Die Gräser der kargen Heide, Steine, Regentropfen, Wind: Sie spielen in Andrea Arnolds sinnlicher Neuinterpretation des Romanklassikers von Emily Brontë eine ebenso wichtige Rolle wie die menschlichen Protagonisten. Die Kameraarbeit von Robbie Ryan und eine Tongestaltung, die Musik spärlich verwendet und auf die Naturgeräusche setzt, lassen einen das Yorkshire des 19. Jahrhunderts, in dem der Film spielt, hautnah erfühlen – die suggestive Sprache des Romans findet eine unabhängige und gerade darum umso passendere filmische Umsetzung. Dialoge braucht es nicht viele: Die Landschaft, die Dinge, die Gesichter, die Berührungen transportieren das Wesentliche. Die Geschichte um die junge Catherine, die eine tiefe Bindung zu dem wilden und von den anderen verachteten Ziehsohn ihrer Familie, dem Waisen Heathcliff, entwickelt, wird vor allem aus dessen Perspektive geschildert: Es ist sein zärtlicher Blick auf Catherine, sein hasserfüllter, bitterer Blick von außen auf eine rigide Gesellschaft, die ihn zum Außenseiter macht, sein unverwandter Blick auf die wilde Landschaft, dem sich die Kamera immer wieder annähert.
Dabei setzt Andrea Arnold einen besonderen Akzent, indem sie Heathcliff – in früheren Adaptionen von weißen Stars wie Laurence Olivier oder Tom Hardy verkörpert – mit einem farbigen Darsteller besetzt hat: Die Ablehnung, die er erfährt, bekommt somit einen dezidiert rassistischen Ton. Eingefleischte Fans des Romans mag es irritieren, dass die weibliche Hauptfigur Catherine hier so sehr ins Hintertreffen gerät. Trotzdem überzeugt Regisseurin Andrea Arnold erneut mit den Qualitäten, die ihr Coming-of-Age-Drama „Fish Tank“ auszeichneten: Sie findet für den Kampf ihres starken und verletzlichen, wütenden jungen Protagonisten gegen seine gesellschaftliche Chancenlosigkeit eine bei allem rauen Realismus poetisch- kraftvolle Filmsprache.