Zwei Schwestern gründen ein Spezial-Reinigungsunternehmen, um wirtschaftlich endlich auf einen grünen Zweig zu kommen. Doch nicht nur eklige Räumlichkeiten wie die Tatorte blutiger Gewaltverbrechen stellen sie vor Herausforderungen, dies tun auch ihre eigenen, sehr unterschiedlichen Temperamente. Tragikomödie um eine Untere-Mittelklasse-Familie, die darum ringt, nicht weiter sozial abzusteigen. Mit einem hervorragenden Schauspieler-Ensemble gelingt eine ebenso unterhaltsame wie kluge Satire auf den "Amerikanischen Traum", die aus dem Glauben an zwischenmenschliche Solidarität einen grundlegenden Optimismus schöpft.
- Sehenswert ab 14.
Sunshine Cleaning
Tragikomödie | USA 2008 | 91 Minuten
Regie: Christine Jeffs
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Filmdaten
- Originaltitel
- SUNSHINE CLEANING
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2008
- Produktionsfirma
- Back Lot Pic./Big Beach Films/Clean Sweep Prod.
- Regie
- Christine Jeffs
- Buch
- Megan Holly
- Kamera
- John Toon
- Schnitt
- Heather Persons
- Darsteller
- Amy Adams (Rose Lorkowski) · Emily Blunt (Norah Lorkowski) · Alan Arkin (Joe Lorkowski) · Jason Spevack (Oscar Lorkowski) · Steve Zahn (Mac)
- Länge
- 91 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Tragikomödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Was im Kopf des Mannes vorgeht, der sich in der Exposition in einem Waffenladen Munition besorgt, um sich damit noch im Geschäft das Hirn aus dem Kopf zu schießen, bleibt ein Rätsel. Wahrscheinlich denkt er nicht an jene, die hinterher seine sterblichen Überreste von den Wänden und der Decke wischen. Um diesen unappetitlichen, grausam banalen Aspekt des Sterbens, den Krimis und Thriller in aller Regel ausblenden, geht es hier. Was für den einen ein tragisches Ende ist, wird für die Hauptfiguren zur Chance: Der Selbstmord im Waffenladen ist der Anstoß für die Unternehmensgründung von „Sunshine Cleaning“, mit der zwei Schwestern versuchen, finanziell endlich auf einen grünen Zweig zu kommen. Der etwas unpassende Name der Firma, die sich der morbiden Aufgabe widmet, Tatorte und andere, auf besonders eklige Weise verschmutzte Lokalitäten zu säubern, ist dabei nicht zynisch gemeint, sondern eher ein Zeichen jener wilden Entschlossenheit, sich nicht von den düster-schmerzhaften Seiten, den Rückschlägen des Lebens, unterkriegen zu lassen, die die Geschäftsführerin, eine junge Frau namens Rose, auszeichnet. Verkörpert von Amy Adams, deren herausragende schauspielerische Leistung direkt an den Independent-Erfolg „Junebug“ (fd 38 046) anknüpft, ist Rose das Herz des Unternehmens wie auch des Films. Durch ihr hellhäutiges, zartes Gesicht schimmert zu jeder Zeit die Tragödie durch, deren dunkle Nähe die feine Komik des Films umspült.
Zunächst arbeitet sie noch als Zimmermädchen in einem Hotel, um als „Single Mom“ ihren kleinen Sohn zu ernähren, wobei sie weder ihr Vater noch ihre jüngere Schwester Norah unterstützen können, die beide überfordert sind, ihre eigenes Leben in den Griff zu bekommen. Als der Junge, der an Exzentrik Tante und Großvater in nichts nachsteht, wieder einmal von der Schule fliegt und nun eine teure Privatschule besuchen soll, um eine anständige Ausbildung zu bekommen, kündigt Rose ihren Job und macht sich selbstständig. Von ihrem Lover, einem Polizisten, hatte sie den Tipp bekommen, dass sich mit der Tatortreinigung wesentlich mehr Geld verdienen lässt. Rose überredet deshalb kurz entschlossen Norah, mit ihr zusammen „Sunshine Cleaning“ zu gründen. So unbedarft die beiden dabei auch zunächst vorgehen, schaffen sie es doch, ihre eigene Hemmschwelle gegenüber postmortalen Überbleibseln sowie das Misstrauen der Kunden zu überwinden und werden allmählich immer professioneller. Allerdings sorgen die unterschiedlichen Charaktere der beiden Schwestern – Rose ist fleißig und zielstrebig, Norah eher ein versponnener Chaot – sowie unvorhergesehene Zwischenfälle dafür, dass der erhoffte Weg nach oben mit Stolpersteinen gepflastert ist.
Das „Sunshine“ im Titel erinnert an den letzten Film der Produzenten Peter Saraf und Marc Turtletaub, die Indie-Komödie „Little Miss Sunshine“ (fd 37 908). Tatsächlich gibt es stilistisch und inhaltlich viele Parallelen zwischen beiden Werken: Das Milieu, das beide Filme schwarzhumorig erkunden, ist das einer vom Schicksal nicht gerade verwöhnten unteren Mittelschicht, die verbissen darum kämpft, sozial nicht in die Untiefen des „White Trash“ abzurutschen. Wie der Titel in Aussicht stellt, in den sonnigen Teilen der USA angesiedelt, konterkariert das kalifornisch heitere Goldgräber-Wetter dabei die grimmigen existenziellen Problematiken, mit denen sich die Protagonisten herumschlagen müssen, und trägt zu jener optimistischen Grundstimmung bei, die bei allen melancholischen oder makabren Zwischentönen beide Filme prägt. Diese gründet allerdings nicht im Glauben an die Verheißungen des „American Dream“, der vielmehr ironisiert wird, sondern in einem Zutrauen in die menschliche Solidarität – so eigen und gegensätzlich die Figuren auch sind, so zärtlich werden sie doch gezeichnet, und alleine gelassen wird auch niemand. Beide Filme folgen dabei einer Dramaturgie, die die Charaktere zwar ein klar definiertes Ziel verfolgen lässt, ihnen aber gleichwohl viel Raum für Ab- und Seitenwege lässt und kuriose, mal lustige, mal zu Herzen gehende Begegnungen einflicht. Ähnlich wie „Little Miss Sunshine“ lebt „Sunshine Cleaning“ von der stimmigen Entwicklung seiner Figuren und fein austarierten Handlungssträngen genauso wie von zahlreichen goldenen Momenten und inszenatorischen Details, die lange in Erinnerung bleiben.
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