Drama | Großbritannien 2009 | 95 Minuten

Regie: Lone Scherfig

Eine Schülerin lässt sich auf eine Affäre mit einem wesentlich älteren Mann ein, der sie aus ihrem biederen Leben als behütete Tochter ins "Swinging London" der 1960er-Jahre mitnimmt. Die unterhaltsame Liebesgeschichte zwischen dem unerfahrenen Mädchen und seinem nur scheinbar ehrbaren Verehrer überzeugt mit pfiffigen Dialogen und guten Darstellern, auch wenn die in dem Stoff angelegte weibliche Emanzipationsgeschichte um die Entfaltungsmöglichkeiten junger Frauen in den 1960er-Jahren zu kurz kommt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
AN EDUCATION
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
2009
Produktionsfirma
Wildgaze Films/Finola Dwyer Prod.
Regie
Lone Scherfig
Buch
Nick Hornby
Kamera
John de Borman
Musik
Paul Englishby
Schnitt
Barney Pilling
Darsteller
Carey Mulligan (Jenny) · Peter Sarsgaard (David) · Olivia Williams (Miss Stubbs) · Alfred Molina (Jack) · Cara Seymour (Marjorie)
Länge
95 Minuten
Kinostart
18.02.2010
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Literaturverfilmung
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar der Regisseurin und der Darsteller Carey Mulligan und Peter Sarsgaard sowie ein Feature mit elf im Film nicht verwendeten Szenen (16 Min.).

Verleih DVD
Sony (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Sony (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
In der Schule hat es die 16-jährige Jenny entweder mit Galanen zu tun, die nur in Gedichten und Romanen existieren, oder mit gleichaltrigen Jungs, die in ihrer Gegenwart kaum einen vernünftigen Satz zustande bringen. Schon angesichts dieser lauen Konkurrenz fällt es dem etwa doppelt so alten David leicht, die hübsche Einser-Schülerin zu bezaubern und an ausgesuchten Abenden aus dem verschlafenen Vorort Twickenham in die pulsierende Mitte Londons zu entführen. Auch Jennys Eltern lassen sich vom charmanten David nur zu gerne um den kleinen Finger wickeln: Gegen ein klassisches Konzert oder eine Stippvisite bei C.S. Lewis in Oxford ist schließlich wenig zu sagen – und schon gar nichts gegen eine vorteilhafte Partie. Es gehört zu den erstaunlichsten Momenten in Lone Scherfigs amüsantem Vorgriff auf die Swinging Sixties, wenn Jennys Eltern alle Pläne für ihre Tochter leichthin über Bord werfen, und das erstrebte Oxford-Studium beim Klang von Heiratsglocken plötzlich nichts mehr zählt. Für Jennys Erziehung des Herzens ist diese Wendung vielleicht genauso wichtig wie die Einsicht, dass auch David nicht der ist, für den sie ihn gehalten hat. Anders als bei den Eltern gab es beim ausersehenen Bräutigam aber Anzeichen genug. So gilt der Ausflug nach Oxford nicht dem berühmten Literaturprofessor, sondern einem nüchternen Geschäftsinteresse: Gemeinsam mit einem befreundeten Kunsthändler lädt sich David bei Leuten ein, die gar nicht wissen, welche Schätze an ihren Wänden hängen. Man plaudert freundlich, lässt sich unter einem Vorwand herumführen, und am Ende trägt Davids Kompagnon ein Bild unter der Jacke zur Tür hinaus. Scherfig zeigt nicht, wie dieser Diebstahl vor sich geht; das braucht sie aber auch nicht: Schließlich hat man diese Erfolgsmasche schon in Jennys Elternhaus gesehen – mit der behüteten Tochter als Trophäe. „An Education“ basiert auf den Memoiren der britischen Journalistin Lynn Barber, die lange für das Herrenmagazin Penthouse schrieb und ein Buch mit dem Titel „How to Improve Your Man in Bed“ verfasste. Eine gewisse Ungezwungenheit in Sachen Sex zeichnet auch ihr minderjähriges Film-Ich aus: Jenny plant etwas umständlich, aber durchaus zielstrebig ihre Entjungferung und nimmt weder am „wilden“ Leben noch an der „ungehörigen“ Liebe zu einem erwachsenen Mann sichtbaren Schaden. Man schreibt ja auch das Jahr 1961, und streng genommen gibt es Sex, Drogen und Rock’n’Roll noch nicht, im Film wie im Leben. Doch die „Ausbildung“, die ihr David bietet, ist immerhin verlockend genug, dass Jenny dafür die moralinsaure Schule sausen lässt. Im Grunde geht es in „An Education“ um die Frage, welche Möglichkeiten jungen Frauen in den frühen 1960er-Jahren offen standen. Dazu lässt Scherfig eine Reihe nicht sonderlich ermutigender Rollenmodelle über die Leinwand defilieren: Mit Jennys altmodischer Mutter möchte man heute ebenso wenig tauschen wie mit der von Emma Thompson verkörperten sittenstrengen Schuldirektorin; Rosamund Pikes lebenslustiges It-Girl ist durchaus modern, aber für jemanden mit Jennys Intelligenz keine wirkliche Option; und selbst der von Olivia Williams dargestellten Englischlehrerin hat ihr Hochschulstudium nur einen Posten eingebracht, auf dem sie die meiste Zeit tauben Ohren predigt. Diese weibliche Emanzipationsgeschichte hätte spannend werden können, wenn der britische Erfolgsautor Nick Hornby sich wirklich für sie interessiert hätte. In seinem Drehbuch geht es aber vor allem darum, wie sich Jennys leicht melancholische Blütenträume vom französischen „savoir vivre“ und Davids Verführungskünste auf halbem Weg treffen. Damit sind er und Lone Scherfig sehr erfolgreich: die Dialoge sind durchweg pfiffig, die Sixties äußerst beschwingt, und die Paarung Carey Mulligan und Peter Sarsgaard wäre durchaus einige Darstellerpreise wert. Insofern wurde mit diesem Film zwar eine Chance verschenkt, aber auf sehr unterhaltsame Weise.
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