Dokumentarfilm über Rhinpoche Sherap Sangpo, das spirituelle Oberhaupt im Dolpo, einer Region im Norden Nepals, deren Bewohner bislang kaum von der Modernisierung des Landes profitiert haben. Er begleitet den künftigen "Tulku", der lange Zeit im Ausland lebte, auf einer 42-tägigen Reise durch die Welt des Hochgebirges bis zur Inthronisierung als neuem geistlichen Führer. Ein eindringliches Porträt der Lebenssituation im Dolpo, aber auch der charismatischen Persönlichkeit Sangpos, das durch die Solidarität und Würde der Menschen allem materiellen Elend zum Trotz tief beeindruckt.
- Ab 12 möglich.
Dolpo Tulku - Heimkehr in den Himalaya
Dokumentarfilm | Deutschland 2009 | 104 Minuten
Regie: Martin Hoffmann
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2009
- Produktionsfirma
- mc media production
- Regie
- Martin Hoffmann
- Buch
- Daniela Hartmann · Martin Hoffmann
- Kamera
- Thomas Henkel
- Musik
- Hans Christian Oelert
- Schnitt
- Axel Ludewig · John Toft
- Länge
- 104 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12 möglich.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Das „Dolpo“ ist eine verarmte Region im Norden Nepals an der Grenze zu Tibet. Dort gibt es keine Straßen und kaum eine Stromanbindung. Fast zeitlos wirkt die Landschaft, weil die großen zivilisatorischen Errungenschaften von der Plastiktüte bis zum iPod keine Spuren hinterlassen haben. Dennoch ist der Landstrich keine Idylle. Denn einfach ist das Leben auf dem Dach der Welt keineswegs. Das erfährt man in „Dolpo Tulku – Heimkehr in den Himalaya“, einem klassischen Reisefilm über die Begegnung eines vermeintlich wiedergeborenen spirituellen Führers mit seiner Heimat. Der Dokumentarfilm begleitet diese Reise, ohne sie zu kommentieren. Trotzdem sind Martin Hoffmann und sein Team präsent, wie man gelegentlich an den verstohlenen Blicken der Kinder und der übrigen Dorfbewohner an der Kamera vorbei merkt.
Nach einer Vielzahl von Dalai-Lama-Filmen zeigt dieser Dokumentarfilm einen anderen, nicht weniger sympathischen spirituellen Führer des Buddhismus: Rhinpoche Sherap Sangpo, den „Tulku“, das spirituelle Oberhaupt für das Dolpo. „Ich mag Computer, Badezimmer, Telefone. Ich mag gerne ein bisschen Komfort“, sagt er lächelnd und fast schüchtern. Mit elf Jahren hat er seine Heimat verlassen, jetzt ist er 28 Jahre alt und kehrt zurück. Der buddhistische Mönch macht sich auf in den Norden, seine eigentliche Heimat, für die er Seelsorger und Ratgeber werden soll. Hoffmann zeigt dies im Duktus eines Expeditionsfilm: Der Zug fährt auf die Kamera zu, dann an ihr vorbei, während sie zurückbleibt. Mit einer Maschine der „Yeti Airlines“ geht es ins 2.000 Meter hoch gelegene Dolpo. Zu Fuß erkundet Rhinpoche Sherap Sangpo dann seine Heimat, von Dorf zu Dorf und von Kloster zu Kloster, bis in eine Höhe von fast 6.000 Metern. Dabei wird viel von der Landschaft über den Ton vermittelt: das Rauschen der Hochgebirgsbäche, das Schreien der Ziegen, aber auch das Husten der Einwohner in den verräuchert-kalten Lehm- und Holzhütten. Man spürt die Kälte, den Regen und die Krankheit. Die graugrünen Farbtöne der Hochgebirgslandschaft mit den zerklüfteten Felsformationen und den schlammigen Wiesen kontrastieren immer wieder mit den kräftig-bunten Farben der Gläubigen, den roten Trachten der Mönche und dem Goldbrokat und tiefen Blau der Feste. Das Dolpo ist stark von der tibetischen Kultur geprägt, aber neben Englisch und Nepalesisch wird das Tibetische unterdrückt. In den mehr als 42 Reisetagen entdeckt der Film die Hoffnung, die Ohnmacht, aber auch die Gelassenheit seines Protagonisten. Der „Tulku“ fürchtet den Winter, nachdem er den Sommer gesehen hat, und würde in diesen Monaten am liebsten Tätigkeiten im Ausland nachgehen und im Sommer für die Verbesserung der Lebensbedingungen kämpfen – für medizinische Versorgung, für Wasserleitungen und Elektrizität. Er träumt von einer Modernisierung des Landes, von Krankenhäusern und Mähdreschern, sieht sich als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft.
Der Film lebt von der Ehrlichkeit seiner Hauptfigur, und dessen Selbstironie, mit der der „Tulku“ immer wieder die eigene Bedeutung herunterspielt, etwa wenn er mit einer Digitalkamera Fotos macht: „Auch als Reinkarnation erinnert man sich nicht so leicht.“ Auf sympathische Weise lässt er immer wieder seine Selbstzweifel sichtbar werden. Keinen Zweifel hat er an der geistigen und moralischen Kraft seiner Landsleute, inmitten einer bitterarmen, unterentwickelten Region, bei der auf sieben Geburten fünf oder sechs Totgeburten kommen. Durch die Tradition des Buddhismus, sagt er, würde das schlimmste Elend durch die Nächstenliebe aufgefangen, die Menschen seien füreinander da. Vielleicht ist es diese heitere Gelassenheit inmitten von Elend und Armut als Ausdruck menschlicher Würde, die Hoffmanns Film so beeindruckend macht – beeindruckender jedenfalls als manche Dokumentation über fernöstliche Spiritualität, die meist nicht mehr ist als Wellness für gestresste westliche Seelen.
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