Waffenstillstand

Kriegsfilm | Deutschland/Schweiz/Marokko 2009 | 102 Minuten

Regie: Lancelot von Naso

Ein deutscher Arzt will eine Waffenruhe im kriegsgebeutelten Irak nutzen, um Hilfsgüter in die Stadt Falludscha zu transportieren. Begleitet von einem deutschen Fernsehteam, wird daraus ein gefährliches Abenteuer. Spannender Genrefilm ohne größere politische Ambitionen, der durch seine souveräne Inszenierung überzeugt. Der Kriegsfilm vertraut freilich zunehmend mehr den Action-Qualitäten seiner Geschichte als einer kritischen Auseinandersetzung mit der Krisenregion Irak oder der Rolle von Hilfsorganisationen und Medien. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
WAFFENSTILLSTAND
Produktionsland
Deutschland/Schweiz/Marokko
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
DRIFE Prod./DCM Mitte Prod./Erfttal Film/Goodstuff-Pic./Kasbah-Film Tanger/Creado Film/ZDF/ARTE
Regie
Lancelot von Naso
Buch
Kai-Uwe Hasenheit · Collin McMahon · Lancelot von Naso
Kamera
Felix Cramer
Musik
Oliver Thiede
Schnitt
Vincent Assmann
Darsteller
Matthias Habich (Alain) · Thekla Reuten (Kim) · Hannes Jaenicke (Ralf) · Max von Pufendorf (Oliver) · Husam Chadat (Husam)
Länge
102 Minuten
Kinostart
18.03.2010
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Kriegsfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
3L (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
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Diskussion
Der junge deutsche Film ist immer häufiger für eine Überraschung gut. Nicht nur vor der eigenen Haustür sieht der Nachwuchs endlich genauer hin, sogar das lange belächelte Genre des Politthrillers scheint wieder eine Reise an einen aktuellen Kriegsschauplatz wert. Da muss schon ein 1976 geborener Debütant mit einem Politik- und Jura-Studium im Gepäck und dem ebenso blumigen wie kriegerischen Namen Lancelot von Naso kommen, um der rückwärtsgewandten Nabelschau des neuen deutschen Historienkinos, von „Der Baader Meinhof Komplex“ bis zu „Jud Süß – Film ohne Gewissen“, einen Anschubtritt ins globale politische Geschehen der Gegenwart zu verpassen. Sein spannungsgeladener Film blickt aus der Perspektive einer Hilfsorganisation hinter die Schlagzeilen des Irak-Kriegs, der heute nur wahrgenommen wird, wenn sich ein Attentatskommando wieder mal vor einem US-Stützpunkt in die Luft sprengt oder die humanitäre Situation zu eskalieren droht. Von Naso geht den umgekehrten Weg und wählt als Rahmen einen 24-stündigen Waffenstillstand zwischen den amerikanischen Truppen und den irakischen Aufständischen. Im April 2004 ist der Krieg offiziell vorbei, der sunnitische Widerstand aber weiterhin aktiv. Die Mitarbeiterin einer Hilfsorganisation aus Bagdad und ein ebenso abgeklärter wie scharfsinniger Arzt nutzen die Waffenruhe, um medizinische Hilfsgüter in die belagerte Stadt Falludscha zu transportieren, wo verletzte Zivilisten auf Hilfe warten. Ein riskantes Unternehmen, wenn eine offizielle Erlaubnis fehlt und ein junges deutsches Fernsehteam hinter jeder Komplikation eine karrierefördernde Exklusiv-Story wittert. Dass die ungleiche Zweckgemeinschaft, unter ihnen prominente Namen wie Matthias Habich und Hannes Jaenicke, eingepfercht mit Blutkonserven und Verbandsmaterial in einem ungepanzerten Kleinbus reisen muss, lässt nicht nur die Emotionen überkochen – zumal die Initiatorin erst unterwegs die lauernden Gefahren hinter ihrem Engagement enthüllt. Auch wenn sich der in Marokko verfilmte, auf realen Begebenheiten basierende Thriller-Plot spätestens in der zweiten Hälfte als Visitenkarte für Großproduktionen entpuppt, indem er mehr Wert auf Action, Explosionen und sandverwehte Doku-Bilder legt als auf eine kritische Auseinandersetzung mit der Rolle von Medien und Hilfsorganisationen, bleibt das Staunen über so viel selbstbewussten und viel versprechenden Wettkampfgeist: Die amerikanische Genre-Konkurrenz muss sich von dem deutschen Regieanfänger nicht nur gefallen lassen, dass die US-Truppen nur in der Rolle von Statisten agieren dürfen, sondern droht auch ihre Deutungshoheit über die Situation vor Ort zu verlieren.
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