Dokumentation über drei so genannte Gated Communities, bewachte Wohnanlagen, in die sich wohlhabende Bürger angesichts eines maroden sozialen Umfelds zurückgezogen haben. Der Film stellt Einwohner solcher Anlagen im indischen Bangalore, im südafrikanischen Johannesburg und in den USA vor, ohne ihr Bedürfnis nach Sicherheit lächerlich zu machen; ihre Lebensumstände werden vielmehr zur Metapher für ein gescheitertes Sozialwesen. Dennoch entbehrt das interessante Porträt nicht realsatirischer Züge.
- Ab 14.
Auf der sicheren Seite
Dokumentarfilm | Deutschland 2010 | 80 Minuten
Regie: Corinna Wichmann
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2010
- Produktionsfirma
- TAG/TRAUM Filmprod../ZDF-ARTE
- Regie
- Corinna Wichmann · Lukas Schmid
- Buch
- Corinna Wichmann
- Kamera
- Lukas Schmid
- Musik
- Mario Mammone
- Schnitt
- Gesa Marten · Rune Schweitzer
- Länge
- 80 Minuten
- Kinostart
- 29.04.2010
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Sie leben hinter meterhohen Gitterzäunen und lassen sich von unzähligen Videokameras überwachen. Mit enervierenden Sicherheitskontrollen haben sie sich arrangiert und klaglos akzeptieren sie unzählige Vorschriften, die ihren Alltag reglementieren. Doch wenn man die Bewohner fragen würde, warum sie freiwillig unter solch unwürdigen Bedingungen leben, bekäme man vermutlich zur Antwort: der Freiheit wegen. Der Dokumentarfilm von Corinna Wichmann und Lukas Schmid porträtiert drei solcher bewachten Wohnanlagen, sogenannte Gated Communities, auf drei Kontinenten. In Südafrika, unweit von Johannesburg, ist es die Siedlung Dainfern, in der das Ende der Apartheid noch nicht angekommen zu sein scheint. Nahezu ausnahmslos Farbige kümmern sich um die gepflegten Vorgärten, arbeiten als Haushaltshilfen oder im Sicherheitsdienst, um den weißen Bewohnern ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Nach Feierabend verschwinden die meisten Angestellten wieder aus Dainfern. Nur die Richtung ihres Heimwegs hat sich in den letzten Jahren geändert. Begaben sie sich früher in ihre Townships außerhalb der Städte, ziehen heute viele jeden Abend in die City, in der es den Weißen zu unsicher geworden ist. Im indischen Bangalore ist es weniger die Sorge um ihre Sicherheit, die die Bewohner der Wohnanlage Palm Meadows umtreibt. Ihnen geht es vielmehr darum, dass ihnen der geschützte Mikrokosmos jenen Lebensstandard ermöglicht, den sie aus der westlichen Welt kennen, während die nahe Stadt in Chaos und Schmutz zu versinken droht. Und dann ist da noch Spanish Trail, unweit von Las Vegas im US-Bundesstaat Nevada. Was deren Bewohner bewogen hat, sich in die bewachte Anlage zu begeben, bleibt schleierhaft. Schließlich gilt die Vergnügungsmetropole weder als Hochburg des Verbrechens noch hat sie mit der maroden Infrastruktur einer Megacity der Dritten Welt zu kämpfen. Vermutlich haben es die Bürger von Spanish Trail einfach gerne ruhig und ordentlich. Mit Stacy Standley, einem rüstigen Rentner, lebt hier auch der tragische Held dieses Films. Der passionierte Bergsteiger hat sich aus Liebe zu seiner Frau auf dieses Leben im Reservat eingelassen und dreht nun täglich mit seinem betagten Hund unzählige Runden auf dem Areal. Die Stärke des Films besteht eindeutig darin, dass er seine Protagonisten – auch in den anderen Ressorts fungieren Bewohner als eine Art Fremdenführer – nicht vorführt oder sie als Mitglieder einer gut situierten Minderheit an den Pranger stellt. Wenn eine Frau in Dainfern erklärt, dass sie mehrere Familienmitglieder durch Raubmord verloren habe, werden diese Gated Communities zur sinnfälligen Metapher für ein gescheitertes Sozialwesen. Obwohl der Film wohltuend auf Schwarz-Weiß-Malerei verzichtet, kommen die realsatirischen Auswüchse, die diese Retortensiedlungen zu bieten haben, dennoch nicht zu kurz. Wenn in Spanish Trail die Sicherheitskräfte aufgeregt aus ihrem Auto springen, weil ein Garagentor offen steht oder Standley kilometerweit mit dem Auto fahren muss, um in die geliebte Natur zu gelangen, hat das Ganze etwas Tragikomisches. Was der Dokumentation neben ihrer gesellschaftspolitischen Relevanz auch beträchtlichen Unterhaltungswert beschert.
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