Kurz vor dem Abendessen erreicht die Astrobiologin Helen ein Anruf. Ein Tross dunkler Regierungswagen hält Sekunden später vor ihrem Haus und geleitet sie über den leer gefegten Highway. Auf einer Militärbasis bekommt die junge Wissenschaftlerin den Grund für diese Entführung geliefert: Ein unidentifiziertes Flugobjekt droht in Manhattan einzuschlagen; sie soll mit einer Schar anderer Wissenschaftler der amerikanischen Regierung Hilfe leisten. Das Objekt erweist sich als außerirdisches Raumschiff: eine gewaltige schimmernde Kugel, die im Central Park landet und von einem Großaufgebot an Militär und Polizei in Empfang genommen wird. Das Wesen, das sie beherbergt, nimmt erst nach und nach menschliche Form an, als es in den Laboren der Regierung an einer Schusswunde operiert wird, die ihm die Sicherheitskräfte beibrachten. Als schwach und verletzlich erweist sich allerdings bald darauf die Menschheit, die dem Außerirdischen Klaatu heillos unterlegen ist. Der lernt rasch die menschliche Sprache und sorgt sich um den Planeten, allerdings nur um diesen – die Menschen empfindet er als Störfaktor, die die Erde zerstören. Nach der Meinung des extraterrestrischen Öko-Aktivisten und der Allianz außerirdischer Zivilisationen, die er vertritt, soll die Gattung Homo sapiens deswegen komplett ausgelöscht werden. Die Waffe, die dafür nötig ist – ein riesiger Roboter –, hat Klaatu gleich mitgebracht.
Schon hier zeigt sich einer der wesentlichen Unterschiede des Remakes zu Robert Wise’ Original aus dem Jahr 1951 (fd 1799): Das Alien ist nicht einfach Ankläger, der eine Warnung bzw. ein Ultimatum auszusprechen hat, sondern zugleich auch Vollstrecker. Und auch der einzige, der die drohende Vernichtung stoppen kann. Dazu will ihn Helen bewegen, die Klaatu zunächst zur Flucht aus der Militärbasis verhilft und zusammen mit ihrem Pflegesohn Jacob zu seiner ständigen Begleiterin wird. Auch im neuen Film wird der Außerirdische mit christologischen Attributen versehen: Wie der „Stern über Bethlehem“ kündigt das Leuchten seines kugelförmigen Schiffs seine Ankunft am nächtlichen Himmel an (während sich die bösartigen Aliens in „Independence Day“, fd 32 118, als wolkenförmige Verfinsterung zeigten); auf Klaatus Erschießung folgt die „Auferstehung“; durch bloßes Handauflegen kann er Menschen vom Tod zurückholen. Allerdings werden auch apokalyptische Bildwelten bedient: Alsbald steigt eine Reihe weiterer Sphären-Kugeln aus diversen Landstrichen der Erde gen Himmel, die mit Tieren aller Arten gefüllt werden – „eine Arche“, schlussfolgert die amerikanische Verteidigungsministerin und erkennt darin die Ankündigung kommenden Unheils.
Die Vernichtung bricht dann nicht als Sintflut herein, sondern als (biblische) „Heuschreckenplage“. Der gewaltige Roboter verwandelt sich in eine Wolke metallischer Insekten, die alles in Windeseile aufzufressen drohen: Menschen, Maschinen und Architektur. Die Reaktion des Militärs ist kläglich: Der Kommandierende versucht sich anfangs an der Bombardierung der Raumschiff-Kugel und lässt selbst noch auf die „Heuschreckenplage“ mit Kanonen schießen. Der Weg zur Errettung der Menschheit liegt freilich in der Abwendung von Gewalt und in einem grundlegenden Wandel zu Friede und Vernunft.
Die pazifistische Botschaft des Originals wird also auch hier eingefordert – und zugleich ad absurdum geführt, da es sich das Remake nicht nehmen lässt, die angedrohte destruktive „Säuberungsaktion“ der Aliens bildgewaltig sogleich in die Tat umzusetzen. Ebenso umgeht der Film eine klare Darstellung irdischer Missstände. Zwar nimmt der Anfang mit den hysterischen, aber völlig unnützen Reaktionen der Behörden auf die unbekannte Bedrohung die aktuelle US-Sicherheitspolitik aufs Korn, wenn angesichts der Krise die Persönlichkeitsrechte (hier die von Helen und Klaatu) außer Kraft gesetzt werden; insgesamt aber bleibt die Kritik am Handeln der Menschheit unkonkret und verliert sich in wenigen Fernsehausschnitten; selbst Angela Merkel erblickt man kurz in der zusammenhanglosen Flut aus Nachrichtenbildern, die die chaotische Natur der Menschen bezeugen sollen, aber so willkürlich erscheinen, dass beispielsweise explizite Kriegsbilder völlig untergehen.
Die zahllosen Dialoge des Originals weichen einer fast schon unbefriedigende Wortkargheit: Wenn Jennifer Connelly als schöne Wissenschaftlerin, ihr Pflegesohn als Paradebeispiel für die Lern- und Wandlungsfähigkeit der Menschen und John Cleese als kluger Professor ansetzen, den in stoischer Ungerührtheit agierenden Keanu Reeves als Klaatu von seinen Destruktionsplänen abzubringen, gewährt ihnen die Inszenierung kaum Raum. Was bleibt, ist leidlich unterhaltsames Blockbuster-Kino, das allerdings mit Schauwerten geizt und seine interessanten Ansätze zur Aktualisierung eines Klassikers nicht konsequent zu Ende denkt.