72 Stunden - The Next Three Days

Thriller | USA 2010 | 133 Minuten

Regie: Paul Haggis

Ein Literaturdozent an einem College will seine zu lebenslanger Haft verurteilte Ehefrau, an deren Unschuld er fest glaubt, aus dem Gefängnis befreien. Als bislang unbescholtener Bürger erweist sich das Wandeln auf kriminellen Ausbrecher-Pfaden als schwierige Aufgabe. Remake eines französischen Thrillers, das den Schwerpunkt auf den moralischen Konflikt der Hauptfigur legt. Die nicht gerade glaubwürdige Geschichte nimmt sich mitunter entschieden zu ernst, versteht es aber, mit vielen Winkelzügen und einem scharfen Auge für Details die Vorgänge spannend und interessant zu halten. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE NEXT THREE DAYS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Fidélité Films/Hwy61/Lionsgate
Regie
Paul Haggis
Buch
Paul Haggis
Kamera
Stéphane Fontaine
Musik
Danny Elfman · Alberto Iglesias
Schnitt
Jo Francis
Darsteller
Russell Crowe (John Brennan) · Elizabeth Banks (Lara Brennan) · Brian Dennehy (George Brennan) · Lennie James (Lieutenant Nabulsi) · Olivia Wilde (Nicole)
Länge
133 Minuten
Kinostart
20.01.2011
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Thriller
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs, des Produzenten Michael Nozik und der Cutterin Jo Francis sowie ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen (21 Min.). Die FSK-Freigabe "ab 16" von DVD & BD beziehen sich auf das Bonusmaterial (Trailer etc.), der Film selbst hat eine Freigabe "ab 12".

Verleih DVD
Kinowelt (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Kinowelt (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
Den Abend vor ihrer Verhaftung verbringt Lara Brennan mit ihrem Ehemann, dessen Bruder und ihrer recht aufreizend gekleideten Schwägerin in einem Restaurant. Ein Wort gibt das andere, und schon würde Lara ihrer eingebildeten oder tatsächlichen Rivalin am liebsten an die Gurgel gehen. Stattdessen sprengt sie die familiäre Runde mit funkelnden Augen, was ebenso gut auf eine leidenschaftliche Ehe wie auf überschüssige Aggressionen hinweisen könnte. Als die Polizei am nächsten Morgen mit Karacho durch die Tür kommt, geht es gleichwohl um etwas anderes: Laras Chefin wurde am Tag zuvor ermordet, und alle Spuren führen zu ihr. Sie hatte sich mit dem Opfer gestritten, ein Zeuge hat gesehen, wie sie den Tatort verließ, und das Blut an ihrem Mantel stimmt mit dem der Toten überein. Für die Anklage ist es ein klarer Fall, zumal der Junkie, mit dem Lara am Tatort zusammengestoßen sein will, ein Phantom bleibt. Drei Jahre kämpft Laras Familie verzweifelt um ihre Freiheit. Dann steht das Urteil „lebenslänglich“ fest, die Akte wird ein für alle Mal geschlossen. Paul Haggis lässt diese drei Jahre zwischen Hoffen und Bangen auf 15 Minuten zusammenschnurren. Sie bilden lediglich das Vorspiel eines Thrillers, in dem ein von Russell Crowe gespielter Allerweltsmensch seine Ehefrau im Alleingang aus dem Gefängnis befreien und mit ihr sowie ihrem gemeinsamen Sohn ein neues Leben in Südamerika anfangen will. Selbst für einen erfahrenen Gauner wäre das eine Herausforderung. John Brennan, Literaturdozent an einem Junior-College, plant hingegen nichts weniger als das perfekte Verbrechen. Die ersten Schritte ebnen ihm die Memoiren eines Ausbrecherkönigs, knifflige Details wie das Herstellen eines Nachschlüssels zählen dank „YouTube“ nicht mehr zum Geheimwissen der Unterwelt. Doch auch in dieser Profession gilt: Aller Anfang ist schwer. Brennan holt sich eine blutige Nase, als er gefälschte Ausweise kaufen will, und dann ist da immer noch die moralisch heikle Frage, woher das Startkapital für den Neuanfang kommen soll. Der verzweifelte Ehemann steht schon mit der Waffe vor der Bank, überlegt es sich aber im letzten Moment anders und fährt beim Ausparken beinahe ein Kind mit seiner Mutter an. Brennans moralische Zwickmühle ist die wesentliche Attraktion dieses ansonsten ziemlich albernen, auf Stromlinienform getrimmten Films: Was ist erlaubt, um eine angenommene Ungerechtigkeit zu korrigieren? Wie weit darf die eheliche Loyalität gehen? Schließlich bricht der brave Familienvater nicht nur das Gesetz, er setzt auch seine Existenz und die Zukunft seines ohnehin schon traumatisierten Jungen aufs Spiel. Zu all dem ist er nur fähig, weil er wie ein guter Anwalt keinen Zweifel an der Unschuld seines Mandanten duldet. Doch wie belastbar und vor allem wie verlässlich ist dieser Glaube? Haggis streut immer wieder Hinweise ein, die Lara zumindest in die Nähe des ihr zur Last gelegten Verbrechens rücken. Mit einer für die Situation maßgeschneiderten allein erziehenden Mutter bietet er dem Helden einen halbwegs noblen Ausweg aus seinem Ehe-Dilemma an. Erstaunlicherweise bleibt beides beim Ehemann aber ohne jede Resonanz. Offenbar sollen die Prüfungen seine Entschlossenheit auch gar nicht anfechten, sondern lediglich eine Weile über die Schuldfrage im Ungewissen lassen. Am Ende mag Haggis dem Publikum nicht einmal einen begründeten Zweifel zumuten. Im Grunde ist „72 Stunden“, das Remake des französischen Genrefilms „Ohne Schuld (fd 39 930), grober Unfug mit einer schmückenden Schleife drum herum. Haggis bläst die B-Movie-Handlung mit halbgaren Anspielungen auf Don Quichotte auf ein genialisches Räuber-und-Gendarm-Spiel auf, nimmt es mit einfachen Thriller-Regeln aber nicht so genau. Nach jedem Tiefschlag, den Brennan auf dem Pfad durch die Unterwelt erleidet, hilft ihm ein idiotischer Zufall wieder auf die Beine, und als es Spitz auf Knopf steht, greift auch noch eine Superbullen-Kreuzung aus Shaft und Monk in die Ausbruchhandlung ein. Etwas plump ist die Masche, Brennans einzige schmutzige Tat damit zu entschuldigen, dass es die „Richtigen“ trifft. Die schmückende Schleife setzt sich aus einigen ansprechend inszenierten Actionsequenzen und Brennans angemessen holpriger früher Lernphase zusammen. Am Anfang bringt Liam Neesons Gastauftritt als abgedankter Ausbrecherkönig sogar etwas Humor in den Film. Ansonsten meint Paul Haggis seine als Thriller maskierte moralische Abhandlung offenbar bierernst.
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