bis die junge Frau spurlos von der Bildfläche verschwindet. Mord? Jahre später steht David wegen des Verschwindens seiner Frau vor Gericht. Und muss sich gegen den Vorwurf weiterer Morde verteidigen.
Das Regiedebüt von Andrew Jarecki, das auf einem realen Skandal um eine verschwundene Millionärsehefrau beruht, deutet seinen Fall als Geschichte latenter Gewaltstrukturen in der amerikanischen Gesellschaft, in denen sich die anfängliche Aufbruchstimmung der 1970er-Jahre im wahren Wortsinn totläuft: Der Traum vom Überwinden sozialer Schranken, vom Sieg der Liebe über das Geld, vom Verschwinden patriarchaler Dominanz verpufft, ohne dass man genau angeben könnte, was dem Traum die Flügel stutzt: Der Druck des Vaters? Die Feigheit der Jungen? Die Parameter der meisten Krimis werden dabei umgedreht: Während es sonst darum geht, ein Verbrechen aufzuklären und psychologische Motivationen zu erkunden, werden der Protagonist und das, was mit ihm und durch ihn geschieht, im Lauf des Films immer rätselhafter und fremder. Da die Rahmenhandlung, die den gealterten David 20 Jahre nach dem Verschwinden seiner Frau vor Gericht zeigt, früh andeutet, wie sich Davids Geschichte entwickelt, gilt die Spannung weniger der Frage nach dem, was geschieht, als vielmehr dem „Wie“. Dank seiner bravourösen Hauptdarsteller Ryan Gosling und Kirsten Dunst entfalten die Szenen einer scheiternden Ehe eine schmerzhafte Intensität. Kirsten Dunsts luzides Spiel, das mit kleinen Gesten und Blicken die Innenwelt ihrer Figur eindrücklich vor Augen führt, prallt auf Goslings zunehmend zur Maske versteinernde Mimik, die aus der Figur immer mehr einen „Mann ohne Eigenschaften“ macht.
Auch in den USA schaffte es dieses bestechende Drama trotz seiner illustren Besetzung nicht auf die Kinoleinwände, entwickelte sich als „Video on Demand“ aber zum Renner – ein tröstliches Signal, dass Qualität jenseits des Blockbuster-Mainstreams nicht in jedem Fall sang- und klanglos untergeht, sondern auch ohne einen mächtigen Marketing-Apparat ein Publikum finden kann. Warum sich der deutscher Anbieter genötigt sah, den Originaltitel „All Good Things“ durch „All Beauty Must Die“ zu ersetzen, bleibt ebenso rätselhaft wie die Hauptfigur.